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Die Favoritin

Titel: Die Favoritin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Davenat Colette
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Gemächern. Jetzt würde ich, wenn ich ihn sprechen wollte, um eine Audienz ersuchen müssen, eine zusätzliche Kränkung, die ich mir keinesfalls zuzumuten gedachte.
    Ich stieg aus der Sänfte. Dienerinnen eilten zur Stelle. Qhora erschien.
    Gegen die Ausgestaltung der Räume gab es nichts einzuwenden. Gold überall, eingelegte Edelsteine, Töpferzierat, wohlriechendes Gebälk.
    »Komm weiter, komm weiter«, drängte Qhora immerzu und zupfte an meinem Rock. Die vertraute Geste besänftigte mich ein wenig.
    An der Schwelle des Schlafgemachs schickte sie die Dienerinnen fort. Ich trat ein und stieß einen Schrei aus.
    An den dafür vorgesehenen Haken hingen meine Tuniken, meine Llicllas, alle Kleider, die ich zurückgelassen hatte. Und in den Nischen stapelten sich die Schatullen mit allem Schmuck, den Manco mir geschenkt hatte, meine Haarbänder und Sandalen, meine Decken und sogar all die kleinen Dinge, die ich zu meiner Toilette verwendete.
    »Warst du das?« fragte ich Qhora.
    »Als wir von Yucay zurückkamen, mußte ich deinen Palast ausräumen und deine Sachen in Körbe packen. Als der Inka jetzt hörte, daß du wiederkommst, befahl er, deine Körbe hierher zu schaffen. Ich habe alles selbst eingeräumt. Nichts fehlt.«
    Ich betastete die Stoffe, sah mir die Augen satt an Erlesenheit, Eleganz und Schönheit. Dann legte ich Qhora die Hand auf den Kopf.
    »Er liebt mich noch«, sagte ich.
    Wir Frauen hängen unsere Hoffnung oft an Kleinigkeiten.
    Nachdem ich andernmorgens unserem Hohenpriester und den Amauta, meinen ehemaligen Lehrern, meine Aufwartung gemacht hatte, begab ich mich zu Inkill Chumpi.
    Ich hatte wenig Lust, ihr zu begegnen, doch Qhora hatte mich dazu gedrängt.
    Den ganzen Weg entlang wurde meine Sänfte von einer Menschenmenge umringt. Neuigkeiten verbreiteten sich bei uns wie der Wind. Daß mir in unserer Gemeinschaft wieder ein Platz zustand, hatte die Zurückhaltung gelöst. Jeder wollte mich nun begrüßen, mir seine Freude, seine Achtung ausdrücken … Das hob meine Stimmung. Mochte Inkill Chumpi auch in meinem einstigen Palast regieren, draußen blieb ich die Herrin!
    Als sie mich erblickte, brach sie in Tränen aus.
    »Wie gut, daß du gekommen bist. Ich durfte es nicht. Der Inka … du weißt, wie er ist.«
    »Ich wußte es, ich weiß es nicht mehr. Du mußt es mir schon erklären. Und was sollen die Tränen?«
    Inkill Chumpi schluchzte auf.
    »Du nimmst es mir übel!«
    »Daß du meinen Platz eingenommen hast? Das wäre zuviel der Ehre!«
    »Asarpay, Asarpay! Sprich nicht in dem Ton zu mir. Ich liebe dich, du bist meine einzige Freundin, ohne dich wäre ich nicht mehr am Leben … Zuerst, als der Inka mich hier einquartiert hat, war ich geblendet. Du siehst, ich verhehle dir nichts … Der Inka! Welche Frau könnte seinem göttlichen Glanz widerstehen. Von ihm ausgezeichnet zu sein! Aber sehr schnell begriff ich: er hatte mich, mittelmäßig wie ich bin, ja nur erwählt, um sich an dir zu rächen. Weil wir Freundinnen sind. Einen Mond danach sah er mich nicht mehr an. In Wahrheit hat er mich nie angesehen, er sieht keine seiner Frauen an. Wenn die Natur ihn erhitzt, läßt er vier, fünf von ihnen kommen, zerstreut sich und vergißt sie. Keine fesselt seine Aufmerksamkeit. Und dabei sind sie so jung, so hübsch! Du hast sein Herz entführt, Asarpay. Jeder in der Stadt weiß das.«
    »Trotzdem lebst du jetzt über ein Jahr in meinem Palast.«
    »Ob ich oder eine andere. Keine, sage ich dir! Asarpay, als wir das von Zara hörten … Einer der Unseren brachte die Nachricht, einer aus Cuzco …«
    »Was tat Manco?«
    »Er ließ uns, mich und Qhora, rufen, teilte uns den Tod deiner kleinen Tochter mit und wies uns an, unsere Trauer zu verbergen. Nur wir beide wissen, weshalb du weggegangen bist. Er spricht nie darüber, und wer hätte es gewagt, eine Frage zu stellen, deinen Namen auszusprechen! Manche glaubten, er habe dich ausgeschickt, die Weißen auszuspionieren, andere dachten, vor allem die Frauen, du hättest ihn betrogen und er habe dich töten lassen … Asarpay, deine Tochter …«
    Jede Kleinigkeit hier rief sie mir zurück.
    Ich konnte die Augen nicht auf eine der Türen richten, ohne daß ich sie auf meinen Ruf gelaufen kommen sah, fast erwartete ich, daß sie erscheine …
    Überstürzt nahm ich Abschied. Wir umarmten uns. Arme Inkill Chumpi! Mit ihrem kläglichen Willen ließ sich ein Manco nicht verführen, da brauchte es andere Waffen!
    ***
    In den folgenden Tagen

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