Die Favoritin
mitkommst und mit mir leben willst, setze ich deine Begnadigung durch. Die Pizarros schulden mir einiges.«
»Geh.«
»Himmeldonnerwetter! Begreifst du nicht, du wirst sterben? In deinem Alter! Eine Frau wie du! Und für wen? Für eine Schweinerei dieses ›Indiers‹, der dich einfach preisgibt und der selber bald Galgenfleisch ist! Willst du das: dich an einen Kadaver klammern und enden wie er?«
»Hernando Pizarro kriegt den Inka nicht. Er hat hunderttausend Männer bei sich. Und wie viele seid ihr? In Cuzco nicht einmal zweihundert.«
»Die Zahl hat nichts zu sagen. Denk an Cajamarca.«
»Seitdem hat sich manches geändert. Jetzt sind unsere Krieger mit euren Pferden und euren Feuerwaffen vertraut, und vor allem wissen sie, daß ihr nicht unbesiegbar seid. Du redest mir von Sterben, aber vielleicht sind deine Tage gezählt.«
»Unsinn! Willst du mich lehren, was ein Mann zu tun hat? Der weiß nämlich, was sein Soldatenhandwerk verlangt, stell dir vor. Und ich kenne deine ›Indier‹: unerschrocken, wenn das Glück mit ihnen ist, aber in Auflösung, sobald es ihnen widersteht. Wir Spanier dagegen leisten gerade, wenn es am schlimmsten kommt, unser Bestes. Asarpay, ich kann dir alles bieten, was du dir wünschst. Ich bin jetzt reich, du bekommst einen Palast, Gärten, Diener …«
»Woher weißt du, was ich mir wünsche? Du weißt ja nicht einmal, wer ich bin.«
»Ich weiß, daß ich dich will.«
Villalcázar hielt inne, blickte auf Inkill Chumpi.
»Was hat die? Ist sie schwachsinnig?«
»Sie ist, was eure Soldaten aus ihr gemacht haben. Sie war ein fröhliches Kind, hat gerne gelacht. Seit sie vergewaltigt wurde … Laß uns bitte allein.«
In seiner jähen Art war er mit zwei Schritten bei mir und preßte mich an sich.
»Ich will dich. Wenn ich dich nur sehe, kocht mir das Blut! Und wenn du anders nicht nachgibst, bin ich bereit, dich vor Gott zu heiraten.«
Ich machte mich los.
»Wenn einem an einer Frau etwas liegt und man sie retten kann, stellt man keine Bedingungen, man rettet sie.«
»Für wen hältst du mich? Du hättest doch nichts Eiligeres zu tun, als mir wieder zu entwischen! Ich rette dich, aber zu meinem Preis … einem großzügigen Preis. Ich könnte dich umsonst haben, ich kann dich sogar auf der Stelle …«
»Geh, oder ich rufe die Wache.«
»Die habe ich weggeschickt.«
Er faßte meine Handgelenke. Seine Hände waren zwei eiserne Ringe, seine Augen zwei Schwerter, die mich durchbohrten. Er stieß mich zum Lager und warf sich über mich …
Da sah ich, wie Inkill Chumpi durch den Raum gestürzt kam. Die offenen Haare im Gesicht, die Finger gekrümmt wie Fänge, glich sie einem der grausamen Geister, die auf den Hochweiden ihr Unwesen treiben, den Lamas das Blut aussaugen und jedweden, der sie überrascht, in einen Geier oder Fuchs verwandeln. Sie krallte sich an Villalcázar fest. »Laß sie! Laß sie!« heulte sie, und sie riß an seinen Haaren, trommelte mit ihren kleinen Fäusten auf seinen Kopf, versuchte ihn zu beißen.
Er ließ mich los.
Ich erhob mich, schloß die Arme um Inkill Chumpi und wich, ohne sie loszulassen, zurück.
»Rühr sie nicht an«, sagte ich.
Er stand auf, richtete seine Kleider.
Wir sahen uns an.
»Wenn Hernando dich nicht hängt, wirst du eines Tages bedauern, daß er es nicht getan hat!« sagte er. Und er ging.
»Asarpay! Asarpay!« schluchzte Inkill Chumpi.
Und plötzlich wurde mir bewußt: das Mädchen redete, sie hatte ihre Sprache wiedergefunden!
Als Qhora mit dem Essen kam, fand sie uns umschlungen. Inkill Chumpi lachte vor Freude. Ich weinte. Ich habe vergessen, warum.
Hernando Pizarro kehrte unverrichteter Dinge zurück. Kauend an seinem Zorn, seinem verletzten Stolz, kam er in mein Gemach.
»Der Inka hat mich hintergangen, und Ihr ebenso, Señora. Ich habe ihm einen seiner Krieger geschickt, den wir gefangengenommen haben. Wenn Manco nicht binnen drei Tagen in Cuzco erscheint, werdet Ihr gehängt.«
»Er kommt nicht«, sagte ich. »Eure Brüder haben ihn zu tief gedemütigt. Ihr seid ein stolzer und tapferer Mann, Ihr müßt es verstehen.«
»Drei Tage, Señora! Euch bleiben drei Tage.«
Drei Tage, wenn am Ende der Tod steht, sind lang, man muß zu großer Liebe entsagen, zu vielen Plänen, muß zu viele kleine Tode nacheinander sterben … Und den Spaniern diese Genugtuung zu bieten, sich vorzustellen, wie sie mich am Strick hängen sähen! Die Hinrichtung eines Mannes flößt eine gewisse Zurückhaltung ein. Die
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