Die Favoritin
weiteren Verzug seine Söhne nach Tumipampa zu befehlen, um seine Nachfolge zu regeln.
Die Yunga kam nicht mehr in seine Gemächer, doch was mich kurz zuvor noch erfreut hätte, ließ mich nun gleichgültig. Schlimme Vorahnungen bedrückten mich.
***
Auch wenn das Begehren des Inka schlummerte, hatte er gerne Frauen um sich, deren Schönheit und Gebaren ihn einmal besonders erfreut hatten. In Gruppen und einander wöchentlich abwechselnd, bereiteten wir seine Mahlzeiten, boten sie ihm dar und begleiteten ihn, wohin auch immer, um ihm zu fächeln, ihm die goldenen Krüge und Becher voll Chichawein zu reichen, den Kokavorrat in seiner Chuspa zu erneuern und ihm jede Aufmerksamkeit zu schenken, deren er zu seinem Wohlbefinden bedurfte. Unser anbetender Eifer kam jedem seiner Wünsche zuvor.
Ich war eine der diensthabenden Acllas gerade an dem Tag, als Prinz Huascar, der Sohn der Coya Rahua Ocllo, eintraf.
Die Szene ist in meinem Gedächtnis lebendig geblieben: bei dieser Gelegenheit entschied sich endgültig mein Schicksal, und mein Herz, das bis dahin das eines Kindes gewesen war, begann wie das Herz einer Frau zu schlagen.
Das Wetter war wunderbar mild. Aus den kleinen grünen Tälern ringsum stiegen Vogellaute und der machtvolle Gesang der Gärtner. Das rosige Himmelslicht schimmerte auf den schneeigen Gipfeln.
Der Inka saß meditierend auf der langen Granitbank in einer der Huairona des Palastes, jenen eleganten Wandelgängen, die sich stets einer weiten Aussicht öffnen und zur Betrachtung einladen, die im Gefahrenfall aber auch als Spähposten dienlich sein konnten.
Wir kauerten zu seinen Füßen.
Ich trug, das weiß ich noch, eine safrangelbe Tunika und darüber meine liebste Lliclla, weiß mit gelben, roten und schwarzen Streifen. Ein aus goldenen und silbernen Fäden gewirktes Band umgab meine Stirn. In die Mitte hatte ich eine leuchtendrote Blume gestickt.
Auf einmal erblickten wir durch den weiten Rahmen der Huairona in der Ferne die Spitze eines Zuges. In Anbetracht des großen Aufgebots erschien Prinz Huascar aber erst zur Stunde der Fackeln vor dem Inka. Er war weder stattlich wie Huayna Capac, noch war er schön wie Rahua Ocllo. Er trug den gelben Kopfputz, der traditionell den Thronfolger auszeichnete. Ohne diesen Schmuck hätte ihm niemand einen Blick geschenkt …
An der Seite Huascars stand Atahuallpa, der Bastard der Fürstin von Quito. Atahuallpa war ausgezogen, seinen Halbbruder an den Grenzen des Reiches seiner Vorfahren zu empfangen, das zur Provinz unseres Reiches geworden war. Ein leuchtender Umhang aus Kolibrifedern umhüllte ihn.
Ich habe Euch immer noch nichts über Atahuallpa gesagt, Pater Juan, obwohl er oft im Palast war und den Inka besuchte. Haß verschloß mir den Mund, und ein Widerwille, seine Züge zu beschwören, den ich selbst nach so vielen Jahren noch hege … sehr gewinnende Züge übrigens, zu denen sich eine geistvolle und schmeichlerische Zunge gesellte, von der sich sein Vater leider betören ließ.
Sehen wir jedoch, trotz der großen Bedeutung, die sie für mein Leben haben sollten, einstweilen von Huascar und Atahuallpa ab …
Hinter ihnen stand ein junger Mann. Die Stärke der Goldscheiben, die in seinen Ohrläppchen steckten, bezeugte seine nahe Verwandtschaft mit dem Inka. Er hatte breite Wangenknochen, eine hochmütige Nase, einen starken Mund.
Ich hatte während der Reise und am Hof von Tumipampa so manchen schönen jungen Mann gesehen, dessen Männlichkeit mich durchaus beeindruckt hatte, aber dieser – vielleicht weil jenes Etwas des Ausnahmewesens von ihm ausging –, dieser benahm mir den Atem!
Ich hatte manch einen Geliebten, Pater Juan, aber Manco war der einzige, der mich ganz besitzen sollte, und er besaß mich bereits, als ich noch nicht einmal seinen Namen kannte. Den hörte ich, als er von Huayna Capac gerufen wurde. Ich schlug die Augen nieder und vergrub den Namen tief in meinem Gedächtnis, wohl wissend, daß mir dies nur Leiden und Qualen bescheren konnte. Wehe der erwählten Frau, die es gewagt hätte, einen anderen zu erwählen, und wehe dem Mann, ob Prinz oder Hirte, der versucht hätte, sie sich zu nehmen!
Wenige Tage darauf verkündete Huayna Capac im Verlauf einer feierlichen Zeremonie seinen Willen: Das Reich sollte an Huascar gehen, jedoch um das Königtum Quito vermindert, das er Atahuallpa zu geben gedachte.
Huascar verneigte sich, und beide Brüder schworen vor dem Vater einander ewige Freundschaft. Unter Zwang
Weitere Kostenlose Bücher