Die Farm
sagte er mit Essensresten auf den Lippen. »Freut mich, Sie kennen zu lernen.«
»Bin froh, dass Sie hier sind«, sagte mein Vater freundlich.
»Danke«, sagte Mr Spruill und zog seine Hose hoch. »Das ist meine Frau Lucy.« Sie lächelte und kaute dabei langsam weiter.
»Und das ist meine Tochter Tally«, sagte er und deutete auf sie.
Als sie mich ansah, spürte ich, wie meine Backen heiß wurden.
»Und das sind meine Neffen, Bö und Dale«, sagte er und nickte in Richtung der zwei Jungen, die auf den Matratzen gedöst hatten, als sie auf der Straße anhielten. Sie waren Teenager, ungefähr fünfzehn. Und neben ihnen saß der Riese, der sich halb schlafend auf der Ladefläche gelümmelt hatte.
»Das ist mein Sohn Hank«, sagte Mr Spruill. Hank war mindestens zwanzig und damit sicher alt genug, um aufzustehen und Hände zu schütteln. Aber er aß einfach weiter.
Seine Backen waren mit Maisbrot gefüllt. »Er isst ‘ne ganze Menge«, sagte Mr Spruill, und wir versuchten zu lachen.
»Und das da ist Trot«, fuhr er fort. Trot blickte nicht einmal auf. Der linke Arm hing schlaff an ihm herunter.
Mit der rechten Hand umklammerte er eine Gabel. Seine Stellung in der Familie blieb ungeklärt.
Meine Mutter überreichte den großen Korb mit Gemüse, und einen Augenblick lang hörte Hank auf zu mampfen und blickte zu dem frischen Nachschub. Dann wandte er sich wieder seinen Bohnen zu. »Die Tomaten und der Mais sind dieses Jahr besonders gut«, sagte meine Mutter. »Und es gibt viel davon. Lassen Sie mich wissen, wenn Sie etwas möchten.«
Tally kaute langsam und starrte mich an. Ich betrachtete meine Füße.
»Das ist mächtig nett von Ihnen, Ma’am«, sagte Mr Spruill, und Mrs Spruill bedankte sich ebenfalls rasch. Es bestand keine Gefahr, dass die Spruills darben müssten, und sie schienen auch bislang keine Mahlzeit ausgelassen zu haben.
Hank war kräftig, mit einer breiten Brust, die nur un-maßgeblich schmaler wurde, wo sie auf seinen Hals traf. Mr und Mrs Spruill waren beide stämmig und schienen Kraft zu haben. Bö und Dale waren schlank, aber nicht mager. Tally war natürlich perfekt proportioniert. Nur Trot war hager und dürr.
»Wir wollten Sie nicht beim Abendessen stören«, sagte mein Vater, und wir begannen uns zurückzuziehen.
»Nochmals vielen Dank«, sagte Mr Spruill.
Ich wusste aus Erfahrung, dass wir binnen kurzem mehr über die Spruills wissen würden, als uns lieb war. Sie lebten auf unserem Land, tranken unser Wasser, benutzten unser Klo.
Wir würden ihnen Gemüse aus unserem Garten bringen, Milch von lsabel, Eier von unseren Hühnern. Am Samstag würden wir sie auffordern, uns in die Stadt zu begleiten, und am Sonntag würden sie mit uns in die Kirche gehen. Wir würden von Sonnenaufgang bis fast zum Einbruch der Dunkelheit neben ihnen auf den Feldern arbeiten. Und wenn die Ernte eingebracht wäre, würden sie in die Berge zurückkehren. Die Bäume würden sich verfärben, dann käme der Winter, und wir wurden uns an kalten Abenden um den Kamin drängen und Geschichten über die Spruills zum Besten geben.
* * *
Zum Abendessen gab es dünn geschnittene Bratkartoffeln, gekochte Okra-schoten, Maiskolben und heißes Brot aus Maismehl - aber kein Fleisch, weil es schon fast Herbst war und wir am Tag zuvor Brathuhn gegessen hatten. Gran briet zweimal in der Woche ein Huhn, aber nie mittwochs. Im Garten meiner Mutter wuchsen genug Tomaten und Zwiebeln, um ganz Black Oak damit zu versorgen, deswegen schnitt sie zu jeder Mahlzeit einen großen Teller davon auf. Die Küche war eng und heiß. Ein kleiner Ventilator auf dem Kühlschrank versuchte ratternd, die Luft umzuwälzen, während meine Mutter und Großmutter das Abendessen kochten. Sie arbeiteten langsam, aber stetig. Sie waren müde, und es war zu heiß für schnelle Bewegungen.
Sie mochten sich nicht besonders, aber sie waren beide entschlossen, in Frieden miteinander zu leben. Ich hörte sie nie streiten oder meine Mutter schlecht über ihre Schwiegermutter reden. Sie wohnten im selben Haus, kochten gemeinsam alle Mahlzeiten, wuschen gemeinsam die Wäsche, pflückten gemeinsam Baumwolle. Wer hatte bei so viel Arbeit noch Zeit zum Zanken?
Aber Gran war tief im Land der Baumwolle geboren und aufgewachsen. Sie wusste, dass sie in der Erde, die sie bearbeitete, begraben würde. Meine Mutter sehnte sich nach einem anderen Leben.
Die beiden hatten Rituale entwickelt und auf diese Weise wortlos eine Methode ausgehandelt, die
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