Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Feinde des Geisterjaegers

Die Feinde des Geisterjaegers

Titel: Die Feinde des Geisterjaegers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Delaney
Vom Netzwerk:
was passiert war. Vielleicht kam mir der Spook ja zu Hilfe? Vielleicht kam er mir entgegen?
    Ich setzte mich auf den Bettrand, neigte mich vor und legte beide Hände an das kalte Glas des Spiegels, während ich an Alice dachte, wie sie es mir erklärt hatte. Ich versuchte, mir ihr Gesicht vorzustellen, und dachte an unsere Unterhaltungen, an die glückliche Zeit im Haus des Spooks in Chipenden. Ich konzentrierte mich sehr stark, doch es geschah nichts.
    Nach einer Weile lehnte ich mich aufs Bett zurück und schloss die Augen, doch ich sah immer noch den schrecklichen Anblick von Beißers Leiche vor mir, das Blut im Schnee und Arkwrights Stiefel im Wasser. Ich setzte mich auf und legte den Kopf in die Hände. Würde Alice mich irgendwie spüren und die Kräfte einsetzen, die sie von ihrer Tante Knochenlizzie gelernt hatte? Würde Alice in Chipenden versuchen, den Spiegel zu verzaubern? Aber wie sollte das funktionieren, wenn uns eine solche Entfernung trennte? Und wenn mein Meister sie dabei erwischte? Würde er verstehen, dass es notwendig war? Vielleicht schickte er sie dann fort – vielleicht war das der Grund dafür, auf den er nur wartete.
    Nach etwa zehn Minuten legte ich erneut die Hände an das Glas. Dieses Mal dachte ich an die Zeit, als ich Alice zu ihrer Tante nach Staumin gebracht hatte. Ich erinnerte mich an die köstlichen Kaninchen, die sie gefangen und gebraten hatte, und wie sie später meine Hand gehalten hatte. Ich hatte ein wenig ein schlechtes Gewissen gehabt, weil ich wusste, dass das dem Spook nicht gefallen würde, aber ich war wirklich glücklich gewesen.
    Fast augenblicklich erhellte sich der Spiegel, das Glas wurde unter meinen Händen wärmer und plötzlich sah ich Alice’ Gesicht vor mir. Ich ließ die Hände fallen und starrte ihr ins Gesicht.
    Sie machte den Mund auf und begann zu sprechen, doch der Spiegel blieb stumm. Ich wusste zwar, dass Hexen mit Spiegeln einander und ihre Opfer bespitzelten, aber konnten sie tatsächlich miteinander kommunizieren, indem sie sich ihre Worte von den Lippen ablesen? Ich konnte nicht verstehen, was sie sagte, und schüttelte den Kopf. Da lehnte sie sich vor und der Spiegel trübte sich. Schnell schrieb sie auf das Glas:

    Was sollte das bedeuten? Einen Augenblick sah ich sie verwundert an, doch dann konnte ich ihre Nachricht lesen – im Spiegel erschienen ihre Buchstaben verkehrtherum. Es war eine Botschaft. Hauch drauf und schreib! Sie zeigte mir, wie wir uns verständigen konnten.
    Also trübte auch ich den Spiegel mit meinem Atem und schrieb schnell:
    Arkwright von Wasserhexe
    Morwena getötet.
    HILFE!
    Alice riss die Augen auf, sie hauchte auf das Glas und schrieb:

    Dieses Mal verstand ich es schneller. Wo bist du? Also wischte ich mit der Hand über das Glas und hauchte erneut darauf, bevor ich schrieb:
    Coniston.
    Auf Rückweg.
    Sag es Spook. Treffen uns
    in Arkwrights Mühle!
    Ein paar Sekunden später wischte ich wieder über den Spiegel, damit ich Alice’ Gesicht sehen konnte. Sie nickte und lächelte schwach, aber sie sah sehr besorgt aus. Gleich darauf verblasste ihr Gesicht, bis ich nur noch mein eigenes im Spiegel sah.
    Dann legte ich mich aufs Bett und wartete auf den Sonnenaufgang. Je eher ich von hier fortkam, desto besser.





Der leichteste und direkteste Weg führte an der Westküste des Coniston-Sees entlang. Ich hielt mich ein Stück davon entfernt, weil ich befürchtete, dass Morwena oder eine der anderen Wasserhexen mir folgten. Aber es war mittlerweile schon später Nachmittag und ich hatte den südlichen Zipfel des Sees bereits weit hinter mir gelassen, als mich tatsächlich das Gefühl überkam, verfolgt zu werden.
    Hinter mir hörte ich leise, unheimliche Geräusche: ein gelegentliches Rascheln im Unterholz und dann knackte irgendwo ein Zweig. Zuerst war ich mir nicht sicher, denn jedes Mal, wenn ich stehen blieb, hörte es auf. Doch sobald ich weiterging, kehrte das Rascheln wieder, und während der nächsten Meilen schienen sie mir langsam näher zu kommen. Mittlerweile war ich sicher, dass jemand hinter mir her war. Es wurde schon finster und mir gefiel der Gedanke nicht, in der Dunkelheit gejagt zu werden, also stellte ich meine Tasche ab, ließ die Klinge aus der Vertiefung springen und wandte mich zu meinem Verfolger um. Ich wartete gespannt und völlig reglos, all meine Sinne hellwach, doch es war keine Hexe, die aus dem Dickicht hinter mir trat.
    Es war Kralle.
    Jaulend kam sie an und legte sich zu meinen

Weitere Kostenlose Bücher