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Die Farm

Die Farm

Titel: Die Farm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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nordöstliche Arkansas wusste Bescheid.

    Laut Pappy machte sich Stick keine allzu großen Sorgen um den Verbleib von Tally. Er nahm korrekterweise an, dass sie freiwillig mit einem Mexikaner durchgebrannt war, was zwar ein verwerfliches und schändliches Verhalten, aber keine Straftat war, wiewohl Mr Spruill mehrmals das Wort
    »Entführung« gebrauchte.
    Es war nicht anzunehmen, dass die beiden Turteltäubchen in unserem Pick-up weit fahren würden. Sie wollten mit Sicherheit Arkansas verlassen, und Stick Powers meinte, dass sie dafür wahrscheinlich in einen Bus umsteigen würden. Als Tramper würden sie Argwohn erregen; Autofahrer aus Arkansas nahmen eine so dunkelhäutige Person wie Cowboy nicht mit, erst recht nicht in Begleitung eines weißen Mädchens.
    »Wahrscheinlich sitzen sie in einem Bus Richtung Norden«, sagte Stick.
    Als Pappy uns das berichtete, erinnerte ich mich an Tallys Wunschtraum, in Kanada zu leben, weit weg von schwüler Hitze. Sie liebte Schnee und hatte beschlossen, dass Montreal die richtige Stadt für sie war.
    Die Männer sprachen über Geld. Mein Vater rechnete nach und schätzte, dass Cowboy an die vierhundert Dollar mit Pflücken verdient hatte. Niemand wusste allerdings, wie viel davon er nach Hause geschickt hatte. Tally hatte ungefähr halb so viel verdient und wahrscheinlich das meiste davon gespart.
    Wir wussten, dass sie für Trot Farbe gekauft hatte, aber wir hatten keine Ahnung von ihren sonstigen Ausgaben.
    An dieser Stelle in Pappys Erzählung hätte ich ihnen am liebsten mein Herz ausgeschüttet. Cowboy hatte Hank ausgeraubt, nachdem er ihn umgebracht hatte. Wie viel Hank von seinem Lohn gespart hatte, wussten wir auch nicht, aber mit Sicherheit befanden sich jetzt Samsons zweihundertfünfzig Dollar in Cowboys Tasche. Beinahe hätte ich es herausgeschrien, als wir um den Küchentisch saßen, aber meine Angst war einfach zu groß. Cowboy war zwar fort, aber womöglich wurde er irgendwo aufgegriffen.
    Warte, sagte ich mir. Warte noch. Es wird der Augenblick kommen, wenn du deine Last abladen kannst.
    Wie immer ihre finanzielle Lage aussah, Cowboy und Tally hatten jedenfalls genug Geld, um eine lange Strecke mit dem Bus zu fahren.
    Und wir waren wie üblich pleite. Die Erwachsenen redeten kurz darüber, wie wir den Pick-up ersetzen könnten, falls er nicht gefunden würde, aber das Thema war zu schmerzlich, um lange darüber zu sprechen. Außerdem hörte ich zu.
    Wir aßen früh zu Mittag, dann setzten wir uns auf die hintere Veranda und sahen in den Regen.

    S ticks alter lauter Streifenwagen fuhr vor unser Haus, gefolgt von unserem Pick-up. Stick stieg aus und tat sich wichtig, weil er den brisantesten Teil des Verbrechens aufgeklärt hatte. Der andere Hilfssheriff von Black Oak fuhr den Pick-up, der sich, soweit wir sehen konnten, überhaupt nicht verändert hatte.
    Die Spruills kamen angelaufen, begierig, etwas über Tally zu erfahren.
    »Stand vor dem Busbahnhof in Jonesboro«, verkündete Stick der kleinen Menge, die sich um ihn geschart hatte. »Genau wie ich mir gedacht habe.«
    »Wo war der Schlüssel?«, fragte Pappy.
    »Unter dem Sitz. Und der Tank ist voll Benzin. Ich weiß nicht, ob er voll war, als sie ihn genommen haben, jetzt ist er jedenfalls voll.«
    »Er war halb voll«, sagte Pappy erstaunt. Wir waren alle überrascht, nicht nur weil der Pick-up wieder da war, sondern noch dazu völlig unverändert. Den ganzen Tag über hatten wir uns Sorgen über eine Zukunft ohne Pick-up, ohne Transportmittel gemacht.
    Wir säßen im gleichen Boot wie die Latchers und wären gezwungen, irgendjemanden, der vorbeifuhr, zu bitten, uns mitzunehmen. So eine missliche Lage wollte ich mir gar nicht vorstellen, und ich war mehr denn je entschlossen, eines Tages in einer großen Stadt zu leben, wo jeder ein Auto hatte.
    »Wahrscheinlich wollten sie ihn sich nur leihen«, sagte Mr Spruill in erster Linie zu sich selbst.
    »So sehe ich es auch«, sagte Stick. »Willst du noch immer Anzeige erstatten?«, fragte er Pappy.
    Er und mein Vater sahen sich an und runzelten die Stirn. »Ich glaube nicht«, sagte Pappy.
    »Hat irgendjemand sie gesehen?«, fragte Mrs Spruill leise.
    »Ja, Ma’am. Sie haben zwei Fahrkarten nach Chicago gekauft und dann fünf Stunden im Busbahnhof gewartet. Der Fahrkartenverkäufer hat sich gedacht, dass etwas nicht stimmt, aber gemeint, dass es ihn nichts angeht. Mit einem Mexikaner wegzulaufen ist nicht gerade sehr schlau, aber auch kein Verbrechen. Der

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