Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Farm

Die Farm

Titel: Die Farm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
Vom Netzwerk:
etwas so heftig und lange weinen gehört.
    Am Nachmittag waren alle mit den Nerven fertig. Gran versuchte es mit mehreren ihrer hausgemachten Arzneien, milde Mischungen, die alles noch schlimmer machten. Libby wiegte das Baby auf der Hollywoodschaukel, erfolglos. Gran sang ihm etwas vor, während sie mit ihm durchs Haus tanzte; mehr Geschrei, lauteres Geschrei. Meine Mutter trug es herum. Pappy und mein Vater waren seit langem verschwunden. Ich wäre am liebsten hinausgelaufen und hätte mich im Silo versteckt.
    »Der schlimmste Fall von Kolik, den ich je erlebt hab«, hörte ich Gran sagen.
    Später, als Libby das Baby wieder auf der Schaukel wiegte, bekam ich ein Gespräch mit. Auch ich schien als Baby unter Koliken gelitten zu haben. Die Mutter meiner Mutter, meine Großmutter, die bereits gestorben war und in der Stadt in einem gestrichenen Haus gelebt hatte, flößte mir ein paar Löffel Vanilleeis ein. Ich hörte sofort auf zu weinen, und nach ein paar Tagen hatte ich keine Koliken mehr.
    Später litt ich noch einmal an Koliken. Da Gran normalerweise kein gekauftes Eis im Gefrierfach vorrätig hatte, luden meine Eltern mich in den Pick-up und fuhren in die Stadt. Unterwegs beruhigte ich mich und schlief ein. Sie meinten, dass das Schaukeln des fahrenden Wagens dafür verantwortlich war.
    Meine Mutter schickte mich auf die Suche nach meinem Vater. Sie nahm Libby das Baby ab, die es gern abgab, und bald darauf gingen wir zum Pick-up.
    »Fahren wir in die Stadt?«, fragte ich.
    »Ja«, sagte meine Mutter.
    »Und was ist mit ihm?«, sagte mein Vater und deutete auf das Baby. »Er ist doch angeblich ein Geheimnis.«
    Das hatte meine Mutter vergessen. Sollten wir in der Stadt mit einem geheimnisvollen Baby gesehen werden, würden die Leute so viel klatschen, dass der Verkehr zusammenbräche.
    »Darum machen wir uns Sorgen, wenn wir dort sind«, sagte sie und schlug die Tür zu. »Fahren wir.«
    Mein Vater ließ den Motor an und legte den Rückwärtsgang ein. Ich saß in der Mitte, das Baby nur Zentimeter von meiner Schulter entfernt. Nach einer kurzen Pause plärrte es wieder los. Als wir zum Fluss kamen, hätte ich das verdammte Ding am liebsten aus dem Fenster geworfen.
    Kaum waren wir über der Brücke, geschah jedoch etwas Merkwürdiges. Das Baby beruhigte sich allmählich und hörte auf zu schreien. Es schloss Mund und Augen und schlief ein.
    Meine Mutter lächelte meinen Vater an, als wollte sie sagen:
    »Siehst du?«
    Als wir uns der Stadt näherten, flüsterten meine Eltern miteinander. Es wurde beschlossen, dass meine Mutter an unserer Kirche aussteigen und schnell zu Pop und Pearl gehen und Vanilleeis kaufen würde. Sie waren besorgt, dass Pearl würde wissen wollen, warum sie Eis und nur Eis kaufte, da wir im Augenblick nichts anderes brauchten, und warum meine Mutter an einem Mittwochnachmittag in der Stadt war. Sie kamen überein, dass Pearls Wissensdurst unter keinen Umständen befriedigt werden durfte und dass es durchaus amüsant wäre, sie unter ihrer eigenen Neugier leiden zu lassen.
    So schlau sie war, Pearl käme nie darauf, dass das Eis für ein uneheliches Kind bestimmt war, das wir in unserem Pick-up versteckten.
    Wir hielten neben unserer Kirche. Da uns niemand beobachtete, reichte mir meine Mutter das Baby mit strikten Anweisungen, wie ich ein solches Geschöpf zu halten hätte.
    Kaum hatte sie die Tür zugemacht, stand sein Mund weit offen, seine Augen glühten, seine Lunge war von Zorn erfüllt.
    Es brüllte laut und erschreckte mich zu Tode, aber mein Vater trat auf die Kupplung, und wir fuhren durch die Straßen von Black Oak. Das Baby sah mich an und hörte auf zu weinen.
    »Bleib bloß nicht stehen«, sagte ich zu meinem Vater.
    Wir kamen an der Entkörnungsanlage vorbei, ein deprimierender Anblick, weil sie stillstand. Wir fuhren hinter der Methodistenkirche und der Schule vorbei, wandten uns dann nach Süden auf die Main Street. Meine Mutter kam mit einer kleinen Papiertüte aus dem Laden, und natürlich folgte ihr Pearl plappernd auf den Gehsteig. Sie plauderten miteinander, als wir an ihnen vorbeifuhren. Mein Vater winkte, als wäre alles wie sonst.
    Ich wusste, dass wir nahe daran waren, mit dem Latcher-Baby erwischt zu werden. Ein lauter Schrei, und die ganze Stadt erführe von unserem Geheimnis.
    Wir umrundeten noch einmal die Entkörnungsanlage, und als wir uns der Kirche näherten, wartete meine Mutter auf uns.
    Kaum hielten wir, damit sie einsteigen konnte, schlug das Baby die

Weitere Kostenlose Bücher