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Die Fastnachtsnarren. Humoresken

Die Fastnachtsnarren. Humoresken

Titel: Die Fastnachtsnarren. Humoresken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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eigentlich heute mit Deiner Karte?« fragte der neugierige Hausherr. »Gleich als Du aufstandest, bist Du nach der Karte gelaufen, und nun hat den ganzen, lieben Tag das Teufelsbuch regiert. Hilf mir doch lieber hier beim Zupfen, damit ich fertig werde. Um Acht müssen wir im Casino sein, sonst giebt’s zehn Pfennige Strafe!«
    »Teufelsbuch?« Sie warf ihm einen strafenden und zugleich unendlich mitleidigen Blick zu, nahm die Blätter zusammen, mischte sie und legte von Neuem auf. »Fünf – sechs – sieben – acht –; Ober, König, Unter, Schellen-Daus! Nein, ist das merkwürdig; immer wieder das Schellen-Daus! Das bedeutet entweder Ohrfeigen, oder Geld, viel Geld.«
    »Ja, Ohrfeigen, die wir bekommen, und Geld, das wir bezahlen müssen!«
    »Sei still; Du machst mich irr!«
    »Du mich auch! So eine feine Charpie will mit Andacht gezupft sein, und bei Deinem Gelde oder Ohrfeigen mag der Kuckuk andächtig bleiben! Gebrauchen könnten wir es schon, das Geld nämlich. Morgen über acht Tage ist die Hypothek hinauszuzahlen, und ich weiß meiner Angst kein Ende.«
    »Neun – zehn – elf – zwölf –« tönte es ruhig weiter; »Unter, Zehn, König, Schellen-Daus! Epperlein, nun sage mir einmal, ob dies nicht im höchsten Grade merkwürdig ist! Entweder Ohrfeigen, oder Geld, vielleicht auch Beides zugleich; die Karte trifft zu!«
    »So nehme ich das Geld; was übrig bleibt, magst Du für Dich behalten. Aber nicht unter fünfhundert Thaler darf es sein, sonst ist mir nichts damit gedient. Hätte ich das Geld doch damals von sonst wem genommen, nur nicht vom alten Leiermüller! Nun hat sein Sohn, der Dummkopf, ausstudirt, kommt als Arzt nach Schindelberg, sieht mich über die Achsel an, weil ich bloß Chirurgus bin, und kündigt mir endlich gar das Capital, um mich vor Aerger aus der Haut zu bringen. Er weiß gar wohl, daß jetzt in diesen schlechten Zeiten kein Geld zu haben ist; er hat selber keins, denn was verdient er denn, he? Die paar Patienten, die er gehabt hat, sind von ihm glücklich hinaus auf den Gottesacker geleiermüllert worden; nun hat Niemand mehr Vertrauen zu ihm, und wenn er nicht vor Hunger pfeifen will, muß er in meine Hypothek beißen.«
    »Aergere Dich nicht, Epperlein; es kommt Geld!«
    »Woher soll’s denn kommen?«
    »Hier liegt das Schellen-Daus. Es kommt Geld, und dabei bleibt’s!«
    »Laß Dich nicht auslachen, Lieschen! Oder meinst Du etwa, daß es diesen Winter Ducaten graupeln werde? Ja, wenn ich dem sel’gen Onkel seine Ducaten hätte, da wäre uns geholfen! Hast Du denn gar keine Ahnung, wo er sie hingesteckt hat?«
    »Das ist’s ja eben, Epperlein. Es hat mir von dem Gelde geträumt, darum suche ich in der Karte!«
    »Geträumt?« rief der Chirurgus und fuhr vom Stuhle empor, daß die Charpie in alle Winde flog. »Geträumt hat Dir’s? Gott sei Dank, endlich, endlich einmal! Ich habe den Garten umgegraben, den Keller aufgewühlt, den Schornstein eingerissen, alle Kisten und Kasten durchstöbert, aber nichts gefunden und meine letzte Hoffnung darauf gesetzt, daß mir’s einmal träumen werde, wo der Schatz vergraben liegt. Erzähl’s, Lieschen, erzähl’s!«
    »Mir träumte, der sel’ge Onkel, der sein Vermögen vor den Franzosen versteckt hat und dann an dem Lazarethfieber gestorben ist, ohne das Geheimniß aufzuklären, erschien mir und sagte:
    ›Weißt Du, Lieschen, wo ich meine Ducaten hingethan habe?‹
    ›Wohin denn?‹ fragte ich ihn.
    ›Komm, ich will Dir’s zeigen!‹
    Er führte mich die Treppe herauf und hier herein in diese Stube. Als wir eintraten, saß der Köhlerheinrich mit der Gustel auf dem Kanapee. Sie hatten sich beim Kopfe und waren ganz erschrocken, daß wir sie überraschten. Der sel’ge Onkel schüttelte mit dem Kopfe.
    ›Lieschen,‹ sagte er, ›ich kann Dir den Ort nicht zeigen, weil Du nicht allein bist!‹ Und damit war er verschwunden.«
    »Himmeltausendsapperlot!« rief Epperlein; »hat der Kerl wieder hier gesessen, und gerade zu einer Zeit, wo wir zu unserem Gelde kommen sollten! Nun ist’s wieder futsch, reineweg futsch; ich könnte ihn zerreißen, erschlagen, vergiften, erschießen, zer – zer – zer –, na, laß Dich nur wieder sehen, Halunke, nachher ist Dir Dein Brod gebacken! Ich schlag’ Dir Dein Köhler’s Universalpflaster um die Ohren, daß Deine Alte drei Monate lang an den Beulen zu verspinden, zu versprechen und zu versehnen hat! Was hast Du denn gemeint zu den Beiden?«
    »Ich habe sie ganz gehörig dran genommen.

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