Die Fastnachtsnarren. Humoresken
können.«
»So will ich Ihnen einen guten Rath geben, mein sehr verehrter Herr Doctor Leiermüller: Bitten Sie den Fleischermeister Habermann um seinen Lehrjungen, der stets den Schwanz halten muß, wenn eine Ziege gestochen wird. Der liebe Schlingel besitzt eine solche Gewandtheit in diesem Fache, daß er Ihnen bei Ihrer Operation von großem Nutzen sein wird. Bei einem approbirten Chirurgus aber kommen Sie mit Ihrer erstaunlichen Offerte an die falsche Adresse!«
Der junge Aesculap erhob sich und sah ihn lächelnd an.
»Keine Aufregung, Herr College, bitte, keine Aufregung! Ich wollte Ihnen gern meine Bereitwilligkeit zeigen, mich mit einem so erfahrenen Berufsgenossen in gutes Einvernehmen zu setzen, denn ich bin ein Feind aller concurrenzlichen Gehässigkeiten. Doch wie Sie wollen! Jedenfalls aber verzichte ich nicht auf das Vergnügen, Sie morgen zu sehen, wenn auch der Grund Ihres Besuches kein ärztlicher sein wird!«
Er stand schon im Begriffe, sich zu entfernen, als das Dienstmädchen eintrat, um den Tisch zu decken. Sein Auge fiel auf ihre immer noch verbundene Hand.
»Was fehlt Ihnen hier, mein Kind?« fragte er.
»Es ist ein Ab – Ab – Absetz, sagt der Herr,« antwortete sie.
»Absceß, meinen Sie wohl! Wie alt ist er?«
»Ueber acht Tage.«
»Was haben Sie aufgelegt?«
»Der Herr hat mir eine Salbe gegeben.«
»Und das Geschwür ist noch nicht auf?«
»Nein.«
»So taugt die Salbe nichts. Kaufen Sie sich eine Schachtel Köhler’s Universalpflaster; das ist ausgezeichnet für solche Fälle und wird Ihnen rasch Heilung bringen. Ich habe die Ehre, Herr College, Frau Stadtrath, gute Nacht!«
Der gute Chirurgus stand da wie vom Schlage gerührt. So eine Blamage war ihm in seinem ganzen Leben nicht vorgekommen. Als wieder Leben in seine erstarrten Glieder kam, stürzte er sich auf das Mädchen, als wolle er sie packen und zerreißen.
»Wer – wer hat Dir geheißen, ihm Rede zu stehen?« schnaubte er sie an. »Hinaus; ich mag Dich nicht mehr sehen. Hinaus, sage ich, oder Du fährst wie eine Granate durch die Thür!«
Sie gehorchte dem Befehle und brachte ihre bedrohte Person schleunigst in Sicherheit. Epperlein stieg mit so langen Schritten, als ihm seine kurzen Beine nur immer erlaubten, im Zimmer auf und ab.
»Ist das nicht zum Rasendwerden – ist das nicht um aus der Haut zu fahren – ist das nicht geradezu zum Zerplatzen, Lieschen? Kommt mir der Mensch aufs Cabinet gestiegen, muthet mir zu, seinen Schielaffen zu halten, mahnt mich an die Hypothek und rathet sogar dann meinem eigenen Dienstmädchen die Köhler’s Universalquacksalbe! Wäre er nicht so rasch davon gegangen, so hätte ich ihn hinaus geleiermüllert, daß er sich mit einem ganzen Braubottich voll seiner elenden Universalklexerei einschmieren mußte, der Pillendreher, der Pulverstößer, der – der Mixturgimpel der!«
»Beruhige Dich, Epperlein,« meinte die Hausfrau begütigend. »Es hat’s ja Niemand gehört, und er ist ja der Mann gar nicht danach, daß Du Dich über ihn ärgerst!«
»Das ist wahr, sehr wahr, Lieschen. So ein Grünschnabel kann mich eigentlich gar nicht beleidigen; aber über das Mädchen muß ich mich erbosen, das sich herstellt und ihm ganz herrlich Rede und Antwort giebt. Die taugt zu weiter nichts, als zur Liebelei, zum Zimmerschwemmen und zur Speisung von zehntausend Universalhungerleidern. Schaff’ sie mir aus dem Hause, sonst geh’ ich selber!«
Die Stadträthin fühlte sich selbst auch im höchsten Grade erzürnt; aber die Klugheit rieth ihr, ruhig zu scheinen, um den Eheherrn nicht noch mehr aufzuregen. Darum hörte sie seine Interjectionen schweigend an und ging endlich in die Küche, um das Abendbrod selbst zu serviren und so dem Zornigen den Anblick des Mädchens zu ersparen.
»So ist’s recht, Lieschen,« meinte er, als sie dann den Tisch deckte; »sie darf mir gar nicht wieder in die Stube treten. Wir haben mit diesem Menschen die Zeit versäumt und wollen uns nun dazu halten, damit wir ins Casino kommen, sonst sind zehn Pfennige Strafe fällig. Er wird zwar auch dort sein, aber ich kenne ihn gar nicht!«
Das Essen wurde schweigend eingenommen, und ebenso schweigend verließ dann das Paar die Wohnung. Wenige Augenblicke später brannte das Licht am Fenster, und Heinrich erschien, um die Epperlein’schen Wickelklöße einer gründlichen Behandlung zu unterwerfen.
»Gedeckt wird heute nicht,« meinte er; »das ist gefährlich und macht zu viel Umstände. Bring’ die Schüssel
Weitere Kostenlose Bücher