Die Farm am Eukalyptushain
den Rest der Strecke mit dem Zug zurück. In einem südlichen Vorort von Brisbane fand Velda ein kleines Haus zur Miete und eine Anstellung bei einem Wollexporteur. Ihre Zukunftspläne schienen allmählich Früchte zu tragen, aber sie machte sich Sorgen um Catriona. Sie kränkelte; ihre Lebhaftigkeit war dahin; niedergeschlagen schlich sie im Haus umher und verbrachte den größten Teil des Tages im Bett. Velda bemühte sich, nicht ungeduldig zu werden, aber wenn sie müde von der Arbeit nach Hause kam, hatte sie keine Lust, sich mit einer matten und weinerlichen Tochter zu beschäftigen.
»Ich muss zu einem Arzt«, sagte Catriona eines Morgens. Sie waren jetzt seit zwei Monaten in Brisbane, und die Übelkeit und die schrecklichen Kreuzschmerzen hatten immer noch nicht aufgehört.
»Ärzte kosten Geld«, antwortete Velda. »Ich besorge dir etwas aus der Apotheke.«
Catriona schüttelte den Kopf. »Die Schmerzen werden davon nicht weggehen, Mam. Und es kommt Blut, wenn ich pinkle.«
Velda begriff, dass sie etwas unternehmen musste. »Wenn ein Arzt dich untersucht, wird er merken, was passiert ist«, sagte sie leise.
»Das ist mir egal«, rief Catriona wütend. »Ich habe Schmerzen, Mam.«
Sie suchten sich eine Praxis am anderen Ende der Stadt, undVelda gab einen falschen Namen und eine erfundene Adresse an. Der Arzt war ein Mann mittleren Alters, und er hörte aufmerksam zu, als Catriona ihre Symptome schilderte, bevor er sie untersuchte.
Catriona presste die Augen zu, als er sie betastete und befingerte. Es erinnerte sie an Kane, und sie musste sich beherrschen, um ihn nicht anzuschreien, er solle aufhören. Als er fertig war, befahl er ihr schroff, sich wieder anzuziehen.
»Mrs Simmons«, begann er mit kaltem Abscheu im Blick, »Ihre Tochter hat sich nicht nur eine äußerst unangenehme Harnwegsinfektion zugezogen, sie ist auch mindestens im vierten Monat schwanger.«
Catrionas Schluchzen beendete das entsetzte Schweigen. Velda war so erschrocken, dass sie fast nicht hörte, was der Arzt weiter zu sagen hatte. Kanes Vermächtnis lebte weiter. Lieber Gott im Himmel, würden sie niemals von ihm befreit sein? Und was sollte aus Catriona werden? Sie war erst dreizehn. Was geschah jetzt mit ihr?
Der Arzt stellte ein Rezept aus. »Angesichts ihres Alters schlage ich vor, sie unverzüglich in ein Erziehungsheim für verwahrloste Mädchen einzuweisen«, sagte er eisig.
»Das wird nicht nötig sein«, fuhr Velda ihn an und riss ihm das Rezept aus der Hand. »Meine Tochter hat genug gelitten, ohne dass man sie jetzt auch noch verwahrlost nennt.« Sie packte Catriona bei der Hand und verließ stehenden Fußes die Praxis.
Auf dem langen Heimweg zu ihrem Haus im Vorort versuchte Catriona, sich mit der Neuigkeit abzufinden. Gottlob würden sie nicht noch einmal zu diesem grässlichen Arzt gehen. Sie hatte ihn nicht gemocht, und seine unverzügliche Annahme, sie sei verwahrlost, hatte zutiefst beschämt. Als sie im Bus saßen, warf sie einen Blick zu Velda hinüber. Seit sie aus der Praxis gekommen waren, hatten sie kaum ein Wort gewechselt. Sie sehnte sich nach Trost, aber sie wusste, Velda würde ihr Schweigen bewahren. Vondem, was sie in jener furchtbaren Nacht zusammen erlebt hatten, hatte die Beziehung zwischen ihnen sich nie ganz erholt; vielleicht würde sie nie wieder so werden, wie sie einmal gewesen war. Sie waren oft bissig zueinander, und meistens fassten sie sich gegenseitig mit Samthandschuhen an, weil beide ständig befürchteten, irgendetwas zu sagen oder zu tun, was die andere als Kränkung oder Vorwurf auffassen könnte.
Catriona betrachtete das Profil ihrer Mutter, die starr geradeaus blickte. Ihre Miene verriet nicht, was sie dachte, aber Catriona wusste, dass sie mit ihren eigenen Dämonen zu kämpfen hatte. Seit jener Nacht war Velda distanziert, hart und angespannt, und ihr Ehrgeiz, dafür zu sorgen, dass Catriona auf der Bühne Erfolg hatte, der ihr selbst verwehrt geblieben war, wurde zur Besessenheit. Sie strichen in diesem kleinen Haus umeinander herum und brachten es nicht über sich auszusprechen, was sie wirklich dachten. Ihre Gefühle blieben unter Kontrolle, und Kane wurde niemals erwähnt. Und jetzt das! Der grausamste Schicksalsschlag von allen.
Die breite Vorortstraße war von Palmen gesäumt, die im Wind, der vom Meer heranwehte, rauschten und raschelten. Jedes der kleinen Holzhäuser hier war weiß gestrichen und hatte zwei Fenster, eine Tür vorn und eine hinten, und sie sahen
Weitere Kostenlose Bücher