Die Favoritin
er bat mich höchst ehrerbietig, ihm zu folgen.
Wir erstiegen die Treppe. Drei junge Dinger kamen herunter. Sie trugen europäische Kleider, die ihnen die Taille einzwängten und ihre Brüste hervorhoben. Die Seide verhüllte sie nur gerade so, daß sie nicht nackend gingen. Sie machten kehrt und kamen mir nach in den Saal, in den mich der Diener führte, setzten sich auf eine Bank und begafften mich, den Finger im Mund. Ich blieb stehen.
Villalcázar trat ein.
»Raus!« schrie er.
Die Mädchen rafften ihre Röcke, und fort waren sie.
Er kam auf mich zu, hielt inne.
»Juanito … der Diener, der dir geöffnet hat … sagte: ›Eine sehr schöne Indiofrau will Euch sprechen.‹ Juanito hat recht. Du bist schön wie je.«
Ich sah ihn an.
Eine Narbe lief über seine Wange. Aber solchen Männern steht alles. Durch die Narbe sah er noch besser aus.
»Wer hat dir das getan?« sagte ich.
»Ein Kumpan deines lieben Martin, in der Schlacht von Chupas … Frag mich aber nicht, wie es Martin geht. Wir haben ihn weder gefangen noch gehängt. Ich weiß nicht, wo er ist.«
»Martin ist tot. Er hatte sich zu uns geflüchtet. Almagros Spanier, die den Inka erschlugen, haben ihn umgebracht.«
»Er war auf der falschen Seite. Ich habe es ihm immer wieder gesagt.«
»Ich bin nicht gekommen, um über Martin zu reden, ich komme, dir einen Handel vorzuschlagen.«
»Einen Handel! Was für einen Handel? Was hast du zu verkaufen? Deinen Schmuck? Ich kaufe alles. Die Kleinen, die du gesehen hast, sind verrückt nach dem Tand.«
»Ich bitte dich«, sagte ich, »es geht um ernsthafte Dinge.«
Villalcázar lachte.
»Gut! Seien wir ernsthaft.«
»Ich bin es leid, in den Bergen zu leben, Bartolomé. Und woanders … Ich will hier leben, in Cuzco. Ich bin …«
Er unterbrach mich.
»Du willst! Was mich angeht, würde ich dir die Erlaubnis gern erteilen. Aber nachdem wie ihr, du und der ›Indier‹, Hernando Pizarro damals hereingelegt habt …«
»Hernando ist in Spanien.«
»Die Pizarros sind sehr nachtragend. Jetzt regiert Gonzalo. Ich bezweifle, daß er dir hier oder sonstwo Stadtrecht gibt. Es wäre nicht einmal klug.«
»Er gibt es mir, wenn du mich heiratest.«
»Was sagst du da!«
Ich lächelte.
»Du hast es mir vor Jahren doch selbst angeboten? Nur ein bißchen verfrüht. Aber inzwischen ist deine Frau gestorben, und du bist Witwer. Euren Gesetzen zufolge mußt du dich mit dem Gedanken tragen … Ich meine: dem Gedanken, wieder zu heiraten.«
Er rieb sich seine Narbe.
»Du bist wirklich eine erstaunliche Frau! Das letztemal, als ich nach Lima aufbrach, hast du mich beschimpft, du hattest Mord in den Augen, und jetzt kommst du … Ich verstehe dich nicht. Einen Handel, sagst du? Was für einen Handel? Was gewinne ich, wenn ich dich heirate? Entschuldige, aber du zwingst mich, dich daran zu erinnern: ich brauchte nie den Umweg über den Altar, um dich zu kriegen.«
»Aber ich brauche ihn. Ich will meinen Besitz wiederhaben.«
»Hast du den Indier beerbt?«
»Sprich von Manco nicht in dem Ton! Es geht auch nicht um ihn … Der Inka Huascar hatte mir ein Gut im Tal von Yucay geschenkt. Ein großes Gut, einen Palast, Dörfer, riesige Ländereien, Kokafelder. Erinnere dich. Nach Mancos Thronbesteigung habe ich um die Rückerstattung ersucht. Deine Freunde hatten sich in dem Palast festgesetzt, und die Pizarros lehnten ab. Wenn du mich heiratest und ich deinen Namen trage …«
»Ein Gut habe ich schon.«
»Aber nicht im heiligen Tal. Früher war es ausschließlicher Besitz der Inkas. Deshalb haben sich die Pizarros ja fast den gesamten Boden angeeignet. Hättest du nicht gerne einen Palast dort, wo Gonzalo den seinen hat?«
»Ein Gut reicht mir.«
Ich lächelte breit.
»Das ist wohl das erstemal, daß ich einen Spanier erklären höre, ihm genüge, was er hat! Du hast dich verändert, Bartolomé. Du warst einmal gieriger.«
»Da hatte ich noch nicht, was ich habe … Du hast dich auch verändert. Diese Sanftmut!«
»Weil ich dich gewinnen will. Ich will mein Gold haben und mich seiner erfreuen dürfen.«
»Was für Gold?«
»Als Atahuallpas Armeen Cuzco bedrohten, habe ich alles Gold aus dem Palast geschafft und versteckt, und dort war viel, schließlich war es der Sitz des Inka Huascar. Statuen, Gefäße, Zierat, Geschirr, sogar Küchengefäße … Wie du weißt, wurden die Mahlzeiten des Inka nur in goldenen Gefäßen zubereitet …«
»Und wo ist dieses Gold?«
»Bartolomé! Hältst du
Weitere Kostenlose Bücher