Die Farm
war auf dem Traktor.« Die Geburt von Babys war kein Thema, über das sich Pappy gern ausließ, und die Unterhaltung stockte.
Ich sah, wie Tally den Hof verließ und in der Dunkelheit verschwand. Die Spruills kamen zur Ruhe; ihr Feuer war am Erlöschen.
Die Reds machten zu Beginn des ersten Innings vier Punkte.
Pappy regte sich so darüber auf, dass er ins Bett ging. Ich schaltete das Radio aus, blieb auf der Veranda sitzen und hielt Ausschau nach Tally. Bald hörte ich Pappy schnarchen.
I ch war entschlossen, auf der Veranda auszuharren, bis meine Eltern und Gran von den Latchers zurückkehrten. Ich konnte mir die Szene dort vorstellen; die Frauen bei Libby im Hinterzimmer, die Männer draußen mit den vielen Kindern, so weit wie möglich entfernt vom Ort der Geburt. Ihr Haus stand gleich jenseits des Flusses, überhaupt nicht weit weg, und ich war nicht dabei.
Müdigkeit überkam mich, und beinahe wäre ich eingeschlafen.
Im Lager der Spruills war es still und dunkel, aber Tally war noch nicht zurückgekommen.
Ich ging auf Zehenspitzen durchs Haus, hörte Pappy fest schlafen und trat auf die hintere Veranda. Ich setzte mich auf den Rand und ließ die Beine baumeln. Die Felder jenseits der Scheune und des Silos waren hellgrau, wenn der Mond durch die versprengten Wolken brach. Ansonsten waren sie im Dunkeln verborgen. Ich sah sie allein auf dem breiten Feldweg zurückkommen, als das Mondlicht für einen Augenblick das Land erhellte. Sie hatte es nicht eilig. Dann war alles wieder dunkel. Lange Zeit hörte ich nichts, bis sie nahe beim Haus auf einen Zweig trat.
»Tally«, flüsterte ich so laut wie möglich.
Nach einer langen Weile sagte sie: »Bist du das, Luke?«
»Hier«, sagte ich. »Auf der Veranda.«
Sie war barfuß und ging vollkommen lautlos. »Was machst du hier draußen, Luke?«, fragte sie, als sie vor mir stand.
»Wo warst du?«, fragte ich.
»Nur spazieren.«
»Warum bist du spazieren gegangen?«
»Ich weiß nicht. Manchmal muss ich weg von meiner Familie.«
Das konnte ich nur allzu gut verstehen. Sie setzte sich neben mich, zog den Rock über die Knie und ließ ihre Beine hin und her schwingen. »Möchtest du manchmal weglaufen, Luke?«
»Nicht wirklich. Ich bin erst sieben. Aber ich werde nicht den Rest meines Lebens hier verbringen.«
»Wo willst du leben?«
»In St. Louis.«
»Warum in St. Louis?«
»Dort spielen die Cardinals.«
»Willst du ein Cardinal werden?«
»Klar.«
»Du bist ein schlauer Junge, Luke. Nur ein Dummkopf will sein ganzes Leben lang Baumwolle pflücken. Ich will nach Norden, wo’s kalt ist und viel Schnee liegt.«
»Wo genau?«
»Weiß nicht. Montreal vielleicht.«
»Wo ist das?«
»In Kanada.«
»Spielen sie dort Baseball?«
»Glaub ich nicht.«
»Dann kannst du’s vergessen.«
»Nein, es ist wunderschön dort. Wir haben es in der Schule gelernt, in Geschichte. Die Franzosen haben sich dort niedergelassen, und alle sprechen französisch.«
»Sprichst du französisch?«
»Nein, aber ich kann’s lernen.«
»Das ist leicht. Ich kann schon Spanisch. Juan hat’s mir letztes Jahr beigebracht.«
»Wirklich?«
»Si.«
»Sag noch was auf Spanisch.«
»Buenos dias. Porfavor. Adios. Gracias. Senor. Cömo estä?«
»Wow.«
»Hab dir doch gesagt, dass es leicht ist. Wie weit ist Montreal weg?«
»Weiß ich nicht. Weit glaube ich. Das ist einer der Gründe, warum ich dorthin will.«
Plötzlich ging in Pappys Schlafzimmer das Licht an. Der Lichtschein fiel auf das andere Ende der Veranda und erschreckte uns. »Sei still«, flüsterte ich.
»Wer ist das?«, flüsterte sie und duckte sich, als würde auf uns geschossen.
»Das ist nur Pappy, der sich Wasser holt. Er steht nachts ständig auf.« Pappy ging in die Küche und öffnete den Kühlschrank. Ich beobachtete ihn durch die Fliegengittertür. Er trank zwei Gläser Wasser, dann stapfte er in sein Schlafzimmer zurück und knipste das Licht wieder aus. Als alles wieder dunkel und still war, sagte sie: »Warum steht er nachts ständig auf?«
»Er macht sich große Sorgen. Ricky kämpft in Korea.«
»Wer ist Ricky?«
»Mein Onkel. Er ist neunzehn.«
Sie dachte kurz darüber nach, dann sagte sie: »Ist er süß?«
»Weiß ich nicht. Darüber hab ich noch nicht nachgedacht. Er ist mein bester Freund. Hoffentlich kommt er bald nach Hause.«
Wir dachten eine Weile über Ricky nach, während unsere Beine von der Veranda baumelten und die Nacht verstrich.
»Sag mal, Luke. Der Pick-up ist vor
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