Die Farm
Händen und dankten Gott für das Essen und alle anderen Segnungen. Pappy sprach das Gebet, zumindest vor dem Abendessen. Er dankte Gott für die Mexikaner und die Spruills und die gute Ernte. Ich betete still und nur für Ricky. Ich war dankbar für das Essen, aber es erschien mir nicht annähernd so wichtig wie er.
Die Erwachsenen aßen langsam und sprachen über nichts als die Baumwolle. Von mir wurde nicht erwartet, dass ich viel zur Unterhaltung beitrug. Insbesondere Gran war der Meinung, dass man Kinder sehen, aber nicht hören sollte.
Ich wollte zur Scheune und den Mexikanern einen Besuch abstatten. Und ich wollte mich vor dem Haus herumtreiben und vielleicht einen Blick auf Tally erhaschen. Meine Mutter argwöhnte etwas, und als wir mit dem Essen fertig waren, musste ich ihr mit dem Abwasch helfen. Schläge wären mir lieber gewesen, aber ich hatte keine Wahl.
* * *
Wir gingen hinaus auf die Veranda vor dem Haus, wo wir jeden Abend saßen. Es schien ein schlichtes Ritual, war es aber nicht. Zuerst verdauten wir das Abendessen, dann wandten wir uns dem Baseball zu. Wir schalteten das Radio ein, und Harry Caray von KMOX in St. Louis kommentierte die Spiele unserer geliebten Cardinais.
Meine Mutter und meine Großmutter pulten Erbsen oder Wachsbohnen. Beim Abendessen begonnene Gespräche wurden beendet. Natürlich kam die Ernte aufs Tapet.
Aber an diesem Abend regnete es im zweihundert Meilen entfernten St. Louis, und das Spiel war abgesagt worden. Ich saß auf der Treppe, drückte den Baseball in meinem Rawlings-Handschuh, beobachtete die Schatten der Spruills in der Ferne und fragte mich, wie jemand nur so gedankenlos sein und auf dem Schlagmal ein Feuer machen konnte.
Das Radio im Freien war ein kleines Gerät von General Electric, das mein Vater in Boston gekauft hatte, als er im Krieg aus dem Krankenhaus entlassen wurde. Sein einziger Zweck war der, die Cardinais zu uns nach Hause zu bringen.
Wir verpassten kaum ein Spiel. Das Radio stand auf einer hölzernen Kiste nahe der quietschenden Hollywoodschaukel, auf der es sich die Männer bequem gemacht hatten. Meine Mutter und meine Großmutter saßen auf der anderen Seite der Veranda auf gepolsterten Holzstühlen und pulten Erbsen. Ich saß in der Mitte, auf der Treppe.
Bevor die Mexikaner kamen, hatten wir einen tragbaren Ventilator in der Nähe der Fliegengittertür aufgestellt. Jeden Abend summte er leise vor sich hin und schaffte es, die schwüle Luft genügend in Bewegung zu halten, um die Hitze erträglich zu machen. Aber dank meiner Mutter stand er jetzt auf dem Heuboden der Scheune. Das hatte zu Reibungen geführt, die mir jedoch größtenteils vorenthalten worden waren.
Der Abend war also sehr still - kein Baseball, kein Ventilator -, nur die eintönige Unterhaltung müder Farmers-Leute, die darauf warteten, dass die Temperatur um ein paar Grad sank.
Der Regen in St. Louis inspirierte die Männer zu Sorgen wegen des Wetters. Die Flüsse und Bäche im Arkansas-Delta traten mit frustrierender Regelmäßigkeit über die Ufer. Alle vier oder fünf Jahre verließen sie ihre Betten und rissen die Ernte mit sich. Ich konnte mich an keine Überschwemmung erinnern, aber ich hatte so viel davon gehört, dass ich mir wie ein Flutexperte vorkam. Wochenlang beteten wir um Regen. Und wenn es regnete und die Erde gut nass war, begannen Pappy und mein Vater die Wolken zu beobachten und Geschichten von Überschwemmungen zu erzählen.
Die Spruills begaben sich zur Ruhe. Ihre Stimmen ver-stummten. Ich sah, wie sich ihre Schatten hinter der Zeltwand bewegten. Ihr Feuer brannte nieder und erlosch.
Auf der Chandler-Farm war alles still. Wir hatten Leute aus den Bergen. Wir hatten Mexikaner. Die Baumwolle wartete.
I rgendwann in der stockdunklen Nacht wachte Pappy, unser lebender Wecker, auf, zog seine Stiefel an, stapfte in die Küche und kochte die erste Kanne Kaffee. Unser Haus war nicht groß
- drei Schlafzimmer, Küche, Wohnzimmer -, und es war so alt, dass die Dielen an manchen Stellen durchhingen. Wenn jemand alle anderen wecken wollte, gelang es ihm oder ihr mühelos.
Ich durfte so lange im Bett bleiben, bis mein Vater mich holen kam. Allerdings fiel das Schlafen nicht leicht bei den vielen Menschen auf der Farm und der vielen Baumwolle, die gepflückt werden musste. Ich war bereits wach, als er mich schüttelte und sagte, dass es Zeit zum Aufstehen sei. Ich zog mich rasch an und stieß auf der Veranda runter dem Haus zu ihm.
Es war noch keine
Weitere Kostenlose Bücher