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Die Farm

Die Farm

Titel: Die Farm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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ihr von Ricky gehört?«, fragte er.
    Ich betrachtete die Zigarette. »In letzter Zeit nicht«, sagte ich.
    »Vor zwei Wochen haben wir einen Brief gekriegt.«
    »Wie geht’s ihm?«
    »Gut, vermutlich.«
    Er strich mit einem Streichholz über das Wagenblech und zündete die Zigarette an. Jackie war groß und dünn und seit langem ein Basketball-Star an der Highschool von Monette. Er und Ricky hatten zusammen gespielt, bis Ricky hinter dem Schulhaus beim Rauchen erwischt wurde. Der Trainer, ein Veteran, der im Krieg ein Bein verloren hatte, warf ihn aus der Mannschaft. Pappy stapfte eine Woche lang über die Chandler-Farm und drohte, seinen jüngeren Sohn umzubringen. Ricky hatte mir insgeheim erzählt, dass er Basketball sowieso satt hatte. Er wollte Football spielen, aber Monette hatte keine Footballmannschaft, weil die Jungen Baumwolle pflücken mussten.
    »Vielleicht gehe ich rüber«, sagte Jackie.
    »Nach Korea?«
    »Ja.«
    Ich wollte ihn fragen, warum er meinte, in Korea gebraucht zu werden. Sosehr ich das Baumwollpflücken auch hasste, lieber plagte ich mich damit ab, als dass ich auf mich schießen ließ.
    »Was ist mit Basketball?«, fragte ich. Es ging das Gerücht, dass Arkansas State Jackie haben wollte.
    »Ich schmeiß die Schule«, sagte er und blies eine Rauchwolke in die Luft.
    »Warum?«
    »Hab’s satt. Geh jetzt mit Unterbrechungen zwölf Jahre in die Schule. Länger als sonst jemand in meiner Familie. Ich denk, ich hab genug gelernt.«
    In unserem Distrikt verließen ständig Kinder die Schule. Ricky hatte es mehrmals versucht, und Pappy war es irgendwann einerlei gewesen. Andererseits hatte in dieser Sache Gran zu bestimmen, und er hatte schließlich doch einen Abschluss gemacht.
    »’ne Menge Jungs werden dort drüben erschossen«, sagte er und starrte in die Ferne.
    Das wollte ich nicht hören, deswegen erwiderte ich nichts. Er trat seine Zigarette aus und steckte die Hände tief in die Hosentaschen. »Es heißt, dass du die Sisco-Schlägerei gesehen hast«, sagte er und sah mich immer noch nicht an.
    Irgendwie hatte ich mir schon gedacht, dass die Schlägerei bei dieser Fahrt in die Stadt ein Thema wäre. Ich erinnerte mich an die strenge Warnung meines Vaters, mit niemandem darüber zu sprechen.
    Aber Jackie konnte ich vertrauen. Er und Ricky waren miteinander aufgewachsen.
    »’ne Menge Leute waren dabei«, sagte ich.
    »Ja, aber niemand sagt was. Die Hillbillys sagen nix, weil’s einer von ihnen ist. Die Leute aus der Stadt sagen nix, weil Eli allen geraten hat, sie sollen den Mund halten. Das behaupten sie jedenfalls.«
    Ich glaubte ihm. Ich bezweifelte keine Sekunde, dass Eli Chandler seine Baptisten-Brüder auf Stillschweigen eingeschworen hatte, zumindest bis nach der Baumwollernte.
    »Was ist mit den Siscos?«, fragte ich.
    »Keiner hat sie gesehen. Die verstecken sich. Letzten Freitag war die Beerdigung. Die Siscos haben das Grab selbst geschaufelt. Haben ihn hinter der Bethel-Kirche begraben.
    Stick lässt sie nicht aus den Augen.«
    Wieder folgte eine lange Pause, und in unserem Rücken heulte die Entkörnungsanlage. Er rollte sich eine weitere Zigarette, machte sie an und sagte schließlich: »Hab dich gesehen, bei der Schlägerei.«
    Ich kam mir vor, als wäre ich bei einem Verbrechen ertappt worden. Mir fiel nichts weiter ein, als »Und?« zu sagen.
    »Dich und den kleinen Pinter. Und als der Hillbilly das Stück Holz aufhob, hab ich zu euch geschaut und mir gedacht: >Die Jungs sollten das eigentlich nicht mit ansehen. Und damit hab ich Recht gehabt.«
    »Mir war’s auch lieber, ich hätt’s nicht gesehen.«
    »Gilt auch für mich«, sagte er und blies einen perfekten Rauchring.
    Ich sah zur Anlage, um mich zu vergewissern, dass Pappy nicht in der Nähe war. Er war noch immer in dem kleinen Büro, wo der Besitzer die Unterlagen aufbewahrte. Andere Anhänger waren eingetroffen und parkten hinter uns. »Hast du mit Stick gesprochen?«, fragte ich Jackie.
    »Nee. Hab’s auch nicht vor. Du?«
    »Ja, er war bei uns.«
    »Hat er mit dem Hillbilly geredet?«
    »Ja.«
    »Dann kennt Stick also seinen Namen?«
    »Vermutlich.«
    »Warum hat er ihn nicht verhaftet?«
    »Weiß ich nicht. Ich hab gesagt, dass es drei gegen einen waren.«
    Er räusperte sich und spuckte ins Unkraut. »Stimmt schon, es waren drei gegen einen, trotzdem hätte niemand umgebracht werden dürfen. Ich mag die Siscos nicht, niemand mag sie, aber er hätte sie nicht halb tot prügeln müssen.«
    Ich schwieg. Er

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