Die Farm am Eukalyptushain
ihr ein großes, sauberes Taschentuch. »In Ordnung, Miss Powell. Ich werde mein Bestes tun, aber Sie sollten sich keine großen Hoffnungen machen. Wahrscheinlich sitzt er in einer Goldmine irgendwo im Never-Never, oder er zieht durch die Wüste und hat keine Verbindung zum Rest der Welt. Sie kennen ihn doch, Miss Powell. Er ist ein Vagabund.«
Sie putzte sich die Nase und steckte das Taschentuch ein. Dann nickte sie. »Was soll ich denn tun?«, fragte sie.
»Gehen Sie zurück ins Hotel und bringen Sie es wieder in Ordnung«, sagte er mitfühlend. Er kam um seinen Schreibtisch herum und half ihr beim Aufstehen. »Dimitri hat es Ihnen anvertraut, und ich bin sicher, Sie sind bestens in der Lage, es zu führen, bis er zurückkehrt.«
Edith bekam einen heftigen Hustenanfall. Sie zog das Taschentuch wieder heraus und drückte es auf den Mund. »Ich bin ein bisschen krank«, sagte sie. »Ich glaube, allein schaffe ich es nicht.« Mit fieberglänzenden Augen sah sie Harold an. »Sie müssen Dimitri finden«, sagte sie flehentlich.
Harold bezwang seine Ungeduld. »Dann schließen Sie das Hotel und behalten Sie es im Auge«, sagte er. »Ich werde einen Bericht über das schreiben, was Sie mir erzählt haben, und die nötigen Räder in Bewegung setzen, um Kane und Dimitri zu finden.«
Er blickte ihr nach, als sie auf ihrem alten Knochenrüttler davonradelte, und schloss die Tür. Es ging ihr offensichtlich schlecht, und das Radfahren tat ihr nicht gut. Achselzuckend kehrte er an seinen Schreibtisch zurück. Er überlegte eine Weile, griff dann zum Federhalter und fing an, einen gewissenhaften Bericht über ihre Aussage zu verfassen. Nützen würde es wenig, aber der Dienst verlangte, dass er alles aufschrieb, und falls Dimitri wieder auftauchen sollte, würde es zumindest beweisen, dass die Polizei nicht untätig geblieben war.
Catriona und Velda hatten das Hotel wenige Tage nach dem Mord verlassen. Jede nahm nur eine Tasche mit; mehr konnten sienicht tragen. Kanes Verschwinden musste erklärt werden; jedem, der danach fragte, würden sie erzählen, er sei abgereist, weil er einen besseren Job im Süden angeboten bekommen habe, und sie seien unterwegs zu ihm.
Der Regen hatte nachgelassen, sodass sie den langen und beschwerlichen Fußweg über die Tablelands nach Kuranda bewältigen konnten. Dort begann der serpentinenreiche Abstieg nach Cairns. Sie mussten weiter zu Fuß gehen, denn die kleine Eisenbahn hatte ihren Betrieb noch nicht wieder aufgenommen. Doch es war ohnehin besser, nicht gesehen und befragt zu werden, und deshalb wichen sie den Arbeiterkolonnen aus, die an den Gleisen arbeiteten und die Straße räumten. Als sie endlich in der Stadt eintrafen, waren sie erschöpft.
Velda setzte mühevoll einen Fuß vor den anderen, fest entschlossen, ihren wackligen Halt in der Realität nicht zu verlieren. Sie mussten entkommen und einen neuen Anfang machen. Wenn sie sich nach Brisbane durchschlagen könnten, würde es ihnen dort vielleicht gelingen, das Grauen hinter sich zu lassen und ein neues Leben anzufangen. Catriona hatte Kanes Geld nicht mitnehmen wollen; sie habe das Gefühl, sie nehme es als Bezahlung für ihre Dienste, und dann fühle sie sich schmutzig. Aber Velda hatte praktisch denken müssen. Sie würden das Geld brauchen – für Essen und Unterkunft und für Fahrkarten. Auch wenn es Blutgeld war – es würde sie über die Runden bringen, bis sie Arbeit gefunden hätte.
In Cairns nahmen sie den Bus nach Townsville. Er war billiger als die Eisenbahn, brauchte allerdings auch dreimal so lange. Es war ein großer weißer Autobus – das heißt, er war vor Jahren einmal weiß gewesen. Nun hatte er überall Rostnarben, und die Fensterscheiben waren von der Hitze so verglüht, dass man kaum noch hindurchschauen konnte. Das verdammte Ding ächzte und stöhnte und quietschte, und es war ein Wunder, dass er überhaupt noch fuhr. Sie waren zehn Fahrgäste, und in regelmäßigen Abständen mussten alle aussteigen und warten, bis der Motor sich abgekühlt und der Fahrer Kühlwasser nachgeschüttet hatte. Es war fast so etwas wie ein Spiel, und Velda sah, wie Catrionas Stimmung sich aufhellte, als sie mit den anderen plaudern und mit ihnen Tee und Sandwiches teilen konnte. Doch ihre eigenen Sinne waren stumpf, und ihre Gedanken kehrten immer wieder zu jener dunklen Regennacht zurück. Sie mochte noch so weit fahren, sie würde niemals entkommen.
In Mackay stiegen sie in einen anderen Bus, und dann legten sie
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