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Die Farm

Die Farm

Titel: Die Farm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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ein abgebrochenes Holzstück. Die Menge, die sich bereits zum Gehen gewandt hatte, hielt einen Augenblick inne, um mit morbider Neugier noch einmal zuzusehen.
    Als Hank Jerry damit auf die Nase schlug, sagte jemand: »O
    Gott.«
    Jemand anders sprach davon, den Sheriff zu holen.

    »Nichts wie weg«, sagte ein alter Farmer, und die Leute setzten sich wieder in Bewegung, diesmal ein bisschen schneller.
    Hank war noch immer nicht fertig. Sein Gesicht war vor Wut gerötet; seine Augen funkelten wie die eines Dämons. Er schlug auf sie ein, bis das alte Holz zu splittern begann.
    Ich entdeckte keinen anderen Spruill in der Menge. Als die Schlägerei zur Schlachterei ausartete, flohen alle. Niemand in Black Oak wollte etwas mit den Siscos zu tun haben. Und niemand wollte diesem Wahnsinnigen aus den Bergen entgegentreten.
    Zurück auf dem Gehweg, schwiegen diejenigen von uns, die Augenzeugen des Kampfes gewesen waren. Er war noch nicht zu Ende. Ich fragte mich, ob Hank sie totschlagen würde.
    Weder Dewayne noch ich sagten ein Wort, als wir an den Leuten vorbei zum Kino rannten.

    * * *
Der Film am Samstagnachmittag war eine besondere Zeit für uns Farmerskinder. Wir hatten keine Fernsehgeräte, und Vergnügungen galten als Sünde. Zwei Stunden lang tauschten wir die Härte des Lebens auf den Baumwollfeldern gegen ein Fantasieland, in dem die Guten immer gewannen. Aus den Filmen lernten wir, wie Verbrecher vorgingen, wie Polizisten sie fingen, wie Kriege ausgefochten und gewonnen wurden, wie im Wilden Westen Geschichte geschrieben wurde. Aus einem Film erfuhr ich sogar die traurige Wahrheit, dass der Süden den Bürgerkrieg verloren hatte im Gegensatz zu dem, was mir zu Hause und in der Schule erzählt worden war.
    Aber an diesem Samstag langweilte der Western mit Gene Autry mich und Dewayne. Jedes Mal, wenn auf der Leinwand ein Faustkampf stattfand, dachte ich an Hank Spruill, und ich sah ihn vor mir, wie er hinter dem Co-op auf die Siscos einprügelte. Autrys Balgereien waren harmlos verglichen mit dem echten Blutbad, dessen Zeugen wir geworden waren. Der Film war schon fast vorbei, bevor ich den Mut aufbrachte, Dewayne die Wahrheit zu sagen.
    »Der große Hillbilly, der die Siscos verprügelt hat«, flüsterte ich. »Er arbeitet auf unserer Farm.«
    »Du kennst ihn?«, flüsterte er ungläubig.
    »Ja. Ich kenn ihn gut.«
    Dewayne war beeindruckt und wollte mir weitere Fragen stellen, aber das Kino war voll, und Mr Starnes, der Manager, patrouillierte mit seiner Taschenlampe gern in den Gängen auf der Suche nach Ärger. Jedes Kind, das er beim Reden erwischte, zog er an den Ohren und warf es hinaus. Außerdem saß die sommersprossige Brenda direkt hinter Dewayne, was uns beiden unangenehm war.
    Im Zuschauerraum verstreut befanden sich ein paar Erwachsene, die meisten von ihnen Leute aus der Stadt. Mr Starnes schickte die Mexikaner immer auf den Balkon, aber das schien ihnen nichts auszumachen. Kaum ein Mexikaner verschwendete Geld für einen Film.
    Nach dem Ende liefen wir hinaus und waren binnen Minuten hinter dem Co-op, wo wir halb damit rechneten, die blutigen Leichen der Sisco-Jungs vorzufinden. Aber niemand war da.
    Wir entdeckten keine Spuren der Schlägerei - kein Blut, keine abgerissenen Gliedmaßen, kein zersplittertes Holz.
    Pappy war der Meinung, dass Menschen mit Selbstachtung die Stadt am Samstag vor Einbruch der Dunkelheit verlassen sollten. Am Samstagabend passierten schlimme Dinge.
    Abgesehen von den Schlägereien hatte ich noch nie etwas Schlimmes miterlebt. Ich hatte gehört, dass hinter der Entkörnungsanlage getrunken wurde und Würfelspiele und auch Faustkämpfe stattfanden, aber ich hatte es nie mit eigenen Augen gesehen, und angeblich beteiligten sich nur wenige Männer daran. Trotzdem hatte Pappy Angst, dass wir irgendwie davon angesteckt würden.
    Ricky war der Tunichtgut in der Familie Chandler, und meine Mutter hatte mir erzählt, dass er in dem Ruf stand, am Samstag zu lange in der Stadt zu bleiben. Vor nicht allzu langer Zeit war jemand aus der Familie verhaftet worden, aber die Einzelheiten konnte ich nicht in Erfahrung bringen. Sie behauptete, dass Pappy und Ricky jahrelang über den Zeitpunkt stritten, wann wir nach Hause zurückkehren sollten.
    Ich konnte mich an mehrere Gelegenheiten erinnern, als wir ohne ihn zurückgefahren waren. Ich weinte dann immer, weil ich glaubte, dass ich ihn nie Wiedersehen würde. Aber am Sonntagmorgen saß er in der Küche und trank Kaffee, als wäre nichts

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