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Die Fastnachtsnarren. Humoresken

Die Fastnachtsnarren. Humoresken

Titel: Die Fastnachtsnarren. Humoresken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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ich nicht was daraus werden kann!«
    Das feurige Getränk hat ihm eine ganz ungewöhnliche Spannkraft verliehen; er kommt über die nächsten Schneewehen hinweg, er weiß gar nicht wie, und hat die nächste Ecke in der Hälfte der gewöhnlichen Zeit erreicht. Hier steht er vor einer Destillation und Liqueurfabrik, deren Besitzer ihm ganz besonders wohl will. Der muß natürlich seinen Vers haben.
    »Du – u – u – ut!« klingt es durch die Nacht, und die nun ganz gewiß lauschenden Ohren vernehmen den klassischen Vers:
     
    »Hört Ihr Herrn, und laßt Euch sagen,
    Die Glocke, die hat Zehn geschlagen.
    Bewahrt das Feuer und das Licht
    Und vergeßt dabei den Grundmann nicht!
    Ein Schneider kann kein Rothschild sein,
    Drum schenkt mir Einen gratis ein!«
     
    Kaum ist der Vers beendet, so wird er in das Haus gerufen in aller Liebe und Freundschaft gezwungen, alle möglichen Liqueursorten zu kosten, von denen eine immer besser schmeckt als die andere. Obgleich er ganz und gar kein Trinker ist, bedarf es doch keiner großen Anstrengung, den süßen Inhalt der Gläser zu bewältigen, und für den Augenblick ist ihm auch ganz wohl dabei; aber als er wieder auf die Straße tritt, wo Schnee und Kälte ihm entgegenschlagen, da wird es ihm so altconservativ zu Muthe, daß er sich am liebsten gleich auf die Thürschwelle setzen und Denkübungen halten möchte. Aber er stampft trotzdem die Straße hinab bis an den Marktplatz, wo er vor dem Rathhause seine Kunst von Neuem zu zeigen hat. Im Rathskeller sitzen die Honorationen der Stadt, und die wollen natürlich etwas Gediegenes hören.
    »Du – u – u – ut!« klingt es zum vierten Male.
     
    »Sobald es Zehn geschlagen hat,
    Versammeln sich die Herrn der Stadt.
    Sie sinnen hin, sie sinnen her,
    Es spricht bald Dieser und bald Der,
    Und ist das Sinnen und Reden aus,
    So gehen sie so klug wie zuvor nach Haus.«
     
    Das ist allerdings eine sehr gewagte Ehrenerweisung; aber er kennt seine Leute und tritt getrost und guten Muthes in das Zimmer, wo ihm von allen Seiten lachende Vorwürfe entgegenschallen und volle Gläser unter die Nase gehalten werden. Punsch, Negus, Glühwein, Rother und Blanker von zehn, zwölf Sorten, Bayrisch-, Lager-und Zuckerbier, Schlummersaft und Hoppelpoppel, Berliner Weiße und Döllnitzer Gose, erst kürzlich in Breitenfeld acclimatisirt, kurz alles mögliche Trinkbare, was grad bei der Hand ist, zeigt eine Inclination für den Nachtwächter, welcher ihr unmöglich widerstehen kann. Er trinkt und schlürft und trinkt bis er nicht mehr kann, hält ganze, halbe und Viertels-Gratulationen, und als er endlich zu seinem größten Erstaunen bemerkt, daß die Anwesenden alle um ihn herum zu tanzen beginnen, hält er sich zu solid für so eine ungewöhnliche Ausgelassenheit und macht sich kopfschüttelnd von dannen.
    Draußen aber wird es nicht besser, sondern nur noch schlimmer. Es ist ihm gar nicht wie Neujahr, sondern gradezu fastnachtsmäßig zu Muthe; die Schneeflocken wirbeln ihm wie glühende Flammen und Funken vor den Augen; die Mütze wird ihm schwerer und immer schwerer, daß er sie kaum zu ertragen vermag, und an den Füßen hat er das Gefühl, als zöge er zentnerschwere Gewichte hinter sich her.
    Aber die Pflicht ruft; vorwärts, bis zum Hotel de Sellerie, wo die Gäste sicher schon längst auf ihren Vers gewartet haben!
    Er watet und stolpert weiter; der Weg wird ihm so lang, als habe er sich von Amsterdam bis Petersburg durchzuarbeiten; aber doch endlich verkündet ihm das Mückenlicht der berühmten einzigen Laterne, daß er sich der Breitenfelder Omnibusstation nähere. Hochaufathmend greift er zum Horne und setzt es an; aber trotz aller Anstrengung will kein Ton sich hören lassen; er bläst und bläst, daß ihm die Backen schmerzen, aber vergebens; es muß am Mundloche Etwas passirt sein, und darum schiebt er sich bis unter die Laterne, um das Ding zu untersuchen.
    »Sapperlot,« brummt er da ganz erstaunt; »so Etwas ist mir auch noch nicht passirt, daß ich von hinten in die alte Dute blase!«
    Er dreht das Horn herum und setzt es richtig an, dennoch aber will es ihm nicht gelingen, den allbekannten Stundenseufzer hervorzubringen. Dazu ist ihm alles Gleichgewicht verloren gegangen; die Beine gehen trotz der schweren Stiefel unaufhörlich im Viersiebenteltackt, und die Augenlieder scheinen ihm bis auf den Pelzkragen herunter zu hängen. So kurios ist es ihm noch niemals weder im Magen noch im Kopfe oder sonst irgendwo gewesen, und er

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