Die Fastnachtsnarren. Humoresken
steht!«
Auf ihre weiteren Einwände nicht achtend, nahm er die Wasserkannen, um mit Hilfe der im Hofe befindlichen Pumpe den Ständer zu füllen. Die Geliebte war indessen dankbar für ihn besorgt, und als er sein Werk beendet hatte, sah er den Tisch gedeckt. Appetitlich mit der Zunge schnalzend, nahm er Platz.
»Das ist ja der reine Hochzeits-oder Kindtaufsschmauß, Gustel! Wenn die Herrschaften wüßten, daß ich hier sitze – horch, war nicht etwas unten an der Hausthür?«
Sie lauschten. Wirklich wurde die Hausthür von innen verschlossen. Das Mädchen sprang erschrocken empor.
»Heinrich, die Herrschaft ist wieder da! Hilf Himmel, was machen wir?«
»Ich steck’ mich in die Schlafstube.«
»Da finden sie Dich nachher!«
»Ich reiß’ aus, die Treppe hinunter.«
»Da läufst Du ihnen ja entgegen!«
»Ich kriech’ unter das Kanapee.«
»Das ist zu niedrig. Mach’ rasch, sie kommen schon!«
»Lösch’ das Licht aus und verstecke das Essen, Gustel. Ich steig’ zum Fenster hinaus auf das Blumenbret. Wenn sie zu Bette sind, lässest Du mich wieder herein!«
Während die Beiden wie zwei gefangene Mäuse in der Falle im Zimmer herumschossen, schob sich die Frau Chirurgus und Stadträthin Epperlein langsam die Treppe empor. Ihr Männlein folgte.
»Puh, Lieschen, bin ich froh, in diesem Heidenwetter wieder unter Dach und Fach zu sein! Es ist kein Wunder, daß keine Menschenseele im Casino zu finden war.«
»Konntest auch so gescheid sein wie sie und zu Hause bleiben, Epperlein. Aber wegen der zehn Pfennige Strafgeld schleppst Du mich lieber nach Sibirien oder gar unter die Zuaven und Turkos, wo der Schnee drei Kirchthürme hoch liegt. Hast Du die Stubenthür?«
»Ja. Komm herein!«
»Finster? Es war doch soeben noch Licht im Zimmer!«
»Das Mädchen wird g’rad schlafen gegangen sein. Mach’ in der Küche Licht, Lieschen; ich kriech’ in meinen Großvaterstuhl!«
Er tappte sich nach dem Ofen, wendete der bekannten Ecke hinter demselben die Kehrseite seines durchfrorenen Körpers zu und ließ sich mit jener Gewichtigkeit fallen, mit welcher man so gern in weiche Kissen sinkt.
»Ah – oh – u – u – uuuuuuh – au – au – iiiiiih! Li– Li– Li– Lieschen, Hi– Hi– Hi– Hiiiiilfe, ich verbrenne, ich ersticke, ich erfriere, ich ersau– sau– saufe!«
»Herr mein Heiland, was ist denn los, Epperlein?« rief es in der Küche.
»Ich – ich – ich – oooh, brrrr, ich – ich kann nicht heraus!«
Der Wasserständer war unten weiter als oben, und der kleine schmächtige Mann war mit demjenigen Körpertheile, in welchem gewöhnlich die wenigsten juristischen Kenntnisse stecken, so tief hineingerathen, daß derselbe fast den Boden berührte und nur die Hände und Füße und das sprudelnde Gesicht sich über dem Wasser befanden. In dieser gymnastischen Stellung fühlte er sich vollständig widerstandslos dem kalten und gefährlichen Elemente preisgegeben, welches ihm schon bis an den Mund ging und, da er immer tiefer sank, die fürchterlichste Angst in ihm erweckte.
»Nicht heraus? Von wo denn?«
»Von – von – ich weiß es selber nicht. Komm, Lieschen, komm schnell, sonst bin ich verloren!«
Jetzt hatte sie die Lampe ins Brennen gebracht und kam herbei.
»Mein Himmel, was ist denn das? Da schwimmt ja die ganze Stube! Und Du, wo bist Du denn, Epperlein? Du bist ja – ah – oh – hahihihi, hahi, hahi, hahihihiiiih!«
Das Wasser war natürlich übergelaufen und glitzerte im Scheine der Lampe über den ganzen Fußboden hin. Die dicke Frau hatte erst Miene gemacht, über diese Sündflut die Hände über dem Kopfe zusammenzuschlagen, wurde aber durch den unwiderstehlich komischen Anblick, welchen ihr verunglückter Gatte bot, daran verhindert: sie stemmte vielmehr die Hände in die Seiten und brach in ein Gelächter aus, welches fast krampfartig zu nennen war und sogar den Mops aus seinem Phlegma erweckte. Er erhob sich in der Sophaecke und gab sich die erdenklichste Mühe, seiner Herrin durch die unbeschreiblichsten Töne und Geberden zu secundiren.
»Halt’s Maul, Mops, der Du bist!« rief der Versinkende wüthend. »Lieschen, mein liebes, süßes Lieschen, hilf mir heraus; ich kann’s nicht selber erzwingen!«
Sie schürzte das Kleid höher und watete bis zu ihm hin, wo sie unter fortwährendem Lachen ihm behilflich war, dem Bade zu entsteigen.
»Zieh’, Lieschen, zieh’, immer zieh’! So, so! O, oh, oooh! Ich bin erfroren; ich bin durchweicht wie ein Schwamm; ich
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