Die Feenflöte
Aber eine ganz andere. Es gibt Möglichkeiten der Musik, die ich gerade dabei bin zu erschließen. Es ist, als ob ich einen – wie sagt man? – Quantensprung gemacht hätte. Ich kann es dir noch nicht so richtig erklären, zumindest heute nicht. Ich arbeite noch daran."
"Da bin ich aber sehr gespannt! Soll ich denn schon Kontakt mit der Plattenfirma aufnehmen? Oder mit bestimmten Ensembles?"
"Im Augenblick noch nicht. Wie gesagt, es hat noch etwas Zeit. Dann werde ich dir genaueres sagen, damit wir es realisieren können."
Richard kannte überraschende Projekte, unvermittelte Wendungen und Entwicklungen in der Laufbahn der von ihm betreuten Künstler. Bei Sean und seinem perfekten Flötenspiel hatte er nicht damit gerechnet, jedenfalls nicht jetzt. Er war neugierig, was Seans Projekt beinhalten würde.
Richard stand auf und ging zu einer Transportbox, die in der Ecke seines Büros stand.
"Ich möchte euch etwas zeigen." sagte er, und zu Catherine gewandt fügte er hinzu
"Es wird ihnen gefallen, Madame Boulignac, ein Gemälde aus Frankreich, aus der Schule Courbets. Eine Neuerwerbung, heute morgen eingetroffen."
Er nahm das Bild heraus und stellte es auf den Schreibtisch, sodaß Catherine und Sean es sehen konnten.
"Van Loenhout!" riefen beide wie aus einem Mund.
Richard stand vor Staunen der Mund offen.
"Wie bitte? Was sagt ihr da? Woher wißt ihr, von wem ich das Bild gekauft habe?"
Beide berichteten abwechselnd von den Ereignissen der letzten Zeit. Sean sagte nur, er habe sich hinreißen lassen, mal wieder ein altes Buch für seine kleine Sammlung zu ersteigern und berichtete kurz von der Auktion. Catherine erzählte, wie sie van Loenhout bei ihrem Besuch bei Lanourdies gesehen hatten.
"Irgendwie komme ich da nicht ganz mit, glaube ich." sagte Richard.
"Monsieur van Loenhout hat also diverse Gemälde ersteigert auf einer Auktion. Und vorher hat er die Sammlung von Kunst, Gemälden und Antiquitäten bei diesen Lanourdies inspiziert. Das ist doch in Ordnung. Was habt ihr dagegen?"
"Mister Harrigan, der Mann ist ein Verbrecher!" sagte Catherine nachdrücklich.
Sie erzählte Richard von dem Betrug an ihrem Vater, von van Loenhouts Verwicklung in den Kunstraub in Berlin, der ihn ins Gefängnis gebracht hatte.
"Verstehen sie, das ist seine Masche! Er läßt Kopien anfertigen und verkauft diese als Original. Außerdem handelt er mit gestohlener Kunst. Was haben sie für dieses Bild gezahlt?"
Zögernd nannte Richard den Preis.
"Du lieber Himmel! Sie hätten es für etwas mehr als die Hälfte davon ersteigern können. Schon damit hat er eine Menge kassiert. Außerdem würde ich keinen Cent auf die Echtheit wetten. Eher darauf, daß es eine Fälschung ist."
Richard wurde blaß.
"Tut mir leid, wenn wir dich geschockt haben." sagte Sean.
"Das ist nicht einmal das Schlimmste. Wenn er mich wirklich derart betrogen hat, dann ist das eine Sache. Es kommt noch schlimmer. Ich habe ihn für absolut seriös gehalten, und deshalb Kontakt zu einigen meiner Künstler hergestellt. Er hat mir sogar noch gedankt und stolz erzählt, wer von ihnen Gemälde aus einer von ihm erworbenen Sammlung gekauft habe."
"Er ist raffiniert, und er versteht es wirklich, den seriösen Kunsthändler zu spielen. Er weiß, wie man Kontakte knüpft, wie man sie pflegt und weitere Geschäfte einfädelt." sagte Catherine.
Nach dem ersten Schrecken wurde Richard allmählich ärgerlich.
"Verdammt nochmal! Wenn ihr tatsächlich Recht habt, dann hat er womöglich eine ganze Reihe Leute auf einmal betrogen. Wenn das herauskommt, ist mein Ruf mit ruiniert! Ich war es schließlich, der ihnen die Empfehlung gegeben hat! Nicht auszudenken, was das für die Agentur bedeuten könnte!"
"Nun mal langsam," versuchte Sean ihn zu beschwichtigen,
"Du kannst doch nichts dafür. Es liegt in der Natur der Sache, daß Menschen auf Betrüger hereinfallen."
"Dennoch fühle ich mich ein Stück weit verantwortlich."
"Immerhin könnte es auch so sein, daß du das Original hast, und jemand anders die Fälschung." fügte Sean hinzu.
"Du willst mich nur beruhigen, Sean."
Richard stand auf und ging im Raum auf und ab. Schließlich blieb er stehen und schnippte mit dem Finger.
"Das ist es!"
Fragend sahen Catherine und Sean ihn an.
"Fitzgerald, Hornblower und Partner. Hätte ich doch gleich dran denken können."
"Wer ist das?"
"Die Bezeichnung Kunstsachverständige trifft es wohl am besten. Sie betreuen unter anderem Museen, und wenn ich richtig informiert
Weitere Kostenlose Bücher