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Die Fastnachtsnarren. Humoresken

Die Fastnachtsnarren. Humoresken

Titel: Die Fastnachtsnarren. Humoresken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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welcher der Nordhäuser ein wahrhaft überwältigendes Exempel statuirt hat, und endlich steht er da, fährt mit den Füßen in die Schuhe, wirft einen prüfenden Blick nach dem braungeräucherten Zifferblatt und bringt sich darauf mit einem einzigen Schritte seiner Stacketenbeine bis vor die »Röhre,« aus welcher er die Mokkakanne zieht, um sich der lieben Cigorie mit einem solchen Eifer hinzugeben, daß er dem erquickenden Inhalte der Kanne gar bald auf den Grund gekommen ist. Darauf erhebt er sich, um seine Wächtergarderobe anzulegen und dabei aus dem steifen Panzer zu fahren, der seine Vorderseite kugeldicht in Verwahrung nimmt. Diese räthselhafte Schildkrötenschale ist nämlich früher einmal eine blaue Leinwandschürze gewesen; da aber die Hausfrau mit dem Ausbessern der Löcher zu viel Zeit versäumt, so ist der praktische Tischlermeister auf den glücklichen Gedanken gekommen, sich selbst zu helfen und die Flickflecken gleich aufzuleimen. Aus diesem Grunde durfte die Schürze niemals einer Wäsche unterworfen werden, was der Nachtwächterin allerdings nicht unangenehm war, und so kam Flecken immer wieder auf Flecken, bis ein Harnisch fertig wurde, den die Franzosen anno Siebzig getrost einer ihrer Panzerlocomotiven hätten umhängen können.
    »Wo ist denn eigentlich der Fritz?«
    »Frage ihn selbst! Mir sagt er Nichts wenn er fortgeht.«
    »Ja, der Junge fängt an, uns über den Kopf zu wachsen. Denke dir nur, er will von der Nachtwächterei Nichts wissen! Das hat er mir heut Nachmittage gradezu ins Gesicht gesagt.«
    »Mir wär’s schon recht!«
    »Was?! Fast dreihundert Jahre lang ist das Amt in unsrer Familie vom Vater auf den Sohn übergegangen; wir sind stolz darauf gewesen, haben Ehre und Nutzen davon gehabt, und nun soll das Alles auf einmal alle sein? Daraus wird Nichts! Der Fritz wird Nachtwächter; ich wills, der Bürgermeister wills, die ganze Gemeinde wills!«
    »Aber er selber wills nicht, und darauf kommt es doch wohl am Meisten an.«
    »Oho, der wird gar nicht gefragt! Das wär mir eine Geschichte, wenn das schöne Amt an einen Andern kommen sollte, und Niemand hätte ein solches Gaudium darüber wie der Grundmann in Breitenfeld! Wenn ich Dem sein schadenfrohes Gesicht zu sehen bekäme, müßte ich mich im Grabe umdrehen. Der Kerl kennt schon so kein größeres Vergnügen, als uns schlecht zu machen; er ist der Allerschlimmste in dem dummen Neste da drüben, wo Einer immer eingebildeter ist als der Andre, und weil er zuweilen einen nichtsnutzigen Reim zusammenschmiedet, den er vor den Fenstern singt, so hält er sich für einen großen Ingenius. Der platzt ganz gewiß noch vor lauter Hochmuth mitten entzwei; er ist ja dick genug dazu, der Schmeersack, der Hornduter, der Verseschneider, der Dichterich!«
    »Da mache es doch grade so wie er! Ein hübscher Reim, der auf die Leute paßt, bringt allemal ein Trinkgeld; und das können wir gebrauchen, wenn unser jetziges Hundert bald voll werden soll.«
    »Du hast gut reden! Wo soll ich denn die Reime hernehmen? Etwa aus den Hobelspähnen, he? Als der neue Pastor eingezogen war, da wollte ich einen machen, der fing an:
     
    ›Der Pastor steht nun in der Kirche
    Und predigt auf der Kanzel;‹
     
    so weit habe ich ihn fertig gebracht; aber ich habe kein einziges Wort gefunden, was sich auf die Kirche reimt, und auf die Kanzel giebt es erst recht keins. Ich bin von dem vielen Nachdenken ganz confus im Kopfe geworden und habe mir gleich vorgenommen, nie wieder einen Reim anzufangen.«
    »Das ist Dir schon recht! Wenn Du mir nur ein Wort davon gesagt hättest, so wäre das Gedicht fertig geworden. Meiner Mutter ihrem Schwager sein Pathe ist Schulmeister gewesen, und da kannst Du Dir wohl denken, daß ich auch nicht auf die Nase gefallen bin!«
    »Du? Na, den Reim hätte ich sehen mögen!«
    »Was, du willst es nicht glauben? Warte, ich will es Dir beweisen! Kirche – Kanzel – Kirche – Kanzel – Nachbars Jürge – Richters Hansel – Na, was sagst du jetzt?«
    »Alle Wetter, Alte; du bist wirklich nicht ganz so dumm, wie ich immer gedacht habe! Nun ist mir auf einmal geholfen, und der Grundmann soll sich todt ärgern. Hanne, gleich morgen geht es los: Du machst die Reime, und ich singe sie; aber die Leute müssen denken, daß ich sie selber gemacht habe. Jetzt soll mir der Fritz erst recht Nachtwächter werden; es ist ja immer mein bester Triumph gewesen, daß es mit den Grundmanns nun aus ist, bei ihnen giebt es keinen Jungen, sondern blos

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