Die Farm am Eukalyptushain
flüsterte Velda erbost. »Sie hat die Stimme eines Engels. Man brauchte nur den Applaus heute Abend zu hören und die Gesichter der Leute zu sehen, um zu wissen, dass sie eine strahlende Zukunft vor sich hat. Wir dürfen nicht einfach aufgeben.«
»Catriona ist elf, sie ist noch ein Kind«, antwortete er sanft. »Wer weiß, was aus ihrer Stimme wird, wenn sie heranwächst? Spekulationen können wir uns nicht leisten, und von den paar Pennys, die wir einnehmen, können wir nicht leben. Wir müssen verkaufen, was wir können, und nach vorn schauen.«
»Wohin denn?«, schluchzte Velda. »Was soll aus uns werden?«
»Wir gehen nach Cairns«, bestimmte Declan. »Kane hat Verbindungen dort, die uns helfen könnten, Arbeit zu finden. Er hatbereits einen Brief an einen alten Freund geschrieben, der da oben ein Hotel hat. Wir müssen einfach hoffen, dass er für uns alle etwas hat.«
Catriona vergrub den Kopf unter den Decken, und ihre Tränen durchnässten das Kissen. Sie liebte das Singen, und es machte sie glücklich zu hören, wie ihre Stimme sich mit der ihrer Mutter harmonisch in die Höhe schwang, wenn sie miteinander probten. Sie liebte auch die Leidenschaft der wunderbaren Arien, die sie von den verkratzten Platten aus der Sammlung ihres Vaters gelernt hatte. Und nun sollten alle ihre Träume sich in Luft auflösen.
Der Mond verblasste, und die Sterne verloren allmählich ihren Glanz. Der Morgen graute über Toowoomba, und Catriona stand als Erste auf. Sie kletterte aus dem Wagen. Sie hatte nicht geschlafen; ihre Augen waren verquollen, und sie war tief bedrückt. Daran konnte auch die Schönheit der Umgebung nichts ändern. Zarte Nebelschleier hingen in den Bäumen und schwebten über der sanft gewellten Hügellandschaft. Tau funkelte im hohen Gras. In der Ferne hörte sie das Keckern eines Kookaburra, ein Geräusch, das sie normalerweise aufgemuntert hätte. Heute Morgen brachte sie jedoch nicht einmal ein Lächeln zustande. Ein Schwarm Rosellas und Gallahs erhob sich flügelschlagend aus einem nahen Baum und stieg kreischend wie eine bunte Wolke in den fahlen Himmel, als Catriona barfuß durch das nasse Gras zu den dösenden Pferden lief.
Kanes stolzer Wallach schnaubte und warf den Kopf zurück, als er begriff, dass sie ihm keine Möhre mitgebracht hatte. Doch die alten Karrenpferde, Jupiter und Mars, standen friedlich in der frühen Morgensonne. Sie streichelte die starken Hälse und erzählte ihnen leise von ihren Sorgen. Die beiden Tiere gehörten zu ihrem Leben, solange sie sich erinnern konnte. Auf ihren breiten Rücken hatte sie das Reiten gelernt, sie hatte sie gestriegelt und gefüttert und sie immer als Mitglieder der Familie betrachtet. Nun sollte Mars verkauft werden. Catriona vergrub das Gesichtin seiner langen Mähne und weinte bittere Tränen, ohne zu fühlen, wie der Tau den Saum ihres Nachthemds durchnässte und kalt auf ihre Füße tropfte.
»Du wirst dir den Tod holen«, sagte eine leise Stimme hinter ihr.
Catriona fuhr herum. Sie hatte ihn nicht kommen hören. »Werden Sie Mars und den Wagen kaufen, Mr Kane?«, fragte sie atemlos und beschwörend. »Wir brauchen das Geld, wissen Sie, und ich könnte es nicht ertragen, Mars wegzugeben. Und der Wagen ist sehr viel besser als Ihr altes Zelt.«
Kanes hohe Reitstiefel raschelten im Gras. Er trat näher und tätschelte dem Pferd das breite Maul. »Bedauerlicherweise, mein Kind, benötige ich kein weiteres Pferd, und mein Zelt genügt mir vollauf.« Er seufzte. »Es ist immer traurig, alten Freunden Lebewohl zu sagen, aber Mars hat sein Gnadenbrot verdient, findest du nicht?«
Catriona schaute in das attraktive Gesicht hinauf. Kanes Haar glänzte golden in der aufgehenden Sonne, und die Augen leuchteten blau im gebräunten Gesicht. Sein Bart war frisch gestutzt. Die Trauer in seinem Blick schien echt zu sein, und wieder stiegen Tränen in ihr auf.
»Weine nicht, mein Kleines!« Sein Finger folgte sanft der Spur der Tränen auf ihrer Wange. »Freu dich für Mars, wenn er einen guten Stall bekommt und reichlich Gras. Und freu dich auch für Poppy. Sie hat ein großes Abenteuer vor sich – genau wie wir.«
Catriona schniefte und senkte den Kopf. Was er sagte, war vernünftig, das wusste sie, aber sie hatte jetzt keine Lust, sich für irgendjemanden zu freuen.
»Komm, Kind. Du musst eiskalte Füße haben.«
Catriona wollte widersprechen, aber er nahm sie schwungvoll in die Arme, hob sie hoch und drückte sie an seine Brust. Sie war zu
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