Die Feenflöte
die alltäglichen Ereignisse und die neuen Entwicklungen in der Menschenwelt. Davon erzähle ich später mehr, in der großen Runde."
Galadan's Gesicht erhellte sich.
"Laß' mich raten. Du hast die Spur des Buches gefunden, stimmt's?!"
"Nein, leider noch immer nicht. Aber ich habe ein neues Werkzeug zur Verfügung für meine Suche."
Merlane wies auf die Tasche und öffnete sie. Ein anthrazit-grauer flacher Kasten lag darin. Sie nahm ihn heraus und klappte seinen Deckel auf.
"Das hier ist ein Laptop."
"Ein was?"
"Ein Laptop, oder Notebook. Ein Computer."
"Ich dachte, Computer seien riesige schwere Kästen."
"Waren sie, sind sie teilweise noch immer. Aber es gibt auch so kleine wie dieser hier."
"Und das ist ein Werkzeug?"
Merlane nickte.
"Die Menschen benutzen es inzwischen ständig. Ich habe einige Zeit gebraucht, bis ich damit zurecht kam. Es gibt zig-Tausende von Computern auf der ganzen Welt, die miteinander verbunden sind. Überall sind unvorstellbar große Mengen an Wissen gespeichert, das man abrufen kann."
"Ich verstehe, du willst auf diesem Wege nach dem Buch suchen."
"Ja, Alhynn, auch das. Gefunden habe ich allerdings etwas anderes. Ich glaube zu wissen, wo unsere goldene Flöte ist, und der Mann, der sie damals gestohlen hat."
Sofort sprachen alle durcheinander, bestürmten Merlane gleichzeitig mit aufgeregten Fragen. Als wieder Ruhe eingekehrt war, beschrieb ihnen Merlane zuerst einmal, wie sie mit ihrem Laptop auf die Suche nach Informationen gegangen war. Voller Begeisterung schilderte sie dem Weisen Rat, welche Möglichkeiten ihr das neue Werkzeug bot, berichtete von wissenswerten und kuriosen Entdeckungen, die sie gemacht hatte, und von vielen Bildern aus aller Welt, die sie gefunden hatte.
"Auf diese Weise habe ich in den letzten Monaten mehr über die Welt der Menschen erfahren als früher in Jahren. Ich habe eine große Zahl von Bildern und anderen Beispielen auf meinem Laptop gespeichert. Nachher zeige ich sie euch. Ihr werdet staunen."
"Wie bist du auf die Spur der Flöte gekommen?" wollte Filania wissen.
"Eigentlich mehr durch Zufall. Natürlich habe ich viel im Bereich Musik gestöbert. Irgendwo stieß ich auf einen Hinweis zu einem Zeitungsartikel über einen berühmten Flötisten. Es gibt nicht viele Flötisten, die auf einer goldenen Flöte von ungewöhnlicher Schönheit spielen, und die noch dazu über ein einmaliges Talent verfügen. Ich habe mir dann eine CD dieses Mannes besorgt."
Merlane griff in ihre Tasche und hielt die Plastikbox hoch.
"Seht ihr?! Das Foto sagt alles. Die Flöte ist für einen Kundigen eindeutig zu erkennen. Und der Mann ebenfalls. Nicht einmal seinen Namen hat er geändert. Der Bursche war nur geschickt. Kurz nach dem Diebstahl hat er damals die Flucht nach Amerika ergriffen. Dort hat er studiert, hat musiziert, und erst nach einigen Jahren Berühmtheit erlangt."
"Weißt du, wo er in Amerika ist?"
Merlane lächelte listig.
"Er ist nicht mehr in Amerika. Vor einigen Wochen hat er eine Konzertreise in Europa begonnen."
"Sag' schon, wo ist er?!"
"In Frankreich. Dort war er schon öfter, genau wie in Italien, wo er ebenfalls sehr beliebt ist. Aber es kommt noch besser. In ein paar Wochen wird er nach England kommen, um hier eine weitere Konzertreihe zu geben. Das ist unsere Chance."
Erneut sprachen alle durcheinander. Sogleich entspann sich eine Diskussion darüber, wie man die Flöte zurückbekommen könne, und wie man den Dieb bei dieser Gelegenheit bestrafen solle.
"Wartet! Hört mir zu!" rief Merlane dazwischen.
"Natürlich wollte ich ursprünglich zuerst mit euch darüber sprechen, aber dann hat sich eine Gelegenheit ergeben, die ich ergreifen mußte."
Gespannt lauschten die Feen des Weisen Rates ihrem Bericht. Es war ihr gelungen, Kontakt zur Künstleragentur Harrigan herzustellen, die zahlreiche bekannte Solisten der Klassikszene betreute. Sie hatte sich als Urenkelin eines sehr begabten, wenngleich wenig bekannten Instrumentenbauers ausgegeben, die an die Tradition ihres Urgroßvaters anknüpfen und wieder hochwertige Einzelstücke herstellen wollte. Auswählte Merkmale sollten diese in Funktion und Gestaltung zum bestmöglichen Instrument für den einzelnen Künstler machen. Merlane hatte einige alte Schriften der Feenbibliothek mitgenommen und einige eher phantasievolle Skizzen von eigener Hand beigefügt. Mit diesen Blättern war sie in der Agentur erschienen. Sie hatte Richard Harrigan ihre Pläne und die Zeichnungen erläutert.
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