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Die Fastnachtsnarren. Humoresken

Die Fastnachtsnarren. Humoresken

Titel: Die Fastnachtsnarren. Humoresken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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her; ich mache mich sofort darüber; besser ist besser!«
    »Du willst sie doch nicht etwa gar gleich kalt essen? Da schmecken sie nicht; sie werden aufgewärmt!«
    »So mach’ rasch, sonst kommt der Gregorius und wärmt uns auch mit auf!«
    »Ich bin schon warm; vorhin habe ich sogar vor Wuth gekocht, denn seit die Hypothek im Hause spukt, ist’s gar nicht mehr auszuhalten. Denke Dir nur, der neue Doctor war da!«
    »Der Leiermüller? Das ist kein unrechter Kerl; er läßt die Leute leben. Seit er weiß, daß Dein kleiner Epperlein mein Pflaster nicht leiden kann, giebt er sich die größte Mühe, es unter Dach und Fach zu bringen. Wir haben noch nie so viel davon verkauft wie jetzt, und wenn das so fort geht, so braucht die Mutter keine Sorge um das liebe Leben zu haben.«
    »Ich will es ihr gern gönnen, wenn es nur uns Beiden nicht solchen Schaden machte! Der Leiermüller hat mich nach meiner Hand gefragt und dabei die Salbe getadelt. Da kannst Du Dir denken, wie mir’s gegangen ist. Wenn es nicht anders wird, so zieh’ ich ab. Der Mops hat’s zehnmal besser als ich; heute hat sie ihn sogar mit ins Casino genommen.«
    Sie hatten sich auf das Sopha gesetzt und klagten einander ihre Noth. Darüber verging eine geraume Zeit, und erst als der Kuckuk in der alten Wanduhr die zehnte Stunde rief, wurden sie durch ein lautes Zischen im Ofen an das Zugmittel erinnert, welchem Gustel die Gegenwart des Geliebten zu verdanken hatte.
    »Du, die Wickelklöße brennen ja an! Die prägeln ganz zusammen, und wir sitzen dabei und machen schlechtes Kalenderwetter. Nimm sie heraus; ich habe Hunger!«
    Sie folgte der Aufforderung. Die Schüssel auf den Beinen, den einen Arm um die Taille des Mädchens und in der anderen Hand die Gabel, begann er den Schmaus, hatte aber kaum erst den delicaten Geschmack der Klöße wegbekommen, als es im Schlosse der Hausthür klirrte und vom Flur herauf sich laute Schritte vernehmen ließen. Im Nu sprangen sie auf; die Schüssel flog unter das Sopha, und gerade wie vor acht Tagen fuhren die Ueberraschten ängstlich suchend im Zimmer umher.
    »Das sind Gregoriussens, Gustel! Hab’ ich’s nicht gesagt, daß sie das leibhaftige Unglück wieder vor der Zeit nach Hause führen wird? Wo stecke ich mich hin?«
    »Ich weiß es nicht. Mach’ nur schnell; sie sind schon auf der Treppe!«
    »In die Kammer nicht, unter das Sopha nicht, hinaus aufs Blumenbret um keinen Preis und erst recht nicht; wohin denn? Gustel, ich steck’ mich in den Uhrkasten, weiter giebt’s keine Rettung. Sorge nur dafür, daß sie gleich zu Bette geh’n!«
    Die Uhr war ein altes Familienerbstück und hatte einen Kasten, der lang und breit genug war, die schmächtige Gestalt Heinrich’s zur Noth aufzunehmen. Dieser öffnete die Thür, stellte sich hinein und hörte im nächsten Augenblicke auch schon die Gefürchteten in das Zimmer treten.
    Er befand sich in einer keineswegs beneidenswerthen Lage. Sollte er nicht verrathen werden, so mußte die Uhr fortgehen; er durfte also nicht an den Perpendikel stoßen, welcher hinter ihm an der Wand hin und her ging. Die Gewichte hingen weit hernieder und waren ihm im Wege; er steckte sie also kurz entschlossen in die beiden Hosentaschen, nahm die Ketten in die Hände und zog sie leise an, um die bewegende Last zu ersetzen. Infolge dieser Nothwendigkeiten war er zu einer Haltung verurtheilt, die von Secunde zu Secunde unbequemer und kritischer werden mußte. Der eiserne Haspen, welcher den Kasten mit der Mauer verband, hatte sich gelockert und hielt nicht mehr, deshalb theilte sich jede und auch die geringste Bewegung Heinrich’s dem alten wurmstichigen Gehäuse mit, und er sah sich gezwungen, die Ellbogen fest an die Seitenwände zu stemmen, um sich und sein enges Futteral im Gleichgewichte zu erhalten.
    Unterdessen war die dicke Frau Stadträthin lautlos eingetreten, hatte den Mops auf die Diele und sich auf das Sopha gesetzt und beobachtete mit finsterem Gesichte ihren Herrn Gemahl, welcher zorngeröthet und heftig gesticulirend im Zimmer auf und ab stampfte.
    »Nein, was zu toll ist, ist zu toll! So viel Aerger, wie ich jetzt an einem Tage hinunterschlucken muß, habe ich sonst in fünf Jahren nicht gehabt,« raisonnirte er. »Alles hat sich gegen mich verschworen, Alles, Alles, Alles. Und morgen, wo ich das Geld zu schaffen habe, bin ich blamirt für alle Zeit und Ewigkeit. Der Stadtcassirer soll mir in Zukunft sehr vom Halse bleiben. Erst sperrt er Einem den Mund auf, und dann,

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