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Die Farm

Die Farm

Titel: Die Farm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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über Jerry Sisco und Hank Spruill. Ich ließ kein Detail aus. Blut, gesplittertes Holz, Stick Powers, alles. Ich wusste oft nicht, wie man ein Wort schrieb, und riet einfach. Wenn mir jemand Schreibfehler nachsehen würde, dann Ricky. Da die anderen nicht merken sollten, dass ich Klatsch bis nach Korea verbreitete, schirmte ich meine Unterlage so gut es ging ab.
    Fünf Briefe wurden gleichzeitig geschrieben, und bestimmt enthielten sie fünf Versionen desselben Ereignisses. Die Erwachsenen erzählten zwischendurch komische Geschichten.
    Es war ein glücklicher Moment während der harten Erntezeit.
    Pappy schaltete das Radio ein, damit wir das Spiel der Cardinals verfolgen konnten, und unsere Briefe wurden immer länger.
    Wir saßen um den Küchentisch, lachten, schrieben und hörten auf das Spiel, und keiner von uns zweifelte daran, dass Ricky bald nach Hause kommen würde.

    Er hatte es ja gesagt.

    A m Donnerstagnachmittag holte mich meine Mutter von den Feldern, weil ich ihr im Gemüsegarten helfen sollte. Fröhlich legte ich meinen Sack ab und ließ die anderen Arbeiter zwischen den Baumwollsträuchern zurück. Wir gingen zum Haus, beide erleichtert, dass der Arbeitstag zu Ende war.
    »Wir müssen unbedingt die Latchers besuchen«, sagte sie unterwegs. »Ich mach mir große Sorgen um sie. Vielleicht leiden sie Hunger.«
    Die Latchers hatten einen Gemüsegarten, wenn auch keinen großen. Ich bezweifelte, dass sie Hunger litten. Sie hatten bestimmt nichts abzugeben, aber im Craighead County war noch niemand verhungert. Auch die ärmsten Farmpächter bauten Tomaten und Gurken an. Jede Familie hatte ein paar Hühner, die Eier legten.
    Aber meine Mutter war entschlossen, Libby in Augenschein zu nehmen und die Gerüchte entweder zu bestätigen oder zu entkräften.
    Als wir unseren Gemüsegarten betraten, wurde mir klar, was meine Mutter vorhatte. Wenn wir uns beeilten und vor Feierabend bei den Latchers waren, dann befänden sich die Eltern und sämtliche Kinder auf den Feldern. Wenn Libby tatsächlich schwanger war, hielt sie sich -Höchstwahrscheinlich allein - im Haus auf. Sie hätte keine andere Wahl, als herauszukommen und unser Gemüse entgegenzunehmen. Wir könnten sie kalt erwischen und sie mit christlicher Wohltätigkeit festnageln, während ihre Beschützer fort waren.
    Es war ein brillanter Plan.
    Unter der strengen Aufsicht meiner Mutter erntete ich Tomaten, Gurken, Erbsen, Wachsbohnen, Mais - nahezu alles, was im Garten wuchs. »Nimm die kleine rote Tomate, Luke, rechts von dir«, sagte sie. »Nein, nein, die Erbsen dort können noch warten.« Und: »Nein, die Gurke ist noch nicht ganz so weit.«
    Häufig erntete sie das Gemüse zwar selbst, aber noch lieber überwachte sie die Sache. Das Gleichgewicht des Gartens konnte bewahrt werden, wenn sie Distanz hielt, den gesamten Bereich überblickte und mit dem Auge einer Künstlerin meine Bemühungen oder die meines Vaters dirigierte.
    Ich hasste den Gemüsegarten, aber im Moment hasste ich die Felder noch mehr. Alles war besser, als Baumwolle zu pflücken.
    Als ich nach einem Maiskolben griff, sah ich zwischen den Stauden etwas, was mich erstarren ließ. Jenseits des Gartens war ein schattiger Streifen Gras, zu schmal, um darauf Fangen zu spielen, und deswegen zu nichts nütze. Daran schloss die östliche Wand unseres Hauses an, die Seite, auf der nichts passierte. Auf der Westseite befanden sich die Tür zur Küche, der Parkplatz für unseren Pick-up, die Fußwege zur Scheune, den Außengebäuden und den Feldern. Alles geschah auf der Westseite, nichts auf der Ostseite.
    Eine Ecke des untersten Bretts dieser dem Gemüsegarten gegenüber befindlichen und von niemandem einsehbaren Seite war gestrichen. Weiß gestrichen. Die restliche Wand war so hellbraun, wie sie es immer gewesen war, die gleiche langweilige Farbe von alten dicken Eichenbrettern.
    »Was ist los, Luke?«, fragte meine Mutter. Im Gemüsegarten hatte sie es nie eilig, denn er war ihr Allerheiligstes, aber heute plante sie einen Hinterhalt, und die Zeit spielte dabei die entscheidende Rolle.

    »Ich weiß nicht«, sagte ich, noch immer ganz starr.
    Sie trat neben mich und spähte zwischen den Maisstauden hindurch, die den Garten begrenzten und abschirmten, und als ihr Blick an dem gestrichenen Brett hängen blieb, erstarrte auch sie.

    An der Ecke war die Farbe dick aufgetragen, sie wurde jedoch dünner, je mehr sich das Brett der Rückseite des Hauses näherte. Es war ganz offensichtlich noch in

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