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Die Farm

Die Farm

Titel: Die Farm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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Gottesdienst besuchte. Alle Männer trugen Anzüge. Alle Familien hatten schöne Autos. Es war wirklich eine andere Welt.
    Pappy und ich fuhren zum Fluss, um den Wasserstand zu kontrollieren. Der Regen forderte seinen Tribut von Otis’
    kürzlich ausgebesserter Straße. Die flachen Gräben neben der Straße standen voll Wasser, Rinnen und Pfützen bildeten sich.
    Auf der Brücke blieben wir stehen und schauten zu beiden Seiten ins Wasser. Sogar ich sah, dass der Fluss gestiegen war.
    Die Sand- und Kiesbänke waren überflutet, das Wasser war dickflüssiger und von einem helleren Braun als sonst, Hinweis auf die Bäche, die durch die Felder flössen und Erde mit sich führten. Die Strömung war schnell und voller Wirbel. Unrat -
    Treibholz und Blöcke und hin und wieder auch ein frischer Ast
    -trieb auf dem Wasser dahin.
    Unser Stecken stand noch, war aber kaum mehr zu sehen, nur ein paar Zentimeter ragten noch aus dem Wasser. Pappys Stiefel wurden nass, als er ihn holte. Er zog ihn heraus, sah ihn an, als hätte er sich danebenbenommen, und sagte vor allem zu sich selbst: »Ungefähr dreißig Zentimeter in vierundzwanzig Stunden.« Er ging in die Hocke und klopfte mit dem Stecken gegen einen Felsen. Als ich ihm dabei zusah, wurde ich mir des Geräuschpegels bewusst. Der Fluss war nicht laut, aber das Wasser rauschte beständig, schwappte gegen den Kies und die Brückenpfeiler. Die Strömung zischte durch das dichte Gebüsch am Ufer und nagte an den Wurzeln einer nahen Weide. Es war ein bedrohliches Geräusch. Eines, das ich noch nie zuvor gehört hatte.
    Pappy hörte es nur zu gut. Mit dem Stecken deutete er auf die Flussbiegung zu unserer Rechten und sagte: »Die Latchers wird es als Erste erwischen. Ihr Haus steht am tiefsten.«
    »Wann?«, fragte ich.
    »Hängt vom Regen ab. Wenn es aufhört, wird es wahrscheinlich gar keine Überschwemmung geben. Wenn es aber weiter regnet, wird der Fluss in einer Woche über die Ufer treten.«
    »Wann hat es zum letzten Mal eine Überschwemmung gegeben?«

    »Vor drei Jahren, aber das war im Frühjahr. Die letzte Überschwemmung im Herbst ist schon lange her.«
    Ich hatte jede Menge Fragen zu Überschwemmungen, aber das war kein Thema, über das sich Pappy gern ausließ. Wir betrachteten den Fluss noch eine Weile und hörten ihm zu, dann gingen wir zum Pick-up und fuhren zurück zum Haus.
    »Fahren wir zum Siler’s Creek«, sagte er. Die Feldwege waren zu schlammig für den Pick-up, deswegen warf Pappy den John Deere an, und wir fuhren los unter den neugierigen Blicken fast aller Spruills und aller Mexikaner. Am Sonntag wurde der Traktor normalerweise nie angelassen. Eli Chandler wollte doch nicht etwa am heiligen Sonntag arbeiten?
    Der Bach war vollkommen verwandelt. Es war nicht mehr das klare Wasser, in dem Tally gebadet hatte. Verschwunden waren die kühlen kleinen Rinnsale, die um Felsen und Baumstämme flössen. Stattdessen war der Bach viel breiter und angefüllt mit braunem Wasser, das eine halbe Meile entfernt in den St. Francis strömte. Wir kletterten vom Traktor und gingen zum Ufer. »Der Bach verursacht unsere Überschwemmungen«, sagte Pappy. »Nicht der St. Francis. Das Land hier liegt tiefer, und wenn der Bach über die Ufer tritt, läuft das Wasser direkt auf unsere Felder.« Der Wasserspiegel befand sich noch mindestens drei Meter unterhalb von uns in dem Bett, das vor Jahrzehnten hier gegraben worden war. Es schien unmöglich, dass der Bach es je verlassen würde.
    »Meinst du, dass er überläuft, Pappy?«, fragte ich.
    Er dachte lange und hart nach, oder vielleicht dachte er auch überhaupt nicht. Er betrachtete den Bach und sagte schließlich ohne jede Überzeugung: »Nein. Nichts wird passieren.« Im Westen donnerte es.

    * * *
Am Montagmorgen kam ich früh in die Küche. Pappy saß am Tisch, trank Kaffee und fummelte am Radio herum. Er versuchte einen Sender in Little Rock einzustellen, um den Wetterbericht zu hören. Gran stand am Herd und briet Speck.
    Im Haus war es kalt, aber die Hitze der Pfanne und der Geruch nach Speck erwärmten die Atmosphäre. Mein Vater reichte mir ein altes abgelegtes Flanellhemd von Ricky, und ich zog es widerwillig an.
    »Pflücken wir heute, Pappy?«, fragte ich.
    »Werden wir gleich wissen«, sagte er, ohne den Blick vom Radio zu wenden.
    »Hat es in der Nacht geregnet?«, fragte ich Gran, die sich vorbeugte, um mich auf die Stirn zu küssen.
    »Die ganze Nacht«, sagte sie. »Jetzt geh Eier holen.«
    Ich folgte meinem

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