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Die Feen - Hallmann, M: Feen

Die Feen - Hallmann, M: Feen

Titel: Die Feen - Hallmann, M: Feen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maike Hallmann
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wäre, hätte sich die Rutherford anders verhalten.
    Sie warf einen Blick auf die schmale silberne Uhr an ihrem Handgelenk und musterte ihn nachdenklich. »Jetzt gleich?«
    »Wenn es möglich ist?«
    Sie nickte. »Gehen Sie schon mal vor zu meinem Büro, ich lasse die Akte aus dem Archiv bringen. Das Büro ist abgeschlossen, aber ich brauche nicht lange.« Zack, war die Tür zu, ehe er antworten konnte. Also trabte er los. Ihm war ein wenig mulmig zumute. Große Lust darauf, mit der Rutherford zu tun zu haben, verspürte er nicht, es war ihm unangenehm, aber vor allem hatte er das Gefühl, etwas anzufangen, das sich möglicherweise nicht so leicht wieder würde beenden lassen. Wer A sagt, muss auch B sagen, dozierte sein Vater in seinem Hinterkopf.
    Unterwegs traf er ein paar Schüler, aber niemanden, den er näher kannte. Um die Rüstung des verstorbenen Alasdair MacGregor schlug er unwillkürlich einen kleinen Bogen, ihm war, als würden ihm aus dem leeren Helm Blicke folgen. Tatsächlich wartete er nicht lange, bis die Rutherford kam, jetzt in einem schlichten grauen Kostüm. Sie schloss die Tür des Büros auf, schaltete das Licht ein und bat ihn, sich zu setzen. So spät am Abend wirkte das Büro eigenartig privat, er fühlte sich deplatziert, als würde er jemanden besuchen, der das gar nicht wollte. Die hohen, dunklen Regale starrten ihn stumm an, der Stuhl, auf dem er saß, hatte Klauenfüße.
    »Tee?«, fragte sie.
    »Nein, danke.«
    Offenbar wollte sie selbst einen Tee trinken, sie hantierte mit einem Wasserkocher herum, der auf der Fensterbank stand. Gerade als sie das sprudelnd heiße Wasser aufgoss, klopfte es. Auf die Aufforderung der Rutherford trat ein magerer jüngerer Schüler ein. »Ich bringe die Akte«, sagte er.
    »Danke, Mister Woodrow.« Die Rutherford nahm sie ihm ab.
    Ein neugieriger Blick huschte zwischen Benny und der Rutherford hin und her, dann war der andere wieder fort.
    Die Rutherford legte die Akte vor Benny ab. Er starrte sie an. Dunkelblau wie die Uniformen, mit dem dunkelroten Wappen von Glenshee Castle darauf. Ein Wolfshund und ein Schwert. »Treue und Stahl«, sagte die Rutherford. Erstaunt blickte er auf.
    »Die Clanworte der MacGregors«, sagte sie. »Eine schöne Tradition, nicht wahr? Mir jedenfalls gefällt es. Als Kind war ich oft in Schottland, ich habe hier Verwandte. Diese Clanverbundenheit, die viele Schotten noch immer empfinden, hat mich immer angerührt und ein wenig neidisch gemacht. Ich habe mir sogar überlegt, welche Worte für meine eigene Familie geeignet wären. Für mich, meine Mutter und meine Schwester. Und vielleicht noch meine Tante, ihren Mann und die einzige Tochter. Mehr war nicht übrig vom stolzen, alten Clan der Rutherfords aus London.« Sie lachte leise, ging um den Tisch und setzte sich ihm gegenüber hin.
    »Und welche Worte haben Sie sich ausgesucht?«, fragte er unwillkürlich.
    »Gebeugt, aber nicht gebrochen«, erwiderte sie wie aus der Pistole geschossen. »An guten Tagen jedenfalls. An anderen habe ich eher zu Wir sind zwar im Arsch, aber wasch dir trotzdem die Hände tendiert.« Sie lächelte. »Schauen Sie nicht so entsetzt drein. Ich war auch mal in Ihrem Alter.«
    Schau an, dachte er. In ihm sträubte sich etwas, wie die dicken Borsten eines Stachelschweins. Ich war auch mal in deinem Alter. Der Spruch erster Wahl, wenn sich ein Erwachsener anbiedern wollte. Der nächste Schritt war dann, zu erklären, dass man später alles etwas anders betrachten würde, Benny würde schon sehen. Er wartete, aber sie sagte es nicht. Stattdessen betrachtete sie ihn ruhig. »Sie haben noch nie die Akte Ihres Schützlings eingesehen, richtig?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Gut. Sie ist versiegelt. Um sie zu lesen, brechen Sie das Siegel. Ich bleibe dabei – und es wird nichts notiert oder kopiert. Wenn Sie fertig sind, übergeben Sie sie mir wieder, zur Neuversiegelung. Auch eine alte Tradition, sicher so alt wie das Internat, aber die MacGregors bestehen darauf, dass sie eingehalten wird. Falls Sie Fragen haben, stehe ich zur Verfügung. Ich muss Sie noch darauf hinweisen, dass alles, was Sie lesen, vertraulich ist. Wenn etwas davon diesen Raum verlässt und sich daraus wie immer geartete Unannehmlichkeiten ergeben, ist diese Indiskretion ein ausreichender Grund, Sie der Schule zu verweisen. Selbstverständlich können Sie mit Ihrem Schützling darüber reden, aber mit sonst niemandem. Haben Sie das verstanden, und akzeptieren Sie

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