Die Fastnachtsnarren. Humoresken
seine Feldzugspläne zu entwickeln beabsichtigte.
»So so, hm hm!« meinte er, mit einem liebevollen Blicke die Reihe überfliegend, in welcher »kein theures Haupt« fehlte. »Wollen uns doch einmal überlegen, wie wir uns hier in Limberg einzurichten haben! Das, meine Kinder, ist nothwendig, weil beim letztenmale Manches von uns hier hängen geblieben ist, was uns’re guten Freunde eigentlich hätten vergessen sollen. Da ist zunächst Franke, der Schwanenwirth, eine alte, gute Haut, aber er will ›gestreichelt‹ sein. Dem sind wir noch Alles schuldig, was – – – –«
Er wurde unterbrochen. Derjenige, von welchem soeben die Rede war, erschien unter der Thür, eine Anzahl von Papierzetteln in der Hand und fuhr ohne große Umstände mitten unter die Versammelten hinein.
»Guten Tag, Herr Director! Gut, daß Sie gleich Alle beisammen sind, denn ich habe für Jeden etwas mitgebracht!«
»Danke, Schwanenwirth!« antwortete Uhlewald mit einem herablassend vertraulichen Kopfnicken und ohne sich vom Stuhle zu erheben. »Etwas mitgebracht? Für Jeden? Hm hm, so so, da sehe ich doch, daß wir Euch lieb und werth sind? Aber Ihr habt Euch doch nicht etwa unsertwegen in allzugroße Ausgaben gesteckt?«
»Nein, nein, das ist mir gar nicht eingefallen! Sie denken wohl gar, ich rede von Geschenken? Da wäre ich schön dumm, das ist doch faktisch! Nein, im Gegentheile, ich habe unsere alten Rechnungen hervorgesucht und will sie Ihnen hiermit zur nochmaligen Durchsicht präsentiren.«
»Schön, mein lieber Gasthof, daß Ihr Euch die Papiere so sorgfältig aufgehoben habt; Ordnung muß sein. Aber das Präsentiren ist bei uns nicht nothwendig, da wir die Notizen ja gar nicht durchzusehen brauchen. Wenn Ihr uns die Versicherung gebt, daß Alles gehörig notirt ist, so hegen wir gar keinen Zweifel, daß es auch so ist. Ihr wißt ja, daß Ihr Vertrauen und Credit bei uns besitzt!«
Der Wirth sah dem Sprecher einigermaßen verblüfft in das Gesicht.
»Ja, so meine ich es nicht, das ist doch faktisch! Ich bringe die Rechnungen nicht etwa, daß sie bloß geprüft, sondern daß sie endlich einmal berichtigt werden sollen. Ich habe zwei volle Jahre gewartet und denke, daß ich nun zu dem Meinen kommen werde.«
»So so, hm hm, Ihr habt mich falsch verstanden! Glaubt Ihr etwa, daß wir gewohnt sind, einem jeden beliebigen Wirthe unsere Rechnungen in Verwahrung zu geben? Ich dächte, Ihr wäret der Mann dazu, noble Gesinnungen zu begreifen! Und dann werdet Ihr die Hochachtung und das Zutrauen, welche wir Euch bewiesen haben, auch zu würdigen wissen.«
»Ach was nobel! Was hilft mir das Nobeln, wenn sich der Beutel dabei schlecht steht! Ich will Ihnen einmal im Einzelnen verlesen, was ich Alles zu fordern habe. Es sind schlechte Zeiten, und g’rad mir geht es am Allerschlechtesten. Ich brauche Geld und wenn ich kein’s bekomme, so halte ich mich an die Effecten. Ich hätte schon damals so viel zurückbehalten sollen, als nöthig war, meine Auslagen zu decken; das ist doch faktisch!«
»Ach so, hm hm! Geld wollt Ihr haben?« frug erstaunt der Director. »Wenn Ihr weiter nichts verlangt! Da könnt Ihr Euch das einzelne Verlesen ersparen. Sagt, was Ihr im Ganzen bekommt!«
Er griff mit überlegenem Lächeln in die Tasche seines Rockes und zog eine alte, rothlederne Brieftasche hervor, in welcher sich außer einigen vollgeschriebenen Notizblättern nichts befand, als höchstens ein paar Briefcouverts und Visitenkarten, das wußten seine Untergebenen alle. Dabei hatte er sich erhoben und war an das Fenster getreten.
»Wahrhaftig, es ist gerade noch Zeit! So so, hm hm, Schmidt«, meinte er zum Souffleur, welcher der Thür am nächsten stand, »springen Sie doch einmal hinunter zu den Fuhrleuten. Sie sollen warten; wir laden wieder auf!«
»Wieder aufladen?« frug der Wirth, »warum denn?«
»Weil wir nicht in den ›drei Schwanen‹, sondern im ›römischen Kaiser‹ spielen werden. Die Wagen sind einmal da, und so werden wir unsere Sachen doch nicht etwa huckepack durch die Stadt schaffen!«
»Im römischen Kaiser? Ist das faktisch? Hier der erste Liebhaber ist doch vor acht Tagen in Ihrem Auftrage bei mir gewesen und hat mit mir abgeschlossen, daß Sie Ihre Vorstellungen in meinem Saale geben! Sie können ja gar nicht zurücktreten!«
»Warum denn nicht?«
»Weil das gegen unser Uebereinkommen wäre. Der Kaiserwirth würde ein schönes Gaudium haben, wenn er die Einnahmen, die das Theater mit sich bringt, so mir nichts,
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