Die Feinde des Geisterjaegers
Leben gerettet hatte. Ich war mir sicher, dass ich damit Arkwrights Deckung unterlaufen konnte, doch als ich es probierte, wehrte er meinen Stab gekonnt ab.
Trotzdem schien er zufrieden, dass ich endlich mein Bestes gab, und zeigte mir, wie ich bei den einzelnen Schlägen meine Füße besser platzieren konnte. Wir übten, bis es fast dunkel war und er uns endlich aufhören ließ.
»Nun, Ward, das ist erst der Anfang. Schlaf dich gut aus, denn morgen wird es noch anstrengender. Fürs Erste werde ich dich mit den Hunden arbeiten lassen. Dann geht es wieder zum Kanal für deine zweite Schwimmstunde, gefolgt von weiterem Kampftraining. Nächstes Mal werde ich versuchen, dich zu treffen. Hoffentlich kannst du dich verteidigen, sonst kannst du für jede Verteidigungstechnik, die dir fehlt, einen blauen Fleck vorweisen.«
Wir gingen hinein, um unser wohlverdientes Abendessen zu uns zu nehmen.
Es war ein harter Tag gewesen, um es milde auszudrücken. Aber eines musste ich zugeben: Arkwrights Methoden mochten derbe sein, doch er war ein guter Lehrer. Ich hatte das Gefühl, schon eine ganze Menge gelernt zu haben.
Damit ging er voraus in den Garten, überquerte den salzigen Graben und ging zum Kanal. Bei der Glocke wartete ein großer älterer Mann, der ein Stück Papier an die Brust gedrückt hielt.
»Sie haben sich also entschieden …«, sagte Arkwright, als er ihn erreichte.
Der Mann nickte. Er war so dünn, wie er groß war, und hatte graue schüttere Haare um die Schläfen. Es hatte den Anschein, als könne ihn ein starker Windstoß umwerfen. Er hielt Arkwright das Blatt hin. Auf einer Seite standen neunzehn Namen, auf der anderen drei.
»Wir hatten gestern eine Abstimmung«, sagte er in weinerlichem Tonfall. »Es wurde mit großer Mehrheit entschieden. Wir wollen sie nicht in unserer Nähe haben. Es ist nicht richtig. Es ist ganz und gar nicht richtig.«
»Aber ich habe euch schon beim letzten Mal gesagt, dass wir nicht einmal sicher sind, dass sie eine ist«, erwiderte Arkwright gereizt. »Haben die beiden Kinder?«
Der dünne Mann schüttelte den Kopf. »Keine Kinder. Aber wenn sie eine ist, dann werden Ihre Hunde es doch erkennen, oder? Sie können es uns sagen.«
»Vielleicht. Aber es ist nicht immer so einfach. Aber ich komme und kümmere mich darum – so oder so.«
Der Mann nickte und eilte nach Norden am Kanal entlang davon.
Als er weg war, seufzte Arkwright.
»Nicht gerade meine Lieblingsaufgabe. Ein paar ›anständige‹ Leute weiter im Norden glauben, dass einer der einheimischen Fischer mit einer Selkie zusammenlebt«, erzählte er und betonte das Wort »anständig« bitter. »Seit fast einem Jahr meckern sie herum und versuchen, sich zu entscheiden. Und jetzt soll ich mich darum kümmern.«
»Eine Selkie ? Was ist das denn?«, wollte ich wissen.
»Selkies sind Gestaltwandler. Für gewöhnlich nennt man sie Robben-Frauen . Sie verbringen den größten Teil ihres Lebens im Meer, aber gelegentlich finden sie Gefallen an einem Mann – vielleicht sehen sie ihn, wenn er in seinem Boot ausfährt oder seine Netze flickt. Je mehr sie ihn lieben, desto menschlicher werden sie. Die Verwandlung dauert höchstens einen Tag – sie nehmen dabei eine perfekte weibliche Gestalt an und werden zu einer äußerst attraktiven Frau. Der Fischer verliebt sich für gewöhnlich auf den ersten Blick Hals über Kopf und heiratet sie.
Sie können keine Kinder bekommen, aber abgesehen davon ist es eine sehr glückliche Ehe. Ich kann darin nichts Schlechtes sehen, aber wenn es eine Beschwerde gibt, dann müssen wir handeln. Das gehört zum Job. Wir müssen dafür sorgen, dass sich die Menschen sicher fühlen. Das bedeutet, dass wir die Hunde mitnehmen. Manchmal leben Selkies jahrelang unter Menschen, bevor auch nur der leiseste Verdacht aufkommt. Meistens sind es Frauen, die ihre Männer anstacheln, sich zu beschweren. Sie werden eifersüchtig. Denn Selkies sind nicht nur außergewöhnlich schön, sie altern auch kaum.«
»Dieser Fischer … wenn seine Frau ein Selkie ist, weiß er das dann?«, erkundigte ich mich.
»Nach einer Weile finden manche es heraus. Aber sie beschweren sich nicht.«
Arkwright zuckte mit den Achseln und stieß einen schrillen Pfiff aus. Fast augenblicklich wurde es mit dem fernen Bellen der Hunde beantwortet und sie kamen mit offenem Maul und gefletschten Zähnen angerannt. Gleich darauf waren wir unterwegs nach Norden. Arkwright ging am Kanalufer voraus, dicht gefolgt von Kralle und
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