Die Favoritin
einzufangen lernten, und was für ein herrlicher Reiter ist Manco! Wenn wir ihn, als Krieger gewandet, auf seinem Fuchs davonsprengen sehen, vornweg die kaiserliche Standarte in den Farben des Regenbogens, begleitet vom triumphalen Marschgesang der Flöten, Meeresmuscheln und Trommeln, wie können wir dann daran zweifeln, daß er mit dem Sieg auf der Lanzenspitze heimkehren wird?
Im August beginnt die Zeit der Aussaat. Die Speicher der Region waren leer, Hungersnot drohte. Um die künftige Ernte zu sichern, mußte Manco mehr als die Hälfte seiner Krieger mit ihren Familien nach Hause schicken.
Die Natur ist gebieterisch. Die Menschen müssen sich ihrem Rhythmus fügen. Also wurde die nun Monate währende Belagerung Cuzcos teilweise aufgehoben.
Hernando Pizarro nutzte die Lage, uns in Ollantaytambo anzugreifen.
Von Pfeilhagel und Steinlawinen empfangen, mußte er mit den Seinen fliehen. Manco ließ die Schleusen öffnen, der Fluß überflutete die Ebene, Hernando wäre ums Haar ertrunken. Der Rückzug bezifferte sich auf zahlreiche Tote und Verwundete. Sonne, Sonne! Wir Frauen hatten nicht Hände genug, die Chicha zu keltern und unseren Gebieter und seine Sippe zu tränken.
Doch Schatten begannen sich zu zeigen.
Aus Panama, Nikaragua, Guatemala, aus Neu-Kastilien und Neu-Spanien brachten vollbeladene Schiffe frische Truppen zur Unterstützung der Pizarro-Brüder. Weitere Verstärkung gab ihnen ein Kontingent unserer eigenen Rasse, Eingeborene der unterworfenen Provinzen, die es der Inkadynastie heimzahlen wollten, daß sie sie zivilisiert und bereichert hatte. So sind die Menschen! Beißen die Hand, die sie aus dem Sumpf zieht! Würdenträger schlossen sich ihnen um ihrer Vorteile willen an. Der Abfall des eigenen Blutes nahm Manco furchtbar mit. Ich sehe ihn noch: verschleierter Blick, die Seele in den schwarzen Gründen des Seins. Aber am meisten litt er um Cuzco, den Hort der Götter und Sitz der Allmacht … Die Stadt war praktisch schon in seiner Hand gewesen, nun entglitt sie ihm mehr und mehr.
Plötzlich fliegt von Mund zu Mund ein Name: Almagro! Almagro, der mit geschundenem Leib und blutendem Herzen aus Chile zurückkehrt … Und Almagro mit seiner großen Armee sendet Manco eine freundschaftliche Botschaft. Almagro, das hieß die mögliche Verständigung, hieß ein ehrenhaftes Bündnis gegen den gemeinsamen Feind, die Brüder Pizarro.
Eine Zusammenkunft in Urcos im Yucaytal wird vereinbart.
Hernando Pizarro ist im Nu informiert. In jedem Lager wimmelt es von lauschenden Ohren und flinken Füßen. Die Hautfarbe bürgt für Anonymität. Hernando beeilt sich, das Spiel zu verwirren. Er schickt Manco eine Warnung: Almagro, läßt er sagen, habe keine Machtbefugnis zum Verhandeln, seine Versprechen seien Anmaßung und Lügen. Manco läßt dem Boten die Hand abschlagen.
Für den Fall, Pater Juan, daß Ihr gegen Anfälle von Empfindsamkeit noch immer nicht hinreichend gewappnet seid und Euch weiterhin an unseren barbarischen Bräuchen stoßt, laßt Euch sagen, daß Eure Landsleute ständig in der Art verfuhren. Die abgeschlagenen Hände, die man sich von Lager zu Lager schickte, waren in diesem Krieg gleichsam ein Austausch von Höflichkeiten.
Um das Gift des Zweifels vollends in Mancos Geist zu träufeln, arrangiert Hernando eine Begegnung mit Almagros wichtigstem Offizier und überhäuft ihn mit Umarmungen, wohl wissend, daß unsere Spione uns die Szene getreulich übermitteln werden.
Nun schlußfolgert Manco, daß die Spanier hinter seinem Rücken intrigieren … Vergeblich bemühe ich mich, ihm Hernandos Tücke aufzuzeigen, ihm klarzumachen, welches Interesse jener daran hat, zwei Feldherren gegeneinander zu hetzen, die sich verstehen könnten und deren Bündnis die Pizarros um jede Möglichkeit brächte, sich in Cuzco zu halten … Manco hat zuviel gelitten, er wittert überall Verrat. Sein Mißtrauen treibt ihn in die Falle. Sein Haß, glaube ich, findet darin sogar Genugtuung. Er beantwortet Almagros Angebote mit Gewalt und verliert so die einzige Stütze, die er auf Eurer Seite hatte.
In der Folge dieses Hin und Her beschließt er, Ollantaytambo aufzugeben.
Ich war schwanger.
***
Unser Zug erstreckte sich über mehrere Meilen.
Die Kondore, Adler und Falken, die am Himmel kreisten, mögen sich gefragt haben, welchem Schoß die Riesenschlange wohl entkrochen sei, die mit ihren funkelnden und federgeschmückten Ringen sich den Berghöhen entgegenwälzte.
Manco hatte unserem Rückzug ein
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