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Die Fastnachtsnarren. Humoresken

Die Fastnachtsnarren. Humoresken

Titel: Die Fastnachtsnarren. Humoresken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Und auch in anderen Sachen bringt es großen Nutzen. Da habt Ihr zum Beispiel meinen Proceß mit dem Limberger Schwanenwirth. Ein Anderer hätte zum Advocaten laufen müssen; ich aber brauche keinen, denn ich verstehe mich auf die Gesetze ebenso gut wie ein Jurist; ich habe ein Buch darüber.«
    »Wie steht es denn mit dem Streite?«
    »Der ist so gut wie aus. Morgen früh um zehn Uhr haben wir Termin, und da werde ich die Schrift vorlegen, in welcher mein Recht bewiesen ist. Sie war mir bei dem Umzuge abhanden gekommen, und erst vorgestern habe ich sie in der Nürnberger Bilderbibel wiedergefunden. Ich hätte wohl schon eher einmal in das alte Buch gucken können, aber man hat immer keine Zeit dazu, weil es noch ganz and’re Werke zu studiren gibt. Nun könnt Ihr Euch denken, was so ein Mann, wie Bismark, zu arbeiten und zu lesen hat, wenn schon Unsereiner den ganzen Tag über den Büchern liegen muß. Und dazu kommen noch die Conferenzen und Vorträge und Besprechungen und Audienzen und Reisen. Jetzt ist er wieder einmal unterwegs, und zwar incognito, wie man sich ausdrückt, wenn so ein Herr einmal unerkannt bleiben will. Nach Ebersbach freilich dürfte er nicht kommen, denn ich würde sofort wissen, wer er ist; ich habe ihn ja viermal in der Stube hängen!«
    »Wohin ist er denn gegangen?«
    »Ja, das wird er Niemanden sagen, und es war also auch gar keine Bemerkung darüber gemacht. Habt Ihr denn das Limberger Tageblatt noch gar nicht gelesen?«
    Er erhob sich und ging in das Gastzimmer, aus welchem er bald mit einem Zeitungsblatte in der Hand zurückkehrte. Er schlug dasselbe auseinander, und obgleich es schon stark dunkelte, bemühte er sich doch, die betreffende Stelle zu finden.
    »Hier steht es: ›Wie aus sicherer Quelle verlautet, hat sich in Folge des drohenden Krieges der Reichskanzler Fürst von Bismark mit dem Grafen von Moltke incognito auf eine militärische Recognition begeben; über deren Ziel sich der Bericht allerdings in tiefes Schweigen hüllt.‹ – Nun, glaubt Ihr jetzt, daß er von dem Kriege auch etwas versteht? Die beiden großen Männer wissen schon im voraus, wenn es losgeht und wo die Schlachten geschlagen werden. Das haben sie Anno Sechsundsechzig bewiesen, Siebzig und Einundsiebzig ebenso, und wenn es jetzt wegen der Türkei mit den Russen und Franzosen losgeht, so sind die Pläne alle schon im voraus fertig. Ich weiß das, denn ich habe die Bücher darüber.«
    »Da wird es wohl wieder einmal Einquartierung geben, wenn wir auch den Kanonendonner hier nicht zu hören bekommen.«
    »Ihr redet wie Ihr’s versteht, ich aber muß das besser wissen! Wir können doch unsere Armeen nicht spalten und die eine Hälfte nach Osten gegen die Russen und die andere Hälfte nach Westen gegen die Franzosen schicken, sondern wir müssen unsere Kräfte zusammenhalten und den Feind zu uns hereinkommen lassen; da kennt er sich nicht aus und wird total auf’s Haupt geschlagen. Es ist also gar nicht unmöglich, daß wir hier in unserer Gegend die Kanonen auch brummen hören. Ich will Euch einmal die ganze Politik deutlich auseinandersetzen; aber da müßt Ihr mit herein in die Stube kommen, denn hier kann man die Zeitungen nicht mehr erkennen!«
    Er erhob sich, und die Anderen folgten seinem Beispiele. Sie hatten aber die Thür noch nicht erreicht, so blieben sie stehen. Eine vierspännige Kutsche kam im Galopp das Dorf herabgesaust und hielt vor dem Gasthofe. Während der Kutscher in vornehmer Ruhe sitzen blieb, sprang ein Bedienter vom Bocke und öffnete den Schlag. Ein Herr stieg aus. Es war eine hohe, militärisch stramme Gestalt mit einem etwas nach vorn gebeugten Kopfe. Die Beine staken in weit heraufgezogenen Reitstiefeln; den Körper umhüllte ein dunkler Civilüberrock, den Kopf aber bedeckte eine rothrandige Soldatenmütze. Nachdem er mit einem raschen Blicke die Umgebung gemustert hatte, winkte er mit der Hand zurück; der Wagen rollte wieder von dannen, er selbst jedoch schritt auf das Haus zu.
    Als er an den neugierigen Gästen vorüberkam, zogen sie ehrerbietig ihre Mützen und Hüte und wünschten einen »schönen guten Abend«. Er nickte leise mit dem Kopfe und trat in die Gaststube, wo er nach einer kurzen Umschau an dem hintersten Tische Platz nahm. Der Wirth, welcher ihm mit den Uebrigen gefolgt war, begrüßte ihn mit seiner besten Reverenz und fragte nach seinen Wünschen.
    Statt einer hörbaren Antwort zeigte der Fremde auf eine der vollen Bierflaschen, welche am Buffete standen.

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