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Die Fastnachtsbeichte

Die Fastnachtsbeichte

Titel: Die Fastnachtsbeichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Zuckmayer
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Patrouille, da ging’s einem schon ein bißchen besser‹, aber wie
sie dann ins Gefecht gekommen sind, bei Wahdi Askrah, mit einem Trupp
aufständischer Berber, da hat er die Nase längst voll gehabt. Beim ersten Schuß
ließ er sich in den Sand fallen, und so blieb er liegen, bewegungslos, Gesicht
in den vorgerutschten Tropenhelm gedrückt, so daß er grad atmen konnte, Gott
sei Dank war’s spät am Tag, sonst hätt er die Sonne nicht ausgehalten. Sein
Bataillon hatte die angreifenden Berber zurückgeschlagen und in die Wüste hinaus
verfolgt, so daß er dann plötzlich ganz allein gewesen ist, mit denen, die
wirklich tot waren. Ein paar Verwundete hatten die Sanitäter weggeschleppt —
aber die sich nicht mehr bewegten, die hatte man erst mal liegen lassen. ›Da
hab ich mich dann gewagt‹, erzählte der Ferdinand, ›den Kopf aufzuheben, und
nach meinem Kameraden Bernard auszuschauen, das war mein einziger Freund in der
Legion, und mit dem hatte ich ausgemacht, daß wir’s beide zugleich so machen
würden, und uns dann gegenseitig helfen bei der Flucht — denn ein Mann allein,
der ist schon so gut wie verloren. Der Bernard, das war ein Belgier, aus der
Hafenstadt Antwerpen, und hatte in Paris bei einem Bankraub mitgemacht — mit
seinem wirklichen Namen hieß er Florian —, der lag denn auch ganz in meiner
Nähe, aber als ich hinkroch und ihn an der Schulter packte und ihm zuflüsterte,
es sei jetzt alles klar und wir müßten rasch türmen, da regte der sich nicht,
und wie ich seinen Kopf hob, sah ich, den hatte es wirklich erwischt. So ein
Dum-Dum hatte ihn seitlich ins Gesicht getroffen, und die Hälfte weggerissen,
er war fast nicht mehr zu kennen. Da sagte ich mir, dem armen Kerl kann ich
doch nicht mehr helfen. Aber vielleicht hilft er mir! In so einem Augenblick,
da denkt man rasch, oder man denkt vielleicht gar nicht, sondern tut was, von
selbst, wie der Hase, wenn er den Haken schlägt, um sich zu retten. Ich hab
schon gesagt, daß der bei einem Bankraub dabei war, bei dem ein Kassier
erschossen wurde, sie hatten seine Komplizen geschnappt, aber er war mit seinem
Anteil durchgekommen und zunächst mal bei der Legion untergetaucht. Denn mit
dem Geld konnte er dazuland nichts machen, weil die Nummern der
Tausendfrancs-Scheine polizeilich notiert waren. Er trug es immer in seinem
Rockfutter eingenäht — zu Banken und Safes hatte er kein Vertrauen mehr... Da
hab ich sein Soldbuch und seine Erkennungsmarke genommen und mit meinen
vertauscht, und das Geld auch aus seinem Rockfutter, denn ihm nutzte das ja
nichts mehr, und mit dem Gesicht, da hatte ich nicht viel Arbeit, das meiste
hatten die Berber mit ihrem Dum-Dum getan, und dann konnte man ihn gar nicht
mehr erkennen. Ich mußte das machen, so eklig mir das war — denn der eine oder
andere der Legionäre hatte mich gewiß bei der ersten Salve hinstürzen sehen, und
wenn sie die unkenntliche Leiche mit meinen Sachen finden und es heißt, der
Bäumler ist tot, dann wird auch keine Fahndung mit dem Bäumler seinem
Signalement erlassen. Wenn sie aber auf die Idee kommen, er könnte getürmt
sein, dann hetzen sie die Kamelreiter und die Chausseurs hinterdrein. Denn
weißt du‹, sagte der Ferdinand, ›ich steckte ja jetzt, wie man so sagt,
zwischen Tod und Teufel. Wenn dich die Berber erwischen, die schneiden dir das
Gemächte ab und stechen dir die Augen aus und dann lassen sie dich los und
weiden sich dran, wie du dich im heißen Sand zu Tode zappelst. Und wenn die
Legion dich erwischt, als Deserteur, dann geben sie dir acht Tage Salzhering
und keinen Tropfen Wasser, bevor sie dich an die Wand stellen, die Prügel und
Bauchtritte bei der Einlieferung nicht gerechnet. Das sind‹, sagte er, ›so
Nuancen. Aber wenn man da durch ist und raus — dann weiß man, was man von
seinen Mitmenschen zu erwarten hat, nämlich nichts Gutes, wenn man nicht
versteht, sie dummzumachen und unterzukriegen. Du trittst, oder du wirst
getreten, obwohl es manchmal fast gleich weh tut...
    Dann‹, fuhr der Ferdinand fort, nachdem
er ein Bier geleert hatte, ›habe ich allen Toten ihre Lebensmittelration und
ihre Feldflaschen abgenommen, wir hatten kurz vorher am Brunnen des Wahdi
frisch gefüllt, denn ich konnte mich natürlich an einer Oase oder Zisterne
nicht sehen lassen und hatte große Angst vorm Verdursten und überhaupt vor dem
Marsch durch die Wüste, ganz allein. Aber ich hatte Dusel. Am zweiten Tag traf
ich auf eine kleine Karawane, zum Teil Italiener, die mit

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