Die Favoritin
Jahren, als sie sich in unserem Land einnisteten. Ich erlebte die Auswirkungen von nah oder fern. Sie durchziehen meine ganze Geschichte. Dennoch kann ich mich des Genusses nicht erwehren, abermals in zwei Worten darauf zurückzukommen. Was wollt Ihr, von Besiegten kann man kein Mitleid erwarten. Wenn die Eurigen sich zerfleischten, ging es den Meinigen eine kleine Zeitlang gut.
Dabei sehe ich wohl, welche Prüfung es für einen Gottesmann sein muß, an seinen Landsleuten Züge zu entdecken, die so sehr dem widersprechen, was die Religion predigt … Die heimtückischen und menschenverschlingenden Schikanen, die sich Almagro und Pizarro lieferten, die schändliche Erdrosselung des ersteren, der Mord an dem zweiten, die Enthauptung des jungen Diego, dazu all die namenlosen Gefallenen auf diesem oder jenem Schlachtfeld … Ihr müßt zugeben, diese mit Leichen gespickten Wechselfälle bieten uns Ungläubigen ein äußerst denkwürdiges Beispiel der christlichen Moral. Das Kreuz zu schwingen, das Sinnbild der Liebe und Milde, und dabei bis zum Bauch im Blut seiner Brüder zu waten – welch überzeugendes Bild! Zumal diese Raubtierkämpfe damit ja noch nicht endeten …
Ein Machtstreben unterdrücken zu wollen ist Unsinn.
Der von Seiner Spanischen Majestät entsandte Vizekönig, derselbe, erinnert Euch, der Verhandlungen mit Manco aufnehmen sollte, erfuhr es auf seine Kosten.
Damit sind wir nämlich bei den jüngsten Ereignissen angekommen, die sich abgespielt hatten, während ich an meinen Plänen spann und wob, um unsere Stadt zu verlassen.
Und wieder ist Gonzalo zur Stelle, der einzige Pizarro, der noch in Peru lebte, und betritt lautstark aufs neue die politische Bühne.
Wie es dazu kam?
Der Grund liegt in neuen Verordnungen, die das Los der Menschen meiner Rasse ein wenig lindern sollen. Der Vizekönig hat sie mitgebracht. Empörung unter den Kolonisatoren. Wozu hat man das Land erobert, wenn man die Eingeborenen nicht mehr versklaven und ihren Schweiß, ihr Blut nicht mehr in Gold ummünzen darf? Der Vizekönig ist ein beflissener Beamter. Er will die Verordnungen, koste es was es wolle, durchsetzen. Als er landet, kennt er die Einstellung der hiesigen Spanier nicht … Wer kennt sie überhaupt bei Euch daheim! Er wird zum Opfertier. Die Kolonisten wenden sich an Gonzalo. Auch er heult vor Groll und Wut, weil er meint, der Stuhl des Statthalters, den sein Bruder innehatte, stehe rechtens ihm zu und nicht diesem farblosen königlichen Gesandten.
Gonzalo Pizarro stellt sich also an die Spitze des Aufruhrs.
Durch Gold oder Drohungen gefügig zu machen – auf dem Gebiet ist Gonzalo Meister. Die Stadtverwaltung von Cuzco ernennt ihn zum Generalstatthalter. Die königlichen Richter in Lima setzen den Vizekönig ab und befehlen ihm zu verschwinden. Der Vizekönig flieht. Gonzalo schnappt ihn bei Quito und läßt ihm von einem schwarzen Sklaven den Kopf abschlagen. Wieder fällt ein bärtiges Haupt!
Geschehen war dies im Januar 1546, ein Vierteljahr, bevor ich unsere Stadt verließ. Ich war jetzt fähig, meinen Haß vollkommen zu beherrschen, weil ich endlich begriffen hatte, daß ich ihn nur auf die Weise stillen könnte.
Am andern Morgen bestieg ich mit Qhora die Sänfte von Marca Vichay. Ich hatte meine Lumpen gegen elegante Kleider und besonders prächtigen Schmuck vertauscht. Die Frauen hatten mein Haar verschönt. Was ich in den Augen Marca Vichays las, tat mir wohl.
Als ich meine Geschichte begann und wir beide, Pater Juan, erst einen flüchtigen Eindruck voneinander hatten, erlaubte ich mir, Euch einen kleinen Vortrag darüber zu halten, daß das Kapital einer Frau ihre Schönheit ist.
Zu jener Zeit nun war mir mein Aussehen wichtiger denn je. Von ihm hing alles ab! Und bange fragte ich mich immer aufs neue: werde ich Bartolomé Villalcázar noch gefallen?
Ja, Villalcázar! Ich dachte mir, daß Ihr zusammenzucken würdet. Man kann alles mögliche, Pater Juan, wenn die Rache am Ziel ist!
Dichter Regen begrüßte mich, als ich nach Cuzco kam. Diesmal hatte ich meine Vorsorge getroffen. Aus den Kundschafterberichten, die dem Regenten unserer Stadt vorlagen, hatte ich erfahren, daß Villalcázar, nachdem er an den siegreichen Treibjagden Gonzalo Pizarros teilgenommen hatte, wieder in der Stadt war.
Die Sänfte hielt vor seinem Haus.
Der Diener, der mir öffnete, war derselbe, der den Vater meines Vaters beschimpft hatte. Sein Auge schätzte ab, was ich an Gold und Smaragden am Leibe trug, und
Weitere Kostenlose Bücher