Die Favoritin
Anbetung!
Die Nachrichten, die er mir brachte, waren nicht gut.
Atahuallpas Truppen hatten meinen Palast verschont, aber inzwischen war er von Spaniern besetzt. Natürlich hatten sie das Gold aus den Gärten geholt, die Tafeln von den Mauern gerissen, mein Bad zerstört, den Beckenboden herausgelöst, Teile der Terrassen umgebrochen und die Beete aufgewühlt, um die Wasserrohre auszugraben, die ebenfalls aus Gold waren. Sie hatten auch meine Jaguare erschlagen.
Ich biß die Zähne zusammen.
»Und was noch?« fragte ich.
Ein verschmitztes Lachen schüttelte Marca Vichay.
Es tat mir wohl. In Cuzco wurde kaum mehr gelacht. Dabei waren wir fröhliche Leute, bis die Spanier kamen. Sogar in Yahuarpampa, entsinne ich mich, gelang es Qhora manchmal, meine Gefährtinnen im Unglück durch ihre Sprünge und Hanswurstiaden zu erheitern. Aber in der Gegenwart lebten wir wie erstickt.
Marca Vichays schmale blanke Augen über den starken Wangenknochen beobachteten mich. Triumphierend eröffnete er mir in einem Zuge, daß meine Lamaherden auf den Berghöhen sich friedlich vermehrten.
»Die Fremden sind so dumm, daß sie nicht einmal auf den Gedanken kommen, bis zu den Felsen hochzusteigen. Sie bewegen sich nur, wenn es um Gold und Frauen geht.«
»Richtig, Marca Vichay, das Gold … Das Gold in der geheimen Kammer?«
»Ist, wo es war, hohe Frau Asarpay.«
»Wunderten sie sich nicht, als sie den Palast leer fanden, haben sie dir nicht zugesetzt, nicht versucht, dich zum Reden zu bringen?«
Marca Vichay löste seinen Umhang und hob sein Hemd. Oberkörper und Rücken trugen violette Streifen.
»Haben sie dich gepeitscht?«
»Und sie wollten mir die Füße im Feuer rösten. Das tun sie.«
»In Cuzco auch … Warum wurdest du verschont?«
»Andere kamen dazu. Einer davon verstand ein paar Wörter unserer Sprache. Ich konnte ihm erklären, daß meine Herrschaften ihr Gold mitgenommen hätten aus Furcht vor Atahuallpas Kriegern und daß es im Palast keine weiteren Schätze mehr gäbe außer einigen hübschen jungen Dienerinnen, die ihnen zur Verfügung stünden, wenn sie Frauen wollten. Für Frauen sind sie immer zu haben. Seitdem bediene ich sie aufs beste, sie denken an nichts wie Essen, Trinken und Beischlaf.«
»Weiter so«, sagte ich. »Mögen sie daran krepieren!«
»Wann kommst du?« fragte Marca Vichay.
»Bald. Sehr bald. Der Inka wird diese Leute verjagen.«
Manco kehrte als Sieger über Quizquiz zurück, den letzten großen Feldherrn Atahuallpas; ich berichtete ihm von dem Besuch Marca Vichays. Er beschloß, Pizarro anzusprechen.
»Sie werden dir deinen Palast nicht zurückgeben, sie geben nichts zurück. Aber vielleicht wundert sich Pizarro, wenn du keine Rückerstattung forderst.«
Wer von uns hätte noch daran gedacht, beim Anblick von Cuzco die Erde zu küssen!
Es gab die heilige Stadt nicht mehr, jeder beliebige Eingeborene konnte hinein. Die Plätze, jetzt Orte des Handels, zogen ein buntes Volk von sonstwoher an, das auf Grund seiner Beziehungen zu den Siegern keinen Respekt kannte. Unsere Gassen, deren Pflaster stets nur von nackten Füßen oder Sandalen und dem samtigen Schritt der Lamas poliert worden war, hallte unaufhörlich vom Getrappel der Pferde wider. Die früher so reinlichen Straßen waren zu stinkenden Abfallgruben geworden – die Straßen und sogar die Gehsteige, da die Reiter auch sie ungescheut benutzten. Pech für die Fußgänger! Die geringste Belästigung war noch, bis zur Stirn mit Kot bespritzt zu werden! Sich von einem Ort zum anderen in einer Sänfte zu bewegen wurde zum Abenteuer. Die Träger wagten sich nur unter Murren daran. Und in den Palästen unserer toten Inkas, die mehr oder minder in Pferdeställe verwandelt waren, hausten Eure Landsleute mit ihren Vergnügungen und Streitereien. Da wurde Tag und Nacht gespielt. Das Gold blinkte nicht mehr an unseren Fassaden, es rollte je nach Würfelgunst von Hand zu Hand.
Indessen ruhte sich Pizarro nicht aus auf seinem Ruhm. Der alte Mann handelte. Er warf seine Netze über Cuzco, zwängte es in die Maschen einer straffen Organisation. Eine Stadtverwaltung war gewählt worden, der zwei seiner Brüder angehörten, Juan und Gonzalo. Alles lief durch ihre Hände. Als erste Zeichen der spanischen Oberherrschaft hatten sie auf der Huacaypata eilends Galgen errichtet und unseren Sonnentempel in ›Santo-Domingo-Kirche‹ umgetauft. Galgen und Kreuz!
Letztlich waren wir nur noch Geduldete in der Stadt, die unsere Vorfahren im
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