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Die Farm

Die Farm

Titel: Die Farm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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Andeutung des Sonnenaufgangs zu erkennen, als wir über den Hof gingen und der Tau unsere Schuhe nässte. Vor dem Hühnerstall blieben wir stehen, er machte sich klein und schlüpfte hinein. Ich musste davor auf ihn warten, da ich im letzten Monat, als ich im Dunkeln Eier einsammelte, auf eine riesige Rattenschlange getreten war und zwei Tage lang geweint hatte. Zuerst war mein Vater nicht gerade mitfühlend gewesen; Rattenschlangen sind harmlos und gehören zum Leben auf der Farm. Meine Mutter jedoch schaltete sich wütend ein, und derzeit war es mir nicht gestattet, allein Eier einzusammeln.
    Mein Vater legte ungefähr ein Dutzend Eier in einen Bastkorb und reichte ihn mir. Dann gingen wir zur Scheune, wo lsabel wartete. Da wir die Hühner aufgeweckt hatten, begannen die Hähne zu krähen.
    Die einzige Lichtquelle war eine matte Glühbirne, die vom Heuboden hing. Die Mexikaner waren wach. Sie hatten hinter der Scheune ein Feuer entfacht und scharten sich darum, als wäre ihnen kalt. Mir war in der feuchten Luft schon ganz warm.
    Ich konnte die Kuh melken, und meist war das morgens meine Aufgabe. Aber die Rattenschlange steckte mir noch in den Knochen, außerdem hatten wir es eilig, weil wir bei Sonnenaufgang auf den Feldern sein mussten. Mein Vater melkte schnell sieben Liter, wozu ich den halben Morgen gebraucht hätte. Wir lieferten die Eier und die Milch in der Küche ab, wo die Frauen das Sagen hatten. Der Schinken briet bereits in der Pfanne, sein aromatischer Duft hing schwer in der Luft.
    Das Frühstück bestand aus frischen Eiern, Milch, mit Salz gepökeltem Schinken und heißen Brötchen, wahlweise mit Sorghum-Sirup. Während sie arbeiteten, setzte ich mich auf meinen Stuhl, fuhr mit den Fingern über das feuchte, karierte Wachstuch und wartete auf meine Tasse Kaffee. Sie war das einzige Laster, das meine Mutter mir zugestand.
    Gran stellte Untertasse und Tasse vor mich, dann die Zuckerschüssel und frische Sahne. Ich behandelte den Kaffee, bis er süß wie Malzmilch war, dann trank ich ihn langsam.
    Während des Frühstücks war die Unterhaltung in der Küche auf ein Minimum beschränkt. Es war aufregend, dass wegen der Ernte so viele Fremde auf der Farm waren, aber die Begeisterung wurde gedämpft durch die Aussicht, dass wir die nächsten zwölf Stunden ungeschützt in der Sonne verbringen und vornübergebeugt Baumwolle pflücken würden, bis unsere Finger bluteten.
    Wir aßen schnell, die Hähne veranstalteten einen Mordslärm im Hof. Die Brötchen meiner Großmutter waren schwer und makellos rund und so warm, dass das Stückchen Butter, das ich vorsichtig in die Mitte tat, sofort schmolz. Ich sah zu, wie die gelbe Flüssigkeit versickerte, dann biss ich hinein. Meine Mutter gab zu, dass Ruth Chandler die besten Brötchen machte, die sie je gegessen hatte. Am liebsten hätte ich zwei oder drei gegessen wie mein Vater, aber das schaffte ich einfach nicht. Meine Mutter aß eins, ebenso Gran. Pappy aß zwei, mein Vater drei. Ein paar Stunden später, mitten am Vormittag, würden wir im Schatten eines Baums oder neben dem Anhänger einen Augenblick Pause machen, um die übrig gebliebenen Brötchen zu essen.
    Im Winter zog sich das Frühstück in die Länge, weil es sonst kaum etwas zu tun gab. Im Frühjahr, wenn wir pflanzten, und im Sommer, wenn wir Unkraut hackten, ging es etwas schneller. Aber im Herbst während der Baumwollernte frühstückten wir mit aller Entschlossenheit.
    Es wurde kurz über das Wetter geredet. Der Regen in St.
    Louis, dessentwegen das Spiel der Cardinais am Abend zuvor abgesagt worden war, lastete schwer auf Pappy. St. Louis war so weit weg, dass niemand am Tisch außer Pappy jemals dort gewesen war, aber das Wetter in dieser Stadt war jetzt ein entscheidendes Element unserer Ernte. Meine Mutter hörte geduldig zu. Ich sagte kein Wort.
    Mein Vater, der im Kalender gelesen hatte, war der Meinung, dass das Wetter im September mitspielen würde. Mitte Oktober sah es bedenklich aus. Schlechtes Wetter war zu erwarten. Deswegen war es unabdingbar, dass wir während der nächsten sechs Wochen arbeiteten, bis wir umfielen. Je härter wir arbeiteten, umso härter würden die Mexikaner und die Spruills arbeiten. Auf diese Weise feuerte uns mein Vater an.
    Dann kam das Thema Tagelöhner zur Sprache. Tagelöhner waren Ortsansässige, die von Farm zu Farm gingen, um den besten Lohn auszuhandeln. Die meisten waren Leute aus der Stadt, die wir kannten. Im Herbst zuvor hatte uns Miss Sophie

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