Die Farm
war hinter dem Haus bei der Wasserpumpe, trocknete sich Gesicht und Hände und bereitete sich darauf vor, das Abendessen zu kochen. Ich musste laufen, um mit meiner Mutter mitzuhalten.
»Wir müssen zu den Latchers«, sagte sie. »Das Mädchen hat Wehen, und ihre Mutter will, dass du bei der Geburt hilfst.«
»Ach, du liebe Zeit«, sagte Gran, in ihren müden Augen funkelte plötzlich Abenteuerlust. »Dann ist sie also wirklich schwanger.«
»Und wie. Seit über einer Stunde hat sie Wehen.«
Ich hörte angestrengt zu und genoss mein Dabeisein über alle Maßen, als sich plötzlich und aus unerfindlichem Grund beide Frauen mir zuwandten und mich anstarrten. »Luke, geh ins Haus«, sagte meine Mutter ziemlich streng und zeigte mit dem Finger darauf, als ob ich nicht wüsste, wo sich das Haus befand.
»Was hab ich denn getan?«, fragte ich gekränkt.
»Geh«, sagte sie, und ich begann mich zu verdrücken.
Widerrede würde zu nichts führen. Sie nahmen ihre Unterhaltung flüsternd wieder auf, und ich stand auf der hinteren Veranda, als meine Mutter mich rief.
»Luke, lauf auf die Felder und hol deinen Vater! Wir brauchen ihn!«
»Und beeil dich!«, sagte Gran. Die Aussicht, bei einer echten Patientin Doktor spielen zu können, versetzte sie in höchste Erregung. Ich wollte nicht noch einmal auf die Felder und hätte widersprochen, hätte nicht Libby Latcher in diesem Augenblick ein Baby bekommen. Ich sagte »Ja, Ma’am« und rannte an ihnen vorbei.
Mein Vater und Pappy standen auf dem Anhänger und wogen zum letzten Mal an diesem Tag Baumwolle. Es war fast fünf Uhr, und die Spruills hatten sich mit ihren schweren Säcken eingefunden. Die Mexikaner waren nirgendwo zu sehen.
Ich konnte meinen Vater beiseite nehmen und erklärte ihm die Lage. Er sagte etwas zu Pappy, und wir trotteten zurück zum Haus. Gran sammelte Vorräte - Alkohol, Handtücher, Schmerzmittel, Fläschchen mit ekligen Arzneien, die Libby das Gebären vergessen machen würden, und stellte das Arsenal auf dem Küchentisch auf. Nie zuvor hatte sie sich so schnell bewegt. »Wasch dich!«, sagte sie streng zu meinem Vater. »Du wirst uns hinfahren. Es kann eine Weile dauern.« Ich sah ihm an, dass er nicht gerade glücklich war, in diese Sache mit hineingezogen zu werden, aber er würde nicht mit seiner Mutter streiten.
»Ich geh mich auch waschen«, sagte ich.
»Du wirst hier bleiben«, sagte meine Mutter zu mir. Sie stand neben der Spüle und schnitt Tomaten. Pappy und ich würden Reste essen und dazu wie üblich einen Teller mit Gurken und Tomaten.
Sie brachen eilig auf, mein Vater am Steuer, meine Mutter eingezwängt zwischen ihm und Gran, alle drei unterwegs, um Libby zu retten. Ich stand auf der Veranda vor dem Haus und sah ihnen nach. Der Pick-up zog eine Staubwolke hinter sich her, bis er am Fluss langsamer wurde. Nichts hätte ich lieber getan, als mitzufahren.
Zum Abendessen gab es Bohnen und belegte Brötchen.
Pappy hasste Reste. Er war der Meinung, dass die Frauen richtig hätten kochen sollen, bevor sie sich um die Latchers kümmerten, aber er war auch von vornherein dagegen gewesen, den Latchers Gemüse zu bringen.
»Keine Ahnung, warum beide Frauen hinmussten«, brummte er vor sich hin, als er sich setzte. »Sie sind neugierig wie Katzen, stimmt’s, Luke? Konnten es gar nicht erwarten, hinzufahren und das schwangere Mädchen zu sehen.«
»Ja, Sir«, sagte ich.
Er segnete das Essen mit einem schnellen Gebet, dann aßen wir schweigend.
»Gegen wen spielen die Cardinals heute?«, fragte er.
»Gegen die Reds.«
»Willst du Radio hören?«
»Klar.« Wir hörten uns jeden Abend das Spiel an. Was sonst sollten wir tun?
Wir räumten den Tisch ab und stellten die schmutzigen Teller in den Spülstein. Pappy wäre nicht im Traum eingefallen, sie zu spülen; das war Sache der Frauen. Nach Einbruch der Dunkelheit nahmen wir unsere Plätze auf der Veranda ein und warteten auf Harry Caray und die Cardinals. Es war noch immer stickig und schrecklich heiß.
»Wie lange dauert es, bis ein Baby auf der Welt ist?«, fragte ich.
»Hängt davon ab«, sagte Pappy auf der Schaukel. Mehr sagte er nicht, und nachdem ich lange genug gewartet hatte, fragte ich:
»Hängt wovon ab?«
»Ach, von ‘ner Menge Dinge. Manche Babys kommen einfach raus, andere brauchen Tage.«
»Wie lange habe ich gebraucht?«
Er dachte einen Augenblick nach. »Kann mich nicht mehr erinnern. Das erste Kind braucht meistens lange.«
»Warst du dabei?«
»Nee. Ich
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