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Die Farm

Die Farm

Titel: Die Farm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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zog an der Zigarette und redete weiter, während Rauch aus seinem Mund und seinen Nasenlöchern strömte.
    »Er war puterrot im Gesicht, und seine Augen haben geglüht, und plötzlich hat er aufgehört und hat sie angeschaut, als hätte ihn ein Geist gepackt und wachgerüttelt. Dann ist er ein Stück zurückgegangen und hat sie noch mal angesehen, als war’s jemand anders gewesen. Dann ist er davongegangen, zurück zur Main Street, und die anderen Siscos und ihre Freunde haben ihre Jungs geholt. Sie haben Roe Duncans Pick-up geliehen und sie nach Hause geschafft. Jerry ist überhaupt nicht mehr aufgewacht. Roe selbst hat ihn mitten in der Nacht ins Krankenhaus gefahren, aber Roe sagt, dass er da schon tot war. Schädelbruch.
    Die anderen zwei haben Glück gehabt, dass sie nicht gestorben sind. Er hat sie genauso verprügelt wie Jerry. So was hab ich noch nie gesehen.«
    »Ich auch nicht.«
    »Wenn ich du wäre, würd ich mir ‘ne Weile lang keine Schlägerei mehr ansehen. Du bist zu jung dafür.«
    »Mach dir keine Sorgen.« Ich blickte zur Entkörnungsanlage und sah Pappy. »Da kommt Pappy«, sagte ich.
    Er ließ die Zigarette fallen und trat darauf. »Erzähl niemandem, was ich dir gesagt habe, ja?«
    »Klar.«
    »Ich will mit dem Hillbilly nichts zu schaffen haben.«
    »Ich werd kein Wort sagen.«
    »Grüß Ricky von mir. Sag ihm, er soll sie in Schach halten, bis ich drüben bin.«
    »Mach ich, Jackie.« Er verschwand so lautlos, wie er aufgetaucht war.
    Noch mehr Geheimnisse, die ich bewahren musste.
    Pappy machte den Anhänger los und setzte sich ans Steuer.
    »Wir werden keine drei Stunden warten«, murmelte er und ließ den Motor an. Er fuhr vom Gelände der Entkörnungsanlage und aus der Stadt. Irgendwann spät in der Nacht zöge ein Arbeiter der Entkörnungsanlage unseren Anhänger mit einem kleinen Traktor zum Ansaugrohr. Die Baumwolle würde eingesaugt, und eine Stunde später kämen zwei makellose Ballen heraus. Die Ballen müssten gewogen werden, zwei Proben würden herausgeschnitten, die potentielle Käufer begutachten könnten. Nach dem Frühstück käme Pappy zurück, um unseren Anhänger zu holen. Er würde die Ballen und Proben kontrollieren und sich über etwas anderes Sorgen machen.

    * * *
    Am nächsten Tag kam ein Brief von Ricky. Er lag auf dem Küchentisch, als wir mit schweren Beinen und schmerzendem Rücken durch die Hintertür traten. An diesem Tag hatte ich achtundsiebzig Pfund gepflückt, ein absoluter Rekord für einen Siebenjährigen, obwohl die Rekorde schwer nachzuprüfen waren, weil so viel gelogen wurde. Vor allem unter Kindern.
    Pappy und mein Vater pflückten jetzt jeder fünfhundert Pfund am Tag.
    Gran summte vor sich hin und lächelte, daher wussten wir, dass der Brief gute Nachrichten enthielt. Sie nahm ihn und las ihn uns laut vor. Mittlerweile wusste sie ihn auswendig.

    Liebe Mom, lieber Dad, lieber Jesse, liebe Kathleen und lieber Luke,
    ich hoffe, zu Hause ist alles in Ordnung. Nie hätte ich gedacht, dass ich das Baumwollpflücken vermissen würde, aber nirgendwo wäre ich jetzt lieber als zu Hause. Ich vermisse alles - die Farm, das Brathuhn, die Cardinals. Könnt ihr euch vorstellen, dass die Dodgers Meister werden? Das macht mich ganz krank.
    Wie auch immer, mir geht’s gut hier. Die Lage ist ruhig. Wir sind nicht mehr an der Front. Meine Einheit liegt fünf Meilen dahinter, und wir holen ein bisschen Schlaf nach. Wir haben’s warm, ruhen uns aus und essen gut. Im Augenblick schießt niemand auf uns, und wir schießen auch nicht.
    Ich glaube wirklich, dass ich bald nach Hause kommen werde.
    Es scheint, als würde sich die Lage insgesamt beruhigen. Wir hören Gerüchte von Friedensgesprächen und drücken die Daumen.
    Ich habe eure letzten Briefe bekommen, und sie bedeuten mir sehr viel. Schreibt weiter. Luke, dein Brief war ein bisschen kurz, schreib mir einen längeren.
    Muss jetzt los. Alles Liebe,
    Ricky

    Wir ließen ihn herumgehen und lasen ihn wieder und wieder, dann legte Gran ihn in eine Zigarrenschachtel neben dem Radio. Darin befanden sich alle Briefe von Ricky, und wenn ich abends durch die Küche ging, war es nichts Ungewöhnliches, dass ich Pappy oder Gran dabei ertappte, wie sie sie noch einmal lasen.
    Der neue Brief ließ uns die steifen Muskeln und die verbrannte Haut vergessen, wir aßen rasch, damit wir den Tisch frei hatten, um Ricky schreiben zu können.
    Ich benutzte meine Big-Chief-Schreibunterlage und einen Bleistift und schrieb ihm alles

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