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Die Feen - Hallmann, M: Feen

Die Feen - Hallmann, M: Feen

Titel: Die Feen - Hallmann, M: Feen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maike Hallmann
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Schokolade zu lieben. Socken konnte man lieben, ohne dass sie danach weg waren. Das war bestimmt schön. Aber aus Socken machte er sich nicht viel, nicht einmal aus linken Socken. Schadeschade.
    Die Schokolade war fort, das Koboldmädchen war fort. Das Feuer prasselte munter und zufrieden vor sich hin, es gab keine Asche fortzukehren. Jetzt war wieder Zeit, um zu warten. Sil kauerte sich dicht ans Feuer, es biss nach ihm, und er schlug danach. Das war nicht nett, ihn zu beißen, obwohl er es gefüttert hatte.
    Er biss in jeden seiner Finger einmal, dann in die Zehen. Finger hatte er an jeder Hand vier, und Zehen an jedem Fuß drei. Die Finger gefielen ihm besser, sie rochen noch ein bisschen nach Schokolade. Er zählte sie alle durch. Es waren immer gleich viele. Das war erstaunlich und schön. Trotzdem war Warten schlimm. Das hatte sie gestern auch gesagt, als sie im Häuschen hockten und warteten und sie vergessen hatte, ihm etwas zu essen zu geben. Das Warten ist das Allerschlimmste, hatte sie gestöhnt und war aufgestanden, um aus dem Fenster zu schauen, einen Kreis in der Küche zu laufen und sich wieder hinzusetzen.
    Sil seufzte. »Schlimmschlimm«, murmelte er und legte die Arme beruhigend um sich selbst. Er verstand nicht, warum man immer so viel warten musste, wenn man es mit Großfüßen zu tun hatte.
    Als Schlupp-Schlupp endlich kam, hatte er eine Tüte dabei. Sie raschelte verlockend. Schlupp-Schlupp setzte sich aufs Bett und griff in die Tüte. Vor Aufregung wurde Sil ganz heiß. Was er dort herauszog, war Schokolade! Lange, schmale Stücke Schokolade in buntem Papier. Er tat damit, was Großfüße oft taten, er steckte sie in eine von diesen Taschen, die sich Großfüße gern auf den Rücken setzten. Früher hatte Sil geglaubt, sie täten das, damit sich nichts anderes auf ihren Rücken setzte und sich tragen ließ. Im Moor gab es ein Geschöpf, das so etwas gern tat und auf dem Rücken ritt, bis der Großfuß, dem er gehörte, vor lauter Erschöpfung umfiel. Dann huschte es kichernd davon und versteckte sich in einem hohlen Baum oder hinter einem Busch. Viel Verstand hatte es nicht, und Sil hätte es schlau gefunden, wenn die Großfüße etwas erfunden hätten, damit sich nicht etwas so Dummes auf ihren Rücken setzte und sich von ihnen tragen ließ. Aber es hatte gar keinen Sinn, sie taten es einfach nur so.
    Mit großen Augen schaute er zu, wie jede Menge Schokolade in der Rückentasche verschwand, mehr Schokolade als der ganze Sil. Trotzdem war noch immer etwas in der Tüte, er sah es ganz genau, als Schlupp-Schlupp sie oben zusammendrehte und in seinen Schrank legte. Dann schwang er mit einer ziemlich müden Bewegung die Rückentasche über die Schulter und ging zur Tür.
    Sil zitterte. Wenn Schlupp-Schlupp jetzt fortging, dann war er allein. Allein mit dem, was noch in der Tüte war. Er konnte ganz in Ruhe den Schrank aufmachen und nachschauen, ob es auch Schokolade war. Und wenn es Schokolade war, dann würde ihn niemand daran hindern, sie zu essen, denn es war niemand da, niemand außer den Schatten, die gar nichts aßen, weil sie gar keine Gestalt hatten, und dem Koboldmädchen, das sich nur für Socken interessierte, bestimmt nicht für Schokolade. Und wenn er sehr schnell aß, dann holte er Schlupp-Schlupp danach vielleicht noch ein.
    Aber er wusste nicht, wo er hinwollte. Das war nichtgut. Schlupp-Schlupp machte sehr große Schritte, und er würde fort sein, noch bevor Sil den Schrank geöffnet hatte. Und er sollte ihn doch beobachten!
    Nichtgut. Sil steckte die Hand in den Mund und biss darauf. Er sollte ihn beobachten. Das sollte er tun, und wenn er es nicht tat, dann war er faul und unnütz. Aber Sil war nicht faul und unnütz, sondern tapfer und gut. Also konnte er nicht hierbleiben und die Schokolade essen. Er musste fortgehen und Schlupp-Schlupp folgen. Leise wimmernd huschte er los und schaffte es gerade noch durch die Tür, bevor sie hinter ihm und Schlupp-Schlupp zuschlug.
    Weil er sehr viel an die Schokolade dachte, die Schlupp-Schlupp in seiner Rückentasche umhertrug, passte er nicht sehr gut auf. Zweimal glitt er fast aus dem dunklen Spalt zwischen zwei Lidschlägen heraus. »Nichtgut!«, zischte er sich selbst an. »Nichtjetzt!«
    Aber es war nicht nur seine Schuld. Eigentlich war es gar nicht seine Schuld. Es war die Schuld seines leeren Magens, der knurrte, und die Schuld der schlimmen Nacht, in der man ihn vergessen hatte, und die Schuld von Schlupp-Schlupp, der Schokolade

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