Die Feen - Hallmann, M: Feen

Titel: Die Feen - Hallmann, M: Feen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maike Hallmann

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stark ihre Kehle hinunterfloss, sie spürte ihn in ihrem Körper, als würde er sich seinen Weg hindurchbrennen. »Vielleicht wäre es Alasdair eine Lehre gewesen«, sagte sie nachdenklich, »wenn sie sich einen zweiten Schüler geholt hätte. Er ist der Meinung, sie ist harmlos. Jedenfalls im direkten Vergleich mit dem Kelpie.«
    »Harmlos.« Gin schnaubte. »Wie geht es Finley eigentlich?«
    »Stabil. Er ist schon wieder im Unterricht. Bisschen blass um die Nase und ziemlich still. Seine Träume möchte ich nicht haben.«
    »Dann ist es ja noch mal gutgegangen.«
    »Ich weiß nicht«, brummte Leslie.
    Mit zusammengekniffenen Augen musterte Gin sie. Offenbar hatte sie vergessen, dass schon reichlich Zucker im Tee war, denn sie löffelte noch ein bisschen hinterher. »Es ist doch gutgegangen, oder? Er wird sich schon noch ganz erholen. Oder meinst du nicht?«
    »Ich glaube ja, dass die Schwarze Banshee ihn sucht. Grau hat sie gesehen. Sie kommt ganz nah an die Burg.«
    Der Löffel klirrte hart gegen die Tasse. »Da hat sie nichts zu suchen.«
    »Doch. Finley.«
    »Weshalb sollte …«
    »Weil sie angefangen hat«, vermutete Leslie. »Und weil sie es beenden möchte. Sie hat von ihm probiert, und jetzt will sie mehr. Du isst doch auch nie nur ein Stück Schokolade, sondern die ganze Tafel.«
    Beleidigt kniff Gin die Lippen zusammen. »Das ist …«
    »… wahr?« Leslie grinste kurz und wurde wieder ernst. »Ich weiß nicht, ob sie wirklich Finley will. Vielleicht ist es ihr mittlerweile egal, wen sie bekommt. Sie streunt herum und sucht und schnüffelt. Ich will nachher mit Grau …«
    »Gar nichts wirst du!«, fuhr Gin auf. »Hör mal gut zu, junge Dame. Ich habe auch ein bisschen nachgedacht. Und ich finde, wir sollten nichts überstürzen. Bisher sind es drei Feenwesen, die gestorben sind. Drei – von wie vielen?«
    Leslies Mund wurde trocken. »In einem halben Jahr«, erwiderte sie. »Und sie sind nicht einfach gestorben. Sie sind gealtert. Und …«
    »Und sie sind ja selbst schuld. Feen haben in der Menschenwelt nichts verloren.«
    »Ach.« Leslie hob die Brauen. »Ist das so?«
    »Wenn Alasdair Recht hat und es nur ein paar ortsgebundene Feen sind, die …«
    »Alasdair irrt sich. Es liegt in der Luft, dass da noch mehr kommt. Ich spüre es. Und Grau spürt es auch.«
    Unter dem Tisch regte sich etwas. Geduckt kam Grau herausgetrottet und legte ihr den schweren Kopf aufs Bein.
    »Es ist seit langer Zeit gutgegangen«, beharrte Gin stur. »Von William einmal abgesehen.«
    »Oh, er freut sich bestimmt, wenn du von ihm einmal absiehst«, spottete Leslie. Ihr war kalt, aber das war keine Nebenwirkung mehr von ihrem Ausflug mit Grau. »Hör zu, Gin – es muss irgendwas passieren. Ich glaube …« Sie suchte nach den richtigen Worten und seufzte. »Ich habe den Verdacht, dass Alasdair die Kontrolle verliert«, sagte sie dann.
    »Über die Schwarze Banshee. Das sagtest du bereits.«
    »Über Glen.«
    Gin starrte sie an.
    »Ich glaube«, fuhr Leslie fort, »dass die Schwarze Banshee ein Symptom ist. Ich habe die ganze Nacht darüber nachgedacht. Sie ist ein Symptom dessen, was hier in Glenshee nicht mehr stimmt. Feenwesen im Dienst menschlicher Gier und Willkür – daraus muss doch etwas entstehen, ein schreckliches Wesen, an einem solchen Ort, nicht wahr? Das, was Vater und Alasdair tun, kann nicht folgenlos bleiben. Sie greifen viel tiefer in die Natur des Tals ein, als sie wahrhaben wollen. Und es ist etwas passiert, das sie nicht vorhergesehen haben. Sie nicht – und auch nicht die Kerrigans. Das, was sie pervertieren, ist Gestalt geworden. Ein Wesen, das die Schönheit des Todes besingt und Sterbenden den Übergang ins Vergessen erleichtert, ist zu einem Geschöpf geworden, das den Wahnsinn bringt. Es gibt dafür keine einfache Lösung, weil Alasdair nicht zugeben kann, wofür die Schwarze Banshee steht – für sein Versagen. Schlimmer noch: für das Versa gen der ganzen Idee. Für die Unmöglichkeit zu tun, was sie tun.«
    »Du redest völlig wirres Zeug, Leslie MacGregor«, sagte Gin. »Aber mir läuft es kalt den Rücken runter.«
    »Die Schwarze Banshee ist eine Entartung.« Leslie hob den Kopf und tigerte in der kleinen Küche auf und ab. Sie fühlte sich fiebrig. »Die Idee von Glen, der Vertrag mit den Kerrigans, das ist die erste entartete Zelle gewesen. Und daraus ist ein Tumor geworden. Die Schwarze Banshee ist ein Tumor, und er ist bösartig.«
    »Ich mache mir ernstlich Sorgen um dich.«
    »Ich