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Die Fastnachtsnarren. Humoresken

Die Fastnachtsnarren. Humoresken

Titel: Die Fastnachtsnarren. Humoresken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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laufe auseinander wie Zwieback im Kaffee; ich – ich – ich weiß selber nicht, wie unbeschreiblich elend und schändlich mir zu Muthe ist. Gustel, Gustel, wo ist denn die Gu– Gu– Gustel!«
    Das Mädchen war vorhin in der Dunkelheit aus dem Zimmer entwischt. Sie hörte wohl den dröhnenden Ruf, fürchtete sich aber, ihm Folge zu leisten.
    »Die schläft wie eine Ratte. Na, komm nur herunter! Dir will ich lehren, den Großvaterstuhl mit dem Wasserständer umzuwechseln! Schaff’ mich in die Kammer, Lieschen; zieh’ mich aus; ich kann kein Glied bewegen, und koch’ mir Lindenblütenthee!«
    Er hing sich an ihren Arm und stieg mit hoch erhobenen Beinen durch die Flut. Der Schein des Lichtes fiel jetzt auf das in der Eile halb offen gelassene Fenster, und die Gestalt des draußen auf dem Blumenbrete hockenden Liebhabers war deutlich zu erkennen.
    »Herr Gott, Epperlein,« schrie die erschrockene Stadträthin, »das ist ein Gespenst! Alle guten Geister lo –«
    »Gespenst? Ein Gespenst? Fällt gar Niemandem ein. Halte einmal die Lampe hoch!«
    Vor Frost an allen Gliedern zitternd, trat er zum Fenster und nahm die vom Schnee überstöberte Gestalt in Augenschein.
    »Wer – wie – was – wo – ich glaube gar, das ist – da klebt das Köhler’s Universalpflaster! Ich konnte mir doch gleich denken, daß der Urian dabei ist, wenn’s im Hause hier eine Teufelei giebt. Die Stube schwimmt, der Tisch ist gedeckt, und vor dem Fenster – na warte, Bursche, Du sitzest mir gerade recht. Du hast Dich in die Universalpatsche gebracht; sieh, wie Du wieder herauskommst!«
    Er schob das Fenster zu, drehte den Wirbel vor und stieg zähneklappernd nach dem Schlafzimmer.
    »Also Lindenblütenthee, Lieschen, vor allen Dingen Lindenblütenthee, und dann mag die Gustel, das saubere Kind, die Ueberschwemmung auftrocknen. Aber das Fenster bleibt zu, hörst Du? Gericht werde ich morgen halten. Ihr sollt an den Epperlein denken, Ihr Pflastervolk, Ihr Schmierpack, Ihr Universalköhlergesellschaft!«
     
    Heinrich saß am Tische und studirte eifrig in dem alten »Kräuterbuche des berühmten und wundersam gelehrten Herrn
Dr.
Johannes Mattheoli, Stadtarzt und Kreisphysicus der guten Stadt Regensburg, gedruckt und mit vielen schönen Bildern versehen im Jahre
p. Chr. nat.
1605«. Die Mutter hockte vor dem riesigen und hitzesprühenden Kachelofen und rührte eifrig in einem mächtigen Topfe, welchem ein Geruch entstieg, der nicht leicht mit dem Dufte von
Eau de mille fleurs
zu verwechseln war. Ihr seliger Mann war Feldscheer gewesen und hatte den Seinigen nichts hinterlassen, als das Kräuterbuch und das Recept zu dem Pflaster, welches sie soeben kochte.
    Da wurde die Thür geöffnet, und Gustel trat ein. Man sah es ihrem vom Laufe gerötheten Gesichte an, daß sie nicht zu einem längeren Besuche, sondern nur auf ein eiliges Huscherchen herübergesprungen war.
    »Guten Abend, Mutter Köhler, guten Abend, Heinrich! Hast wohl heute viel zu thun?«
    »Es ist nicht so schlimm! Warum?«
    »Weil Du ein bischen hinüberkommen könntest. Meine Herrschaft geht wieder ins Casino.«
    »So! Hm, ich danke schön. Die Lust, auf dem Blumenbrete herumzureiten, ist mir vergangen!«
    »Heut’ passirt so etwas nicht wieder. Es ist Neuwahl; da kommen sicher Alle, und vor Nachts zwei oder drei Uhr ist an das Heimgehen gar nicht zu denken.«
    »Und wenn der Kuckuk den Gregorius oder seine dicke Liese reitet, so sind sie wieder halb zehn schon da, und ich kann’s zum zweiten Male versuchen, eiszapfensteif herunter auf die Gasse zu fallen. Nein, nein, ich mach’ nicht mit!«
    »Ich sage Dir, es passirt heute nichts; wir sind ganz sicher, zehnmal sicherer als vor acht Tagen!«
    »Und ich sage Dir, du bekommst mich nicht hinüber, und wenn wir hundertmal sicherer sind! Es möchte noch Alles gehen; der Schreck, das Erfrieren draußen vor dem Fenster und auch der Sprung hinunter in den Schnee; aber daß ich bei all’ der Mühe, die man sich geben muß, um die Gans, den Hasen, die Henne und den Eierkuchen gekommen bin, das ist ärgerlich. Das hat nun Alles der infame Mops gefressen.«
    »Da hast Du schon Recht. Und g’rad wegen des Essens ist mir’s am traurigsten gegangen. Aber ich habe die ganze Woche wieder gespart, und dieses Mal bekommt’s der Mops sicher nicht wieder.«
    »Mir ganz egal! Ich bleib’ zu Hause, und wenn Du eingelegte Bachstelzen hast!«
    »Die habe ich nicht, aber ein Stückchen Trüffelwurst und –«
    »Kenne ich nicht, mag ich auch

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