Die Fastnachtsnarren. Humoresken
gewaltsam auf die Annahme der Bezahlung dringe. Und als Beweis uns’rer bereitwilligen Verzeihung mag der Entschluß dienen, vom ›römischen Kaiser‹ abzusehen und, wie es allerdings ausgemacht war, hier bei Euch zu spielen. Seid Ihr so zufrieden?«
»Vollständig, Herr Director!«
Der Genannte schob die Papiere mit huldvoller Miene in die Tasche zurück, und meinte dann:
»Was ist denn das für ein Proceß, an dem Ihr laborirt?«
»Ja, zu welcher Sorte von Processen er gehört, das weiß ich eigentlich selbst nicht. Als ich die ›drei Schwanen‹ von dem Bismark kaufte, da – – –«
»Von dem Bismark?«
»Ja, aber nicht von dem echten. Der frühere Wirth, Werner heißt der Kerl, war früher der eingefleischteste Socialdemokrat, den es nur gab. Er hatte Bebeln, Mosten, Mottelern und wie sie alle heißen, unten in der Stube hängen, und keine andern Gäste als Demokraten und rothe Republikaner. Er mußte verkaufen und zog nach Ebersbach, wo er den Gasthof pachtete. Dort ist er in den Armenvorstand gewählt worden, und seit er das Aemtchen hat, thut er dicke und hat sich unter die National-Liberalen gemacht oder wie sie heißen, die auf ihrem Dorfe grad so tanzen, wie in Berlin gepfiffen wird. Jetzt hängen in seiner Gaststube Bismark und Moltke und der Kaiser und wer weiß, was sonst noch für große Geister und Potentaten; er hat sich Bismarkbücher gekauft, weiß von Niemanden, als von Bismarken, redet von nichts, als von Bismarken, und hat sogar seiner Frau ein bismarkfarbiges Kleid als Weihnachtsgeschenk gegeben, was doch schon viele Jahre nicht mehr in der Mode ist. Auf seinem Pfeifenkopf hat er Bismarken, am Stocke hat er Bismarken, am Regenschirm hat er Bismarken, kurz und gut, überall hat er Bismarken oder Moltken, und als sie letzthin den zwei einzigen Gassen, die Ebersbach aufzuweisen hat, Namen geben wollten, hat er vorgeschlagen, sie Bismarkstraße und Moltkestraße zu heißen. Daher heißt ihn kein Mensch mehr Werner, sondern Bismark. Der Kerl ist nicht recht bei Troste, das ist factisch!«
»So so, hm hm! Hat er denn mit Eurem Processe etwas zu schaffen?«
»Freilich! Er ist ja der Hauptmatador dabei! Nämlich, als ich die ›drei Schwanen‹ von ihm kaufte, da – da – na, wissen Sie, Herr Director, er war bankrott und wollte nicht gern um die paar Pfennige kommen, die er noch hatte. Da habe ich ihm den Gasthof abgekauft und ihm nachher zuweilen, je nachdem ich es zusammenbrachte, etwas hinaus nach Ebersbach getragen. Als es genug war, ist’s mit dem Zahlen abgewesen, wie sich’s von selbst versteht; da aber tritt der Mann auf und behauptet, daß ich ihm Geld schuldig bin. Ich habe es nicht zugegeben, und darauf geht er vor Gericht und verklagt mich. Ich habe mich geweigert, den Eid zu leisten, weil – na, das ist Nebensache, und so hat sich der Proceß fast zwei Jahre hingezogen. Uebermorgen nun ist Vergleichstermin oder Entscheidungstermin oder wie sie es nennen, und ich wäre da wohl zu meinem Rechte gekommen; plötzlich aber spricht der Werner – und das habe ich heut’ erst gehört – daß er meine Unterschrift endlich gefunden habe, die er so lange gesucht hat, und da, da ist der Proceß verloren, das ist factisch!«
»Ihr seid zwei Spitzbuben, Einer wie der Andere! Wißt Ihr das, Schwanenwirth? Und das Richtigste wäre, wenn Ihr alle Beide tüchtig bezahlen müßtet! Diese Unterschrift kann Euch und auch dem Bismark viel zu schaffen machen. Sieht er das denn nicht ein?«
»Er hat gemeint, ihm sei jetzt Alles egal; einen Advocaten hat er nicht, weil er sich selbst für klug genug hält, und der meinige schüttelt den Kopf dazu. Und an dem Unheile sind Sie auch mit Schuld, Herr Director!«
»Ich? hm hm, so so! In wiefern denn ich?«
»Wegen Ihren Liebesgeschichten. In jedem Stücke, welches Sie vor zwei Jahren hier bei mir gaben, waren Zwei in einander verliebt, manchmal auch Vier, und einmal gar Sechs. Dadurch haben Sie meinen Jungen, den Anton, ganz verdreht gemacht und er ist auf die dumme Idee gekommen, daß er auch eine Liebste haben müsse. Das wäre nun freilich nicht gar so sehr schlimm gewesen, denn er ist am Ende schon alt genug dazu; aber daß er grad auf dem Bismark seine Lisbeth kommen muß, das kann mir nicht passen!«
»Ach, so so, hm hm! Also darum lebt man hier auf kriegerischem Fuße, und darum gibt es täglich ein Gewitter!«
»Hat er es Ihnen schon erzählt! Er soll mich nur nicht in die Wolle bringen, sonst halte ich mein Wort, welches ich ihm
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