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Die Feinde des Geisterjaegers

Die Feinde des Geisterjaegers

Titel: Die Feinde des Geisterjaegers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Delaney
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Beißer, während ich ein paar Schritte zurückblieb. Bald überholten wir den Mann aus dem Dorf. Arkwright nickte ihm nicht einmal zu.
    Mir gefiel diese Aufgabe überhaupt nicht, und obwohl er so hart wirkte, mochte Arkwright sie wohl ebenso wenig. In gewisser Weise erinnerte mich ein Selkie an eine Lamia – auch sie konnten langsam menschliche Gestalt annehmen. Ich dachte an Meg, die Lamia-Hexe, die mein Meister einst liebte. Wie hätte er sich gefühlt, wenn sie jemand mit Hunden gejagt hätte? Wahrscheinlich nicht besser als der Fischer, wenn wir seine Frau jagten. Meine eigene Mutter war höchstwahrscheinlich auch eine Lamia, so wie ihre beiden Schwestern, und ich wusste, wie mein Dad sich gefühlt hätte, wenn man sie so verfolgt hätte. Ich fühlte mich überhaupt nicht wohl bei der Geschichte. Wenn die Frau des Fischers niemandem etwas tat, warum musste sie dann verjagt werden?
    Wir verließen den Kanal, wandten uns nach Westen Richtung Küste und bald kam eine ebene hellbraune Sandfläche in Sicht. Es war kühl, die Sonne brachte keine Wärme, obwohl sie in der Ferne auf dem Wasser glitzerte. Ich ging in einem weiten Bogen um die Wolfshunde herum zu Arkwright. Ich war neugierig und musste ein paar Fragen stellen.
    »Haben Selkies irgendwelche Kräfte?«, fragte ich. »Setzen sie dunkle Magie ein?«
    Arkwright schüttelte den Kopf, ohne mich anzusehen. »Ihre einzige wirkliche Macht ist es, dass sie ihre Gestalt ändern können«, erwiderte er düster. »Wenn sie sich bedroht fühlen, können sie sich in wenigen Minuten aus ihrer menschlichen Gestalt zurückverwandeln.«
    »Gehört ein Selkie zur Dunkelheit?«, wollte ich wissen.
    »Nicht direkt«, antwortete er. »In dieser Beziehung sind sie wie Menschen, sie können sich jeder Seite zuwenden.«
    Kurz darauf kamen wir durch ein kleines Dorf von etwa sieben Hütten, wo es leicht nach verfaultem Fisch roch. Wir sahen Fischernetze und ein paar kleine Boote, doch keine Menschenseele. Nicht einmal das Flattern eines Vorhangs. Sie mussten Arkwright kommen gesehen haben und blieben lieber drinnen.
    Hinter dem Dorf bemerkte ich etwas weiter weg eine einsame Hütte, und auf einer kleinen Anhöhe dahinter saß ein Mann und flickte seine Netze. Vor dem Haus am Rand des Sandstrands streckte sich eine Wäscheleine von der Wand zu einem Holzpfahl. Aus dem Haus kam eine Frau mit einem Arm voll nasser Kleidungsstücke und ein paar Klammern und begann, die Wäsche aufzuhängen.
    »Nun dann, sehen wir mal, was das ist«, knurrte Arkwright und pfiff leise. Sogleich sprangen die Hunde vor. »Keine Sorge, Ward«, fuhr er fort. »Sie sind gut ausgebildet. Wenn sie menschlich ist, werden sie sie nicht einmal anrühren.«
    Plötzlich begann er aufs Haus zuzulaufen und in diesem Augenblick sah der Fischer von seiner Arbeit auf und erhob sich. Sein Haar war weiß und er sah recht alt aus. Da erst merkte ich, dass mein Meister gar nicht auf die Frau zulief, sondern auf den Mann. Aber die Hunde rannten zu ihr. Die Frau sah auf, ließ die Wäsche fallen, zog den Rock über die Knie hoch und rannte aufs Meer zu.
    Ohne zu überlegen, rannte auch ich und folgte den Hunden und ihrer Beute. War sie eine Selkie? Wenn nicht, warum rannte sie dann fort? Vielleicht waren ihre Nachbarn bösartig und sie hatte schon mit Ärger gerechnet. Oder sie hatte einfach Angst vor Hunden – bei manchen Leuten war das so. Und Beißer und Kralle waren ja auch furchterregend. Aber die Art, wie sie so schnurstracks zum Wasser lief, machte mich unruhig.
    Sie sah jung aus – viel jünger als der Fischer, jung genug, um seine Tochter zu sein. Wir holten jetzt auf, obwohl sie schnell war, ihr langes Haar flatterte hinter ihr und ihre Beine rasten über den Sand. Sie schien keine Chance zu haben, Kralle und Beißer abzuhängen. Das Meer war noch weit weg. Doch dann bemerkte ich einen Kanal direkt vor uns, der sich wie ein Fluss durch den Sand schlängelte und in dem von Westen her die Flut auflief. Das unruhige Wasser sah bereits jetzt recht tief aus. Kralle hatte die Frau nun fast erreicht und riss das Maul auf, doch plötzlich verdoppelte sie ihre Anstrengungen und ließ den Hund weit hinter sich.
    Dann begann sie, im Laufen ihre Kleider abzuwerfen, und sprang direkt in die Fluten. Ich erreicht den Rand des Kanals und spähte hinein, konnte jedoch keine Spur von ihr entdecken. War sie ertrunken? Wollte sie lieber so sterben, als von den Hunden zerrissen zu werden?
    Die Hunde liefen heulend am Ufer entlang,

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