Die Feenflöte
Spontan war er davon sehr angetan gewesen.
"Wissen sie was," sagte er und deutete auf eine der alten Abbildungen, "ich glaube, einer meiner Künstler besitzt eine Flöte aus der Produktion ihres Urgroßvaters."
"Wie kommen sie darauf? Ich glaubte, die Instrumente meines Urgroßvaters seien alle verschollen!" fragte Merlane scheinbar überrascht.
"Zumindest eines nicht, da bin ich mir fast sicher. Kennen sie Sean Dennehy? Natürlich kennen sie ihn. Was für eine Frage an eine Flötenbauerin! Ich erkenne die Bauweise und vor allem die außergewöhnlichen Verzierungen auf dem Instrument wieder. Es wäre sicher äußerst interessant für sie beide, einander kennenzulernen."
"Mit dem größten Vergnügen!" erwiderte Merlane. "Läßt sich das einrichten?"
"Sie sind sozusagen im richtigen Moment zu mir gekommen," antwortete Richard.
"Sean ist auf Konzert-Tournee, derzeit in Frankreich. Nach einer Verschnaufpause wird er in Paris mit einigen anderen Solisten eine neue Kammermusik-CD aufnehmen. In etwa drei Wochen ist er in England. Sie sollten sich umgehend um eine Konzertkarte besorgen, damit sie ihn und seine Flöte live erleben. Als sein Agent werde ich ihnen gerne zu einem Treffen mit ihm verhelfen."
Im nächsten Moment klopfte jemand an Richards Bürotür, die wie üblich halb offen stand.
"Mister van Loenhout! Was für eine Überraschung. Wieder mal auf Einkaufstour in Merry Old England?"
"Hallo Mister Harrigan. Ich bin auf dem Weg zu einer Antiquitäten-Auktion. Ich habe ihnen aus Paris den Spiegel mitgebracht, den sie haben wollten. Dann brauchen sie ihn nicht eigens abholen. Aber ich will sie nicht aufhalten. Wir telefonieren, ok?"
"Das ist sehr freundlich von ihnen. Warten sie, einen Augenblick sollten sie sich Zeit nehmen. Ich glaube, was diese junge Dame hier hat, wird sie sehr interessieren."
Er wandte sich wieder Merlane zu.
"Dies hier ist Mister van Loenhout, er ist Kunsthändler aus Frankreich, und zwar einer, der sich auf sein Metier versteht. Soweit mir bekannt ist, hat er auch mit alten Musikinstrumenten zu tun. Vielleicht hat er sogar weitere Informationen, ob es in der Sammlerszene noch weitere Flöten ihres Urgroßvaters gibt."
Merlane machte eine kurze Pause in ihrer Erzählung.
"Mach es nicht so spannend, Merlane," sagte Alhynn, "sag schon, was ist passiert?"
"Mister Harrigan hat sich Fotokopien von meinen alten Blättern und Zeichnungen gemacht. Dieser van Loenhout wollte auch welche. Er will sich umhören, weil er meint, es würden weitere Flöten meines Urgroßvaters existieren. Ich hab' sie ihm halt mitgegeben, um glaubwürdig zu bleiben. Jedenfalls haben wir mit Richard Harrigan einen Kontaktmann zu diesem Sean Dennehy. Er wird ihm die Fotokopien zeigen. Das werde ihn garantiert neugierig machen, sagte er."
"Ja, und weiter?"
"Wenn alles planmäßig verläuft, werde ich diesen Dennehy vor seinem Londoner Konzert treffen, mit meinen alten Zeichnungen, und mit einer Flöte, die exakt genauso aussieht wie die, die er uns gestohlen hat."
"Wozu soll das gut sein? Soll er etwa auch noch einen Ersatz bekommen?"
"Nein!" entgegnete Merlane entrüstet. "Was denkt ihr denn von mir? Die Sache ist eigentlich recht einfach. Ich werde bei diesem Treffen die Flöten austauschen."
"Ohne daß er es merkt?"
"Das kriege ich schon hin, verlaßt euch drauf! Ihr solltet mich kennen."
"Trotzdem," warf Filania heftig ein, "seine Tat verlangt nach Strafe!"
"Die bekommt er. Erstens wird er sich gewaltig erschrecken, wenn er bei seiner Rückkehr nach England gleich mit mir und einer Feenflöte konfrontiert wird. Das wird ihn in Panik versetzen. Er wird wissen, oder zumindest ahnen, wer ich bin, und daß wir ihn gefunden haben."
"Das ist doch keine angemessene Strafe."
"Sag' ich doch auch gar nicht. Denn die Flöte, die ich ihm heimlich unterschieben werde, soll aus Teufelsgold gemacht werden! Bei ihrer Herstellung müßt ihr mithelfen."
"Du meinst..."
"Sobald er auf der Bühne in London steht und spielen will, werde ich das Teufelsgold zurückverwandeln. Übrig bleibt nur ein völlig verrostetes Eisenstück, das unerbittlich an seinen Fingern kleben wird, welche ihm ihren Dienst versagen werden. Dazu muß ich nur nah genug ran, irgendwo hinter der Bühne. Das läßt sich machen. Stellt euch nur diese Blamage vor, und den Schock!"
Francoise Lanourdie hatte scheußliche Kopfschmerzen. Seit fast 2 Tagen gaben sich die Leute die Klinke in die Hand, um das Gebäude und seinen Inhalt zu begutachten.
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