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Die Farm

Die Farm

Titel: Die Farm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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davon erfahren. Wenn der Doktor kommt, weiß es der ganze Distrikt. Sie dürfen es nicht weitererzählen, Mrs Chandler. Versprechen Sie mir das?«
    Die arme Frau war den Tränen nahe. Sie wollte verzweifelt ein Geheimnis bewahren, über das in Black Oak seit Monaten gesprochen wurde.
    »Bringen Sie mich zu ihr«, sagte meine Mutter, ohne ihre Frage zu beantworten, und die Frauen setzten sich in Bewegung.
    »Luke, du bleibst hier beim Wagen«, sagte sie über die Schulter.
    Kaum waren sie verschwunden, ging ich ums Haus und spähte durch das erste Fenster in ein winziges Zimmer, in dem alte schmutzige Matratzen auf dem Boden lagen.
    Vor dem nächsten Fenster hörte ich ihre Stimmen. Ich erstarrte und horchte. Die Felder befanden sich in meinem Rücken.
    »Libby, das ist Mrs Chandler«, sagte Mrs Latcher. »Sie wird uns helfen.«
    Libby wimmerte etwas Unverständliches. Sie schien große Schmerzen zu haben. Dann hörte ich sie sagen: »Es tut mir so Leid.«
    »Alles wird in Ordnung kommen«, sagte meine Mutter. »Wann haben die Wehen angefangen?«
    »Vor ungefähr einer Stunde«, sagte Mrs Latcher.
    »Ich hab solche Angst, Mama«, sagte Libby, jetzt viel lauter.
    Aus ihrer Stimme sprach die pure Panik. Beide Frauen versuchten, sie zu beruhigen.
    Da ich hinsichtlich der weiblichen Anatomie nicht länger ein Novize war, wollte ich jetzt unbedingt ein schwangeres Mädchen sehen. Sie schien sehr nahe am Fenster zu liegen, und sollten sie mich erwischen, würde mein Vater mich eine Woche lang verprügeln. Der unerlaubte Anblick einer Frau in den Wehen war zweifellos eine Sünde der allerersten Ordnung.
    Womöglich würde ich auf der Stelle mit Blindheit geschlagen.
    Aber es war stärker als ich. Ich duckte mich und kroch unter das Fensterbrett, nahm meinen Strohhut ab und streckte mich ein wenig nach oben, als einen halben Meter neben meinem Kopf ein schwerer Erdklumpen gegen das Haus knallte, dass die alten Bretter klapperten. Die Frauen waren zu Tode erschrocken. Erdkrumen trafen mich seitlich im Gesicht.
    Ich ließ mich auf den Boden fallen und rollte vom Fenster weg.
    Dann rappelte ich mich auf und blickte zu den Feldern.
    Percy Latcher stand nicht weit entfernt zwischen zwei Baumwollreihen und hielt einen weiteren Erdklumpen in der Hand. Mit der anderen Hand deutete er auf mich.
    »Es ist Ihr Junge«, sagte eine Stimme.
    Ich schaute zum Fenster und sah kurz Mrs Latchers Kopf.
    Noch ein Blick zu Percy, und ich raste wie ein geprügelter Hund zu unserem Pick-up, sprang auf den Vordersitz, kurbelte das Fenster hoch und wartete auf meine Mutter.
    Percy verschwand im Feld. Bald wäre Feierabend, und ich wollte nach Hause, bevor die Latchers eintrudelten.
    Zwei Kleinkinder tauchten auf der Veranda auf, ein Junge und ein Mädchen, beide nackt. Ich fragte mich, was sie davon hielten, dass ihre große Schwester ein Kind bekam. Sie starrten mich an.
    Meine Mutter kam eilig aus dem Haus, Mrs Latcher folgte ihr auf den Fersen. Sie sprachen hastig miteinander, während sie zum Wagen gingen.

    »Ich hole Ruth«, sagte meine Mutter und meinte Gran.
    »Ja bitte, und beeilen Sie sich«, sagte Mrs Latcher.
    »Ruth hat das schon oft gemacht.«
    »Bitte, bringen Sie sie her. Und bitte, erzählen Sie niemandem davon. Können wir Ihnen vertrauen, Mrs Chandler?«
    Meine Mutter öffnete die Tür und wollte einsteigen.
    »Natürlich können Sie das.«
    »Wir schämen uns so«, sagte Mrs Latcher und wischte die Tränen ab. »Bitte, sagen Sie es niemandem.«
    »Alles wird gut werden, Darla«, sagte meine Mutter und ließ den Motor an. »Ich bin in einer halben Stunde wieder da.«
    Sie legte den Rückwärtsgang ein, und nach ein paar abrupten Manövern hatten wir gewendet und verließen die Latcher-Farm. Sie fuhr jetzt viel schneller, und das beanspruchte fast ihre ganze Aufmerksamkeit.
    »Hast du Libby Latcher gesehen?«, fragte sie mich schließlich.
    »Nein, Ma’am«, sagte ich sofort und bestimmt. Ich hatte gewusst, dass sie mich das fragen würde, und hatte die Wahrheit parat.
    »Bestimmt nicht?«
    »Nein, Ma’am.«
    »Was hast du neben dem Haus gemacht?«
    »Ich bin nur herumgegangen, als Percy einen Erdklumpen auf mich geworfen hat. Der ist gegen das Haus geknallt. Es war nicht meine Schuld, Percy war schuld.« Meine Worte kamen schnell und sicher, und ich wusste, dass sie mir glauben wollte.
    Sie war mit Wichtigerem beschäftigt.
    Vor der Brücke schaltete sie herunter, hielt die Luft an und sagte wieder: »Halt dich fest, Luke.«
    Gran

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