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Die Farm

Die Farm

Titel: Die Farm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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über meinen Kopf. Meine Erniedrigung war vollkommen, nachdem sie meine Arme und Füße gescheuert hatte - den Rumpf überließ sie gnädigerweise mir.

    Das Wasser war schmutzig, als ich heraushüpfte - der Schmutz einer ganzen Woche aus dem Arkansas-Delta. Ich zog den Stöpsel heraus und sah zu, wie es durch die Ritzen der Veranda versickerte, während ich mich abtrocknete und meinen frischen Overall anzog. Ich fühlte mich fit und sauber und fünf Pfund leichter und war bereit für die Stadt. Pappy hatte beschlossen, dass sein Pick-up nur einmal nach Black Oak fahren würde. Das bedeutete, dass Gran und meine Mutter vorn bei ihm und mein Vater und ich hinten bei den zehn Mexikanern sitzen würden. Zusammengepfercht zu werden machte den Mexikanern nichts aus, aber mich irritierte es. Als wir losfuhren, sah ich, dass die Spruills Stangen abbauten und Seile lösten und eilig ihren alten Pick-up befreiten, um ebenfalls in die Stadt zu fahren. Alle waren geschäftig bis auf Hank, der im Schatten saß und etwas aß.
    Um zu verhindern, dass der Staub über die Kotflügel zu uns heraufzog, fuhr Pappy auf unserer Schotterstraße langsamer als fünf Meilen pro Stunde. Das war zwar rücksichtsvoll von ihm, nützte aber nicht viel. Wir schwitzten und erstickten fast. Das samstägliche Bad
    mochte ein Ritual im ländlichen Arkansas sein, in Mexiko war es offenbar unbekannt.

    * * *
Manche Farmersfamilien waren samstags bereits gegen Mittag in der Stadt. In Pappys Augen war es eine Sünde, sich am Samstag zu sehr zu vergnügen, deswegen hatten wir es nicht eilig. Während des Winters drohte er bisweilen, überhaupt nicht in die Stadt zu fahren, außer am Sonntag zur Kirche.
    Meine Mutter behauptete, dass er einmal die Farm einen Monat lang nicht verließ und sogar die Kirche boykottierte, weil der Pfarrer ihn irgendwie beleidigt hatte. Pappy war schnell beleidigt. Aber wir konnten uns trotzdem glücklich schätzen. Viele kleine Pächter verließen ihre Farm nie. Sie hatten kein Geld, um Lebensmittel zu kaufen, und kein Auto, um in die Stadt zu fahren. Und dann gab es Pächter wie uns und ein paar Landbesitzer, die nur selten in die Stadt fuhren.
    Laut Gran war Mr Clovis Beckly aus Caraway seit vierzehn Jahren nicht mehr in der Stadt gewesen. Und seit vor dem Ersten Weltkrieg nicht mehr in der Kirche. Während unserer Erweckungsversammlungen wurde öffentlich für ihn gebetet.
    Ich liebte den Verkehr, die bevölkerten Gehwege und die Ungewissheit, wen ich als Nächstes treffen würde. Mir gefielen die Gruppen von Mexikanern, die im Schatten der Bäume Eis aßen und ihre Landsleute von anderen Farmen in aufgeregtem Spanisch begrüßten. Ich mochte die Scharen der Fremden, Leute aus den Bergen, die bald wieder fortgehen würden.
    Pappy hatte mir einmal erzählt, dass in St. Louis, wo er vor dem Ersten Weltkrieg gewesen war, eine halbe Million Leute lebten und er sich in den Straßen verlaufen hatte.
    Das würde mir nie passieren. Wenn ich in St. Louis durch die Straßen spazieren würde, würden alle mich erkennen.
    Ich folgte meiner Mutter und Gran in den Laden von Pop und Pearl Watson. Die Männer gingen zum Co-op, wo sich alle Farmer am Samstagnachmittag trafen. Mir war nicht klar, was genau sie dort taten, außer sich über die Baumwollpreise zu ärgern und sich wegen des Wetters zu sorgen.
    Pearl stand an der Kasse. »Hallo, Mrs Watson«, sagte ich, als ich nahe genug bei ihr war. In dem Laden wimmelte es von Frauen und Mexikanern.
    »Hallo, Luke«, sagte sie und zwinkerte mir zu. »Wie steht es mit der Baumwolle?«, fragte sie. Diese Frage hörte man wieder und wieder.
    »Lässt sich gut pflücken«, sagte ich, als hätte ich eine Tonne geerntet.
    Gran und meine Mutter brauchten eine Stunde, um fünf Pfund Mehl, zwei Pfund Zucker, zwei Pfund Kaffee, eine Flasche Essig, ein Pfund Salz und zwei Seifen zu kaufen. In den Gängen standen Frauen, denen es wichtiger war, andere zu begrüßen, als einzukaufen. Sie sprachen über ihre Gemüsegärten, das Wetter, den Kirchgang am nächsten Tag und wer bestimmt ein Kind bekam und wer vielleicht. Sie plauderten über eine Beerdigung hier, eine Erweckungsversammlung dort, eine bevorstehende Hochzeit.
    Kein Wort über die Cardinals.
    Meine einzige Aufgabe in der Stadt bestand darin, die Einkäufe zum Pick-up zu tragen. Nachdem ich das erledigt hatte, war ich frei und konnte durch die Main Street und die Seitenstraßen laufen, ohne überwacht zu werden. Ich schlenderte mit den

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