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Die Feen - Hallmann, M: Feen

Die Feen - Hallmann, M: Feen

Titel: Die Feen - Hallmann, M: Feen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maike Hallmann
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mache mir ernstlich Sorgen um Glenshee.« Leslie blieb ruckartig stehen und starrte Gin an. »Ich muss etwas unternehmen. Alasdair wird vielleicht etwas tun, vielleicht aber auch nicht, und vor allem weiß er nicht, was die Schwarze Banshee ist. Ich hingegen habe es jetzt begriffen. Es genügt nicht, sie von Glen fernzuhalten, weil sie nicht nur die Schüler von Glen bedroht. Sie ist wie eine Infektion, sie streut, sie bedroht sehr viel mehr als nur die Schule. Man muss sie nicht nur daran hindern, Schaden anzurichten. Man muss sie vernichten.« Sie holte tief Luft, von ihrer eigenen Theatralik war ihr ganz schwindelig, aber sie meinte jedes Wort genau so, wie sie es sagte.
    »Leslie Mac…«, hub Gin an.
    »Heute Nacht«, sagte Leslie entschlossen. »Es duldet keinen Aufschub. Heute Nacht operieren wir den Tumor aus dem Leib des Tals. Heute Nacht bringen wir die Schwarze Banshee um, Grau und ich.«

21 Nachtwache
    21 NACHTWACHE
    W enn sich Leslie Glenshee Castle näherte, spürte sie es pulsieren. Vor allem in der Dämmerung. Die Mauern schienen sich aufzublähen, als plustere sich die alte Burg auf wie eine gewaltige Kröte, dann fiel sie wieder in sich zusammen, blähte sich erneut auf, fiel wieder zusammen. So deutlich empfand Leslie es, dass sie Mühe hatte, es in Einklang zu bringen mit dem, was sie sah: hohe, feste Mauern, bis auf wenige Ausbesserungen beständig seit Jahrhunderten. Das war das diesseitige Glen.
    Das andere Glen, das sich in der Feenwelt befand, konnte sie mit ihren sterblichen Augen nicht sehen. Zwar sah sie jene Wesen, die sich in die Menschenwelt begeben hatten – die Feenwelt jedoch blieb ihr verschlossen, sie konnte sie weder betreten noch sehen.
    Neben ihr zitterte Grau. Er zitterte weder vor Kälte noch vor Angst. Er zitterte, weil er sich sonst der Burg nur bis zur Brücke näherte. Die Brücke war weiter fort als der Rand des Moors, wo sie standen. An der Brücke ertrug er es recht gut. Jetzt waren sie zu nah. Für ihn war es schlimmer als für sie, er spürte es nicht nur, er sah es auch. Er konnte gar nicht anders. Für ihn war das Glen diesseits der unsichtbaren Grenze nur ein blasser Schemen, überlagert von dem Zerrbild des wirklichen Glen, das ein einsames, im Traum verlorenes Mädchen auf der anderen Seite hatte erbauen lassen. Eine kindliche Königin, die sich herbeischaffen ließ, was immer ihr Herz begehrte. Eine Gefangene, die nicht zurückfand in die Welt, der sie entstammte. Das andere Glen war ein Alptraum aus steil aufragenden, fensterlosen Mauern, schwarz und von kriechenden, klebrigen Pflanzen überwuchert.
    »Schwester«, flüsterte Leslie und streckte die Hand aus, als wollte sie die Mauern berühren. Dort drüben, im anderen Glen, lebte seit achtzehn Jahren ihre gestohlene Schwester. Wie viel achtzehn Jahre in der Menschenwelt dort drüben sein mochten, war nicht zu ermessen. Für Leslie war sie unerreichbar, sie hatte sie nie gesehen, nur die Mauern des lebendigen Abbilds Glens auf der anderen Seite. Es erfüllte sie mit Besorgnis, wie dunkel und feucht die Mauern aufragten, wie sie sich im Wind der fremden Welt wiegten, zu der Leslie keinen Zutritt hatte. Ihr wäre wohler gewesen, wenn dort ein Schloss wie aus einem Märchen gestanden hätte. Aber ihre Schwester kannte keine Märchen. Sie lebte in einem. Nicht in einem schönen, fürchtete Leslie. Aber als Alasdair ihr auf solche Fragen noch geantwortet hatte, hatte er stets behauptet, es ginge ihr gut. Daran klammerte sie sich, denn Alasdair log selten. Allerdings hatte sie Grau nie wieder gebeten, das andere Glen durch seine Augen sehen zu dürfen.
    Leslie kauerte sich nieder und reckte einen Arm hoch, um ihn auf Graus Schulter zu legen. Wenn sie hockte, war er höher als sie. Sie legte die Wange an das raue Fell seiner knochigen Brust. Dämmerungsgrau war es und verschwamm fast im versickernden Restlicht des Tages.
    Aus der Tür zur Roten Halle kamen zwei Gestalten, weit entfernt und winzig. Leslie beobachtete, wie sie über den Kiesweg trabten und in den Ställen verschwanden. Sie dachte an das Pony, das sie als Kind gehabt und das sich vor ihr gefürchtet hatte, wie sehr sie es auch zu beruhigen und zu bestechen versuchte. Fanny, erinnerte sie sich, und lächelte. Sie hatte es zu gern gehabt, um es allzu lange zu bedrängen, und hatte es schließlich einfach sein Ponyleben leben lassen, den ganzen Tag auf einer der alten Weiden, die zum Herrenhaus gehörten, wo es unter knorrigen Bäumen gegrast und sich

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