Die Feen - Hallmann, M: Feen
mit sich herumtrug, ohne sie zu essen, und ihn damit ablenkte.
Durch lange Gänge folgte er dem rücksichtslosen Großfuß, in denen es kalt war, und über Treppen, die steil waren und scheußlich. Im kleinen Häuschen gab es nur eine kleine, freundliche Treppe mit niedrigen Stufen, die von der Tür in den Hof führte, und eine Leiter unter das Dach. Keine langen, kalten Gänge, in denen Wind wehte, als wäre man draußen. Hier war es nicht schön. Missmutig folgte Sil Schlupp-Schlupp, lange, weite Wege, bis seine armen Füße wehtaten. Und er wurde nicht für seine Mühe belohnt. Schlupp-Schlupp wollte zu dem großen Raum, in dem alles voller Bücher war. Im kleinen Häuschen gab es auch Bücher, Sil wusste, dass Großfüße gern hineinschauten und sich die ganzen kleinen schwarzen Dinger anschauten, die aussahen, als wären sehr kleine Vögel und Eichhörnchen mit schwarzen Füßen über das Papier gelaufen. Hier war alles so voller Bücher, als wären sie etwas sehr Wichtiges. Sie standen und lagen überall herum, und wenn Sil daran dachte, wie viele Vögel und Eichhörnchen über das Papier gelaufen sein mussten, um all diese raschelnden Seiten mit ihren Spuren zu füllen, wurde ihm ganz schwindlig. Das war nicht schlimm, aber was schlimm war: Hier gab es kein Feuer. Hier gab es nur Heizung, dieses Feuer, das keins war, dieses Nichtfeuer, von dem er sich fernhalten sollte. Sil fühlte sich gar nicht wohl in Zimmern, in denen es kein Feuer gab. Das war fast wie Draußensein.
Schlupp-Schlupp sprach mit einem Großfuß-Mädchen, das sehr schöne lange dunkle Haare hatte, die dazu verlockten, daran zu ziehen und sie durcheinanderzubringen. Dabei trat er von einem Fuß auf den anderen, die Worte kamen zögernd, er fühlte sich nicht sehr wohl. Offenbar hatte er vergessen, dass er Schokolade in seiner Rückentasche hatte, oder er war sehr dumm. Denn wenn man sich schlecht fühlte, half Schokolade sehr gut. Aber er aß keine, sondern fühlte sich einfach weiter schlecht und lachte komisch und zu laut.
Dann ging er zu einem langen Tisch, an dem viele Großfüße vor summenden Kästen saßen, wartete eine Weile, bis jemand aufstand und fortging, und setzte sich hin. Sil schlüpfte hinter einen Bücherstapel und kauerte sich nieder. Doch Schlupp-Schlupp tat nichts Aufregendes. Er schob nur ein Ding hin und her, das mit einem langen Band an dem Kasten befestigt war, schaute auf den Kasten, der sehr hell und bunt war, und machte Klick-klick mit den Fingern auf einem Brett. Das Klick-klick interessierte Sil, aber er wusste, dass er nicht Klick-klick machen durfte, wenn der Kasten summte. Er hatte das einmal getan. Der Ärger war so schlimm gewesen wie ein Gewitter direkt über seinem Kopf, und er war in die Höhle tief unter der Erde geflohen, zu seinem blauen Feuer, und hatte sich sehr lange nicht zurückgetraut. Klick-klick durfte er nur machen, wenn der Kasten auf dem Tisch nicht leuchtete, und irgendwie machte es dann nur noch halb so viel Spaß.
Nachdenklich schaute er auf die Rückentasche. Sie stand neben Schlupp-Schlupp auf dem Boden. Sil überlegte. Er fand, dass er sehr tapfer und gut war. Er sollte Schlupp-Schlupp beobachten, und das tat er, obwohl man ihn in der schlimmen Nacht ganz vergessen hatte. Und obwohl in Schlupp-Schlupps Schrank Schokolade war, vielleicht, Vielleichtschokolade, verlockend und süß. Aber hatte er nachgeschaut? Nein. Hatte er davon genascht? Nein. War er Schlupp-Schlupp brav gefolgt, wie er es tun sollte? Er nickte heftig. Wenn man gerecht war, und das war Sil, dann musste man einsehen, dass er eine Belohnung verdient hatte. Und zwar nicht späterspäter. Auf Späterspäter konnte man sich nicht verlassen. Manchmal vergaßen die Großfüße das Späterspäter, und Sil vergaß es manchmal auch, das war keine Belohnung. Die Belohnung war in Schlupp-Schlupps Rückentasche, und er hatte sie jetzt verdient, jetzt, weil er mit leerem Bauch in diesem Zimmer der Bücher hockte, wo es kein Feuer gab, und zuschauen musste, wie Schlupp-Schlupp Klick-klick machte, obwohl der Kasten leuchtete. Und es war auch kein Diebstahl, wenn er sich seine Belohnung selbst nahm. Sil war nämlich kein Dieb. Und außerdem hätte Schlupp-Schlupp die Schokolade längst gegessen, wenn er sie gewollt hätte. Hatte er aber nicht. Nachdem er all das festgestellt hatte, war Sil sehr erleichtert. Ganz sicher war er nicht gewesen, dass es richtig war, aber jetzt bestand kein Zweifel mehr.
Behutsam pirschte er sich näher
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