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Die Farm

Die Farm

Titel: Die Farm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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gemächlichen Fußgängern an das nördliche Ende von Black Oak, am Co-op, am Drugstore, der Eisenwarenhandlung und am Tea Shoppe vorbei. Entlang des Gehwegs standen Gruppen von plaudernden Menschen, die nicht die Absicht hatten, weiterzugehen. Telefone waren selten, und im ganzen Distrikt gab es nur ein paar Fernsehgeräte, deswegen galt es am Samstag, sich über die neuesten Nachrichten und Ereignisse zu informieren.
    Ich fand meinen Freund Dewayne Pinter, der seine Mutter davon zu überzeugen versuchte, unbeaufsichtigt herumlaufen zu dürfen. Dewayne war ein Jahr älter als ich, ging aber auch erst in die zweite Klasse. Sein Vater ließ ihn auf der Farm den Traktor fahren, was seinen Status bei den Zweitklässlern der Schule von Black Oak ungemein erhöhte. Die Pinters waren Baptisten und Cardinals-Fans, aber aus unerfindlichem Grund mochte Pappy sie trotzdem nicht.
    »Guten Tag, Luke«, sagte Mrs Pinter zu mir.
    »Hallo, Mrs Pinter.«
    »Wo ist deine Mutter?«, fragte sie und blickte sich um.
    »Ich glaube, sie ist noch im Drugstore. Aber genau weiß ich es nicht.«
    Daraufhin konnte Dewayne sich loseisen. Wenn ich allein durch die Straßen ziehen durfte, dann durfte er es auch. Als wir uns entfernten, rief Mrs Pinter ihm Anweisungen nach.
    Wir gingen zum Dixie, vor dem sich die älteren Kinder herumtrieben und warteten, bis es vier Uhr wurde. In meiner Tasche hatte ich ein paar Münzen - fünf Cents für die Vorstellung, fünf Cents für ein Coca-Cola, drei Cents für Popcorn. Meine Mutter hatte mir das Geld als Vorschuss auf meinen Pflückerlohn gegeben. Ich sollte es eines Tages zurückzahlen, aber sie und ich wussten, dass das nie der Fall sein würde. Sollte Pappy versuchen, es zurückzufordern, müsste er es hinter dem Rücken meiner Mutter tun.
    Offensichtlich hatte Dewayne in der vergangenen Woche mehr Baumwolle gepflückt als ich. Er hatte die Tasche voller Zehn-Cent-Stücke und konnte es gar nicht erwarten, damit anzugeben. Auch seine Familie pachtete Land, aber ihnen gehörten ganze zwanzig Morgen, viel mehr als uns Chandlers.
    Ein sommersprossiges Mädchen namens Brenda hielt sich in unserer Nähe auf und versuchte, mit Dewayne ins Gespräch zu kommen. Sie hatte allen ihren Freundinnen erzählt, dass sie ihn heiraten wollte. Sie machte ihm das Leben schwer, indem sie ihm in die Kirche folgte, ihm jeden Samstag auf der Main Street hinterherlief und ihn fragte, ob er im Kino neben ihr sitzen wolle.

    Dewayne verachtete sie. Als eine Gruppe Mexikaner vorüberging, tauchten wir in ihrer Mitte unter.
    Eine Prügelei war hinter dem Co-op ausgebrochen, ein beliebter Treffpunkt der jungen Männer, um Schläge auszutauschen.
    Das geschah jeden Samstag, und nichts elektrisierte Black Oak so sehr wie ein guter Faustkampf. Eine ansehnliche Menschenmenge drängte sich durch eine Straße neben dem Co-op, und ich hörte jemanden sagen: »Ich wette, es ist ein Sisco.«
    Meine Mutter hatte mich davor gewarnt, Schlägereien hinter dem Co-op anzusehen, aber es war kein richtiges Verbot, weil ich wusste, dass sie nicht dort sein würde. Keine anständige Frau würde es wagen, sich als Zuschauerin bei einer Schlägerei erwischen zu lassen. Dewayne und ich schlängelten uns durch die Menge, ganz wild auf Gewalttätigkeit.
    Die Siscos waren bettelarme Pächter, die keine Meile von der Stadt entfernt lebten. Sie waren jeden Samstag hier. Niemand wusste genau, wie viele Kinder es in der Familie gab, aber sie konnten alle kämpfen. Ihr Vater war ein Trinker, der sie schlug, und ihre Mutter hatte einmal auf einen bewaffneten Hilfssheriff eingeprügelt, der ihren Mann verhaften wollte, und ihm einen Arm und die Nase gebrochen. Der Hilfssheriff verließ die Stadt in Schande. Der älteste Sisco saß im Gefängnis, weil er in Jonesboro einen Mann getötet hatte.
    Die Sisco-Kinder gingen weder in die Schule noch in die Kirche, deswegen konnte ich ihnen aus dem Weg gehen. Und richtig, als wir nahe genug waren und zwischen den Zuschauern hindurchspähen konnten, sahen wir Jerry Sisco, der einem Fremden ins Gesicht schlug.
    »Wer ist das?«, fragte ich Dewayne. Die Leute feuerten die Kämpfer an, loszulegen und den jeweils anderen zu verprügeln.
    »Weiß nicht«, sagte Dewayne. »Wahrscheinlich ein Hillbilly.«
    Das war plausibel. Die Gegend war voller Leute aus den Bergen, die Baumwolle pflückten, deswegen war es nur logisch, dass die Siscos Streit mit jemandem anfingen, der sie nicht kannte. Die Einheimischen waren nicht so dumm.

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