Die Farm am Eukalyptushain
Jetzt geh und sieh zu, dass du Edith hilfst. Ich will nichts mehr davon hören.«
Catriona wich ein paar Schritte zurück und rannte dann die Treppe hinauf. Sie wusste, was sie wusste. Kane hatte sie geküsst und sie angefasst, er war nachts zu ihr ins Zimmer gekommen und hatte keinen Zweifel daran gelassen, dass er vorhatte, noch weiter zu gehen. Das war keine väterliche Zuneigung, sondern etwas Dunkles, Abscheuliches und zutiefst Verstörendes. Sie lief ins Badezimmer, schob den Riegel vor und sank schluchzend auf den Fliesenboden. Wenn ihre Mutter doch nur zugehört hätte.Wenn sie doch nur sähe, was hier vorging. Aber Kane hatte Recht: Mam ging es schlecht, und sie durfte nicht noch weiter beunruhigt werden. Sie musste zu Dimitri. Er war ihre einzige Rettung.
Sie bürstete sich das Haar und wusch sich das Gesicht mit kaltem Wasser, bevor sie in die freundliche Wärme der Küche zurückkehrte. Mam war immer noch nirgends zu entdecken, aber bei der Köchin fühlte Catriona sich sicherer als allein; Kane betrat die Küche nur selten.
Um sechs kam eine Nachricht von ihrer Mutter: Es sei jetzt Zeit, sich zurechtzumachen. Als sie in ihr Zimmer trat, wartete Velda schon. Das neue Kleid lag auf dem Bett, und Schuhe, Strümpfe und feine Unterwäsche waren auch da.
»Zieh dich an, und dann mache ich dir die Haare, bevor du hinuntergehst«, sagte Velda und ging hinaus.
Catriona betrachtete die wunderschönen Sachen auf dem Bett. Sie berührte die seidene Unterwäsche und den Spitzenpetticoat und bewunderte das Festkleid, an dem Velda so viele Stunden genäht hatte. Es war aus hellgrünem Satin und hatte schmale Träger, ein enges Mieder und einen wolkig weiten Chiffonrock.
Sie zog das Kleid an. Kühl schmiegte es sich an ihre Haut. Sie schloss die kleinen Knöpfe an der Taille. Der Rock raschelte, als sie in den Satinpumps, die Velda passend zum Kleid gefärbt hatte, im Zimmer auf und ab ging. Trotz der Kopfschmerzen durchströmte sie ein kribbelndes Gefühl, als sie so umhertanzte. Ihrer Mutter lag doch noch etwas an ihr, denn sonst hätte sie sich kaum diese Mühe gemacht.
Eilig lief sie zu Veldas Zimmer und klopfte an die Tür. Ihre Mutter saß auf dem Bett, blass und zart wie die Lilien in den Vasen im Erdgeschoss. »Das Kleid ist wunderschön, Mam. Danke«, sagte Catriona leise.
Velda ließ nicht erkennen, dass sie das gehört hatte. Sie fing an, in der Tasche mit Haarbürsten und Schminke zu wühlen, undmachte sich an die Arbeit. Als sie fertig war, betrachtete Catriona staunend ihr Spiegelbild. Ihr dunkel glänzendes Haar war zu einem eleganten Dutt gedreht, und darin prangte eine einzelne weiße Kamelie. Velda hatte ihr die Lippen geschminkt und das Gesicht zart gepudert, die Wimpern dunkel getuscht und mit einem Hauch Rouge die Konturen ihrer Wangenknochen hervorgehoben.
»Wenn du älter wärst«, sagte Velda und betrachtete sie nachdenklich, »würde ich dir meine Kette und die Ohrringe leihen. Aber ich sehe, du hast da schon etwas. Von wem ist die Kette?«
»Dimitri hat sie mir geschenkt«, sagte Catriona und gab ihr einen Kuss auf die Wange, aber sie achtete darauf, das Make-up ihrer Mutter nicht zu verschmieren. »Danke für alles, Mam.«
Velda strich sich mit beiden Händen über die schmalen Hüften. Dunkelroter Satin betonte ihre blasse Haut und das dunkle Haar auf vollkommene Weise, aber sie war zu mager, und sie hatte dunkle Schatten unter den Augen. »Verdient hast du es nicht«, sagte sie schroff. »Aber du wirst nur einmal dreizehn, und einen so wichtigen Meilenstein konnte ich kaum ignorieren.«
Sie trank das Glas leer, das jetzt immer auf ihrem Nachttisch zu stehen schien, nahm ein glitzerndes Tuch und legte es sich um die Schultern. Velda hatte noch nie mit den Gästen verkehrt, und Catriona sah, dass sie ihre ganze Kraft zusammennehmen musste, um es heute Abend zu tun.
In der Tür zögerte ihre Mutter. »Catriona, ich muss dir etwas …«
»Na los, Geburtstagskind«, hallte ein Ruf von unten herauf. »Der Champagner wird warm.«
»Was ist denn, Mam?« Heute Abend war ihre Mutter noch merkwürdiger als sonst, aber das lag vielleicht an der Nervosität.
Velda schüttelte den Kopf und holte tief Luft. »Nicht so wichtig«, murmelte sie. »Komm jetzt, wir müssen hinunter.«
Catriona spürte ein nervöses Flattern im Magen, als sie aufdem letzten Treppenabsatz ankamen. Heute war ein besonderer Abend. Hoffentlich würde nichts passieren, das ihn verdarb.
In der Halle drängten sich
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