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Die Feen - Hallmann, M: Feen

Die Feen - Hallmann, M: Feen

Titel: Die Feen - Hallmann, M: Feen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maike Hallmann
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zu stecken. Darin war es warm und sehr eng und roch nach Schokolade. Schnüffelnd und ein wenig getröstet machte sich Sil daran, in der Enge nach der Quelle des Geruchs zu suchen, fand aber nur ein leeres Papier und einige Reste. Schändlich! Die Tasche bewegte sich, weil sich der Feuersänger bewegte, viele große, trampelige Großfußschritte, dann griff eine große Hand in die Tasche und zog Sil unsanft heraus. Er tauchte in den Moment zwischen zwei Lidschlägen und sah sich um. Niemand da außer ihnen. Nur ein paar träge Schatten in den Winkeln, die sich nicht interessierten. Gutgut. Er klammerte sich an die Hand des Feuersängers, die gut roch, nach Schokolade und Trost, und biss hinein.
    »Au!«, zischte der Feuersänger und schüttelte ihn ab. »Bist du verrückt geworden?«
    »Schlimm«, schniefte Sil erbärmlich und hoffte auf Mitgefühl und Verständnis.
    »Was ist passiert?«, flüsterte der Feuersänger und beugte sich dicht zu ihm. Das Gesicht war sehr groß, und die tiefen, dunklen Nasenlöcher verlockten dazu, etwas hineinzustecken.
    »Schlupp-Schlupp«, brachte Sil heraus. »Und Wind im Stall … huiiii! Ein Kichern! Und Stimmen! Der Wind auf seiner Schulter, ein Windmädchen, das ihm ins Ohr flüstert. Sie trägt Worte. Und dann …« Er warf die Hände in die Luft, weil er nicht weiterwusste. Wie sollte man das begreiflich machen?
    »Weg«, brachte er kläglich heraus. »Kobold.« Er spie aus. »Scheußlicher, scheußlicher Kerl. Dunkel und garstig. Packt sie – und weg. Kein Flüstern mehr. Kein Kichern. Weg!« Er winselte.
    Ratlos starrte der Feuersänger auf ihn nieder.
    »Schokolade«, wimmerte Sil kläglich.
    »Ich hab nichts mehr«, flüsterte der Feuersänger. »Tut mir leid. Mein Taschengeld ist alle. Ich besorg dir welche. Morgen Abend. Wenn es einmal hell und dann wieder dunkel geworden ist, dann gibt es Schokolade.«
    »Schokolade«, klagte Sil.
    »Schlupp-Schlupp«, erinnerte ihn der Feuersänger. »Das ist Benny, richtig?«
    Sil nickte. Ganz sicher war er nicht, aber ein bisschen. Jedenfalls war er nicht sicher, dass es nicht Benny war, also würde es schon stimmen.
    »Er hat etwas gehört?«
    »Windmädchen«, nickte Sil eifrig und erinnerte sich an lichtblaues Funkeln und Durchsichtigkeit und ein feines, winziges Gesicht. »Schööön«, schwärmte er. Dann war die Erinnerung wieder fort. Es war schwer, sich an etwas zu erinnern, das es nicht mehr gab.
    »Und dieses Windmädchen – sie war auf seiner Schulter?«
    »Schulter«, bestätigte Sil und nickte ganz schnell mit dem Kopf auf und ab. »Und dann fort. Und wieder da. Und wieder fort. Holt neue Worte. Schlupp-Schlupp ist einsam. Sie bringt ihm Worte.«
    »Hat er sie gesehen?«, erkundigte sich der Feuersänger, seine Augen wurden noch größer als sonst und verlockten dazu, sie anzufassen, große, glänzende Kugeln. Aber der Feuersänger mochte es nicht, wenn man seine Augen anfasste. Schadeschade!
    »Ich habe dich gefragt, ob er sie gesehen hat«, zischte der Feuersänger. Erschrocken duckte sich Sil und verstand nicht.
    »Hat Schlupp-Schlupp das Windmädchen gesehen?«, wiederholte der Feuersänger hurtighurtig.
    »Nein«, versicherte ihm Sil feierlich, froh, dass er eine Antwort wusste. »Nicht gehört, nicht gesehen. Nur die Worte, die sie ihm bringt.«
    »Und dann war da ein Kobold, sagst du? Was für einer?«
    An das Windmädchen zu denken war schwer, aber schön. An den Kobold zu denken war nicht schwer, aber garstig. Sil wollte lieber nicht an ihn denken. Er zischte. »Groß und dunkel und gemein. Krötenmaul und Krötenfüße. Springt hoch und fängt das Windmädchen. Und …« Er versuchte das Geräusch nachzumachen, das er gehört hatte. Es war ein schlimmes Geräusch, das aus vielen kleinen schlimmen Geräuschen bestand. Da war das Fauchen, als der Kobold hochsprang, der kleine erschrockene Schrei des Windmädchens, das seltsame Zischen, als Koboldhände einen Windkörper berührten, und die Stille, als das Windmädchen verschwand. Stille ließ sich sehr schwer nachmachen, aber Sil versuchte sein Bestes.
    Der Feuersänger verstand nicht und redete mitten in die Stille hinein. »Er hat sie getötet? Der Krötenkobold hat das Windmädchen getötet?«
    Verständnislos starrte Sil ihn an. »Sie ist weg?«, versuchte er es.
    »Sie ist wirklich weg?«
    Sil nickte verärgert. Wenn der Feuersänger zu Ende zugehört, sich die ganze Stille angehört hätte, dann hätte er verstanden und müsste nicht so dumme Fragen

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