Die Fastnachtsnarren. Humoresken
nicht. Ich’ bleib daheim!«
»Und Zuckergurken und –«
»Ich laß mich nicht begurken; ich bleib daheim!«
»Und – und – ja so, heute hatten wir Wickelklöße, da ist eine ganze Schüssel voll übrig geblieben.«
»Wickelklöße? Die habe ich seit einem halben Jahre nicht gegessen. Hm! Sind sie gut?«
»Das will ich meinen! Die Frau hat sie selber gemacht, und die spart die Eier und Butter nicht.«
»Könntest sie uns doch lieber herüberbringen!«
»Das ist nicht nothwendig. Für die Mutter habe ich schon hier etwas –« sie legte ein fettdurchtränktes Packet auf den Tisch – »und Du kannst schon zu mir kommen, wenn Du Dir eine Güte thun willst!«
»Ja, wenn man nur wüßte, daß wirklich nichts passirt! Ich denke aber, der Epperlein ist im Wasserständer mißtrauisch geworden.«
»Na, Heinrich, diese Flut vergeß ich all’ mein Lebelang nicht; Du mußt auch auf den sonderbaren Gedanken kommen, den Ständer hinter den Ofen zu schaffen! Aber wenn auch! Die Herrschaft traut uns ganz bestimmt den Muth nicht zu, schon heute wieder beisammen zu sein. Willst Du die Wickelköße oder nicht?«
»J nu, wenn sie wirklich so gut sind, so kann man schon etwas wagen. Setz’ also das Licht wieder an das Fenster, wenn sie fort sind; ich komme!«
Er begleitete die Geliebte bis hinunter vor die Hausthür, wo der übliche Abschied gefeiert wurde; dann eilte sie von dannen, um nicht etwa vermißt zu werden.
Drüben saß der Herr Stadtrath und Chirurgus Epperlein im Großvaterstuhle und fing fürchterliche Grillen; zum Charpiezupfen fehlte ihm heute die Geduld, denn morgen war der gefürchtete Zahltag, und alle seine Bemühungen, die fünfhundert Thaler geborgt zu erhalten, hatten zu keinem bestimmten Resultate geführt. Auch die dicke Hausfrau saß mit sorgenvollem Gesichte am Tische und – legte sich die Karte.
»Sieben – Acht – Neun – Zehn – Unter – Ober – König – grün Unter! Hm, das ist der Gerichtsbote; das bedeutet entweder Auspfändung oder sonst Schaden im Meublement! Das Schellen-Daus läßt sich nicht mehr sehen.«
»Hat Dir’s nicht wieder geträumt, Lieschen?«
»Nein; die ganze lange Woche nicht. Ein Traum ist auch ganz unmöglich; die Hypothek läßt Einen ja gar nicht schlafen!«
»Ja, ja; ich bin gelaufen, daß mir die Beine brennen, aber Geld habe ich nicht bekommen. Heute noch war ich beim Stadtcassirer, der will es möglich zu machen suchen, mir die Summe wenigstens einstweilen vorzuschießen; im Casino nachher soll ich Bescheid erhalten. Ob er es kann, ist auch noch sehr die Frage; aber den Leiermüller, den mag ich nicht um Nachsicht bitten, und wenn ich die Hypothek vom Monde herunterreißen soll. Herein!«
Es hatte geklopft. Auf den Ruf Epperlein’s öffnete sich die Thür, und ein junger, stutzerhaft gekleideter Mann, den Klemmer auf der Nase, trat ein. Es war der gefürchtete Gläubiger, welcher kam, um auf eine feine Weise den Chirurgus an seine bald zu erfüllende Pflicht zu erinnern.
»Ich komme in einer Berufsangelegenheit, Herr College,« entschuldigte er sich, nachdem er unter höflichem Complimente Platz genommen hatte. »Sind Sie morgen Vormittag auf ein halbes Stündchen disponibel?«
»Es ist möglich, Herr Doctor. Womit kann ich dienen?«
»Ich habe eine Operation vor, bei welcher ich um Ihre Unterstützung bitten möchte.«
»Gern, sehr gern, mein bester Herr College!« stimmte Epperlein mit freudig glänzendem Gesichte bei. Eine gefährliche Operation, die der neue Arzt ohne seine Hilfe nicht zu vollbringen sich getraute, das war Balsam für sein leicht erregtes Ehrgefühl. »Darf ich fragen, welcher Fall vorliegt?«
»Ein sehr gewöhnlicher, bei dem ich Ihre Gegenwart nur wünsche, um Ihnen zu zeigen, wie leicht und präcis die neue Schule arbeitet. Es ist eine einfache Schieloperation, die ich auch ohne Hilfe in fünf Minuten vollende. Sie sollen die Güte haben, mir den Patienten zu halten.«
»Wa – wa – wa – was? Den Patienten halten?« rief Epperlein aufspringend. Diese Bemerkung hatte ihn sofort wieder aus allen seinen Himmeln gerissen. Das war ja eine Zumuthung, die gar nicht beleidigender sein konnte! »Sie haben sich wohl versprochen, Herr Doctor. Ein Chirurgus von meiner Erfahrung und Sicherheit kann einer Operation nur mit dem Instrumente in der Hand beiwohnen!«
»Nein, mein Bester, versprochen habe ich mich nicht. Meine Instrumente sind gut, und ich besitze auch Ruhe und Uebung genug, um sie erfolgreich anwenden zu
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